Ingolstadt
Bewusstseinserweiterungen inklusive

Internationaler Museumstag: Trotz Sonne zog es viele in die Ingolstädter Ausstellungsräume

19.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:04 Uhr
Rote Mumie: Im Lechner-Museum war Aktionskünstlerin Irmingard Beirle am Werk (links). Beirle hatte sich zuvor in einem Werkstattgespräch erklärt (oben rechts). Im Garten des Medizinhistorischen Museums lauschten nachmittags rund 200 Besucher einem Konzert der städtischen Musikschule (darunter), im MKK gab es Führungen durch die Sonderausstellung "Diagramme" (darunter). −Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Museumsbesuche - ein Wochenend-Notprogramm bei schlechtem Wetter?

Vielleicht auch, aber die Leute kommen selbst bei Sonnenschein. Man muss ihnen nur etwas Besonderes bieten. Am gestrigen Internationalen Museumstag ist das den städtischen Museen in Ingolstadt und auch dem privatwirtschaftlichen Museum mobile ganz gut gelungen.

Mal avantgardistisch, mal gut bildungsbürgerlich, mal spielerisch: Es gibt immer Wege, Besucher neugierig auf Themen zu machen, und jedes Museum hat da so seine Methoden, allerdings auch sein Stammpublikum, das sich umso eifriger angesprochen fühlt, je mehr die eigenen Erwartungen bedient werden. Wenn sich dann da und dort Kulturinteressierte bereitfinden, einmal Neuland zu betreten oder Vergessenes wiederzuentdecken, ist das aus Sicht der Ausstellungsmacher und Museumspädagogen natürlich umso erfreulicher.

Für Anhänger experimenteller und avantgardistischer Kunst war die gestrige Performance im Alf-Lechner-Museum sicher nichts wirklich Besonderes, für Gelegenheitsbesucher und zufällige Zaungäste womöglich schon: Wie Irmingard Beirle, Künstlerin und vormalige Akteurin des Orgien-Mysterien-Theaters des österreichischen Kunstrebellen Hermann Nitsch, eine Probandin aus dem Publikum mit roten Tüchern vorübergehend zur Mumie machte, das war schon nicht alltäglich zu nennen.

Es ging um Seinserfahrungen, die offenbar umso intensiver sind, je ausgefallenere Experimente man seinem Körper zumutet. Beirle hatte eingangs in einer Art Werkstattgespräch mit den Organisatorinnen Claudia Borgmann und Heidrun Prodinger berichtet, wie sie im Hause Nitsch bei Kreuzigungsritualen und anderen schrillen Zeremonien ("Dann habe ich mich hingelegt, umringt von Tomaten . . . ") angeblich ihr Bewusstsein erweitern konnte.

Entspannender ist für Zuhörer und Zuschauer vielleicht aber doch ein Besuch im Stadtmuseum gewesen, wo der Münchner Gitarrist und Sänger Danny Street einfühlsam Balladen aus Folk und Pop intonierte und im Spielzeugmuseum die Züge der historischen Modelleisenbahn ihre Runden drehten. Auch die "bewegten Bilder" im Barocksaal fanden ihr Publikum. Museumspädagogin Stephanie Righetti war jedenfalls nachmittags hellauf begeistert von der Resonanz, die für einen so sonnigen Frühlingstag einfach außerordentlich war.

Musikalisch wurde es nachmittags auch im Medizinhistorischen Museum, wo ein Klassikkonzert fortgeschrittener Schülerinnen und Schüler der städtischen Sing- und Musikschule gut 200 Besucher in den Kräutergarten der Anatomie lockte. An der Theke des neuen Museumscafés bildete sich eine lange Schlange, und aus dem Magazin mussten die letzten Stuhl-Reserven bemüht werden. Dennoch blieben einigen Gästen nur noch Stehplätze.

Mit Führungen durch die gegenwärtigen Ausstellungen ließ man es im Museum für Konkrete Kunst (MKK) und im Hundszeller Bauerngerätemuseum bewenden. Auch in Audis Museum mobile gab es Führungen durch die gegenwärtige Horch-Sonderausstellung.
 

Das Fahrgefühl der Fünfziger

Ingolstadt (hl) Wenn Herbert Schöffner aus Lichtenau mit einem seiner drei DKW-Schnelllaster irgendwo im Lande auftaucht, braucht er nicht lange auf neugierige Gesprächspartner zu warten - der Auto-Restaurator und Oldtimerspezialist, schon verschiedentlich im DK vorgestellt, hatte auch am Sonntag beim Internationalen Museumstag sein Publikum: Im Auftrag von Audi Tradition war der 58-Jährige vom Museum mobile aus im Stundentakt unterwegs, um Besuchern das Fahrgefühl der 50er-Jahre und dabei auch ein wenig Auto-Union- und Audi-Geschichte zu vermitteln.

Schöffner staunt manchmal selber, dass seine Fahrgäste immer wieder von weiter her kommen: Mitfahrer aus Frankfurt am Main und auch Wesel in NRW standen zum Beispiel gestern auf der Kundenliste. Zwei Oldtimerfans, die wahrscheinlich im Netz über die Schnelllaster-Fahrten gestolpert waren, hatten für einen Abstecher nach Ingolstadt gar kurz ihren Urlaub in Südtirol unterbrochen.

Einige Praktikanten aus Norddeutschland, die gegenwärtig bei Audi beschäftigt sind, hatten sich an der Museumskasse kurzerhand überreden lassen, bei Schöffner einzusteigen. Auch sie lernten die Schanz bei einer gut halbstündigen Rundfahrt durch die Innenstadt noch etwas besser kennen - Kreuztor inklusive, denn das Wahrzeichen ist bei Schöffners Sightseeing-Tour jedes Mal ein absolutes Muss.

Bernd Heimerl