Lenting
Auf einem Rad über die Berge

Gerti und Jürgen Franz aus Lenting fahren für den guten Zweck von Oberstdorf nach Meran

12.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:03 Uhr
Ein für die Alpen eher ungewöhnliches Fortbewegungsmittel nutzt Gerti Franz. Ihr Einrad ist ein sogenanntes speziell für Geländefahrten geeignetes Muni. −Foto: privat

Lenting (DK) Mit dem Einrad über die Alpen - was sich nach einer doch etwas ungewöhnlichen Idee anhört, haben Gerti und Jürgen Franz aus Lenting kürzlich für den guten Zweck tatsächlich umgesetzt. Gemeinsam mit Freunden folgten sie dem bekannten Europäischen Fernwanderweg E5 von Oberstdorf nach Meran.

Mit der Teilnahme an außergewöhnlichen Aktionen verhält es sich eigentlich wie mit der Typisierung als Stammzellenspender, findet Jürgen Franz. "Wir wollen zeigen, dass man viele Ziele erreichen kann, die auf den ersten Blick ganz weit weg erscheinen, aber doch greifbar werden, wenn man sich selbst vertraut, seinen inneren Schweinehund überwindet und sich aus seiner Komfortzone herausbewegt", zitiert der 59-Jährige seinen Reisebegleiter Martin Hermann. So sei es eben gemäß des Werbespruches der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS: "Mund auf, Stäbchen rein, Spender sein.") ganz einfach, Menschen zu helfen.

Diese Botschaft zu verbreiten, war das Ziel der kleinen Gruppe, die sich Ende August unter dem Projektnamen "Alpencross 2018" mit ihren Einrädern fünf Tage lang auf den etwa 140 Kilometer langen Weg vom bayerischen Oberstdorf nach Meran in den Südtiroler Alpen gemacht hat. "Gerti und ich sind zum Glück nicht von Krebs betroffen, aber wir finden die Sache gut", begründet Franz die Beteiligung der beiden Lentinger an der von befreundeten Einradfahrern aus Crailsheim in Baden-Württemberg initiierten Aktion. "Sie wollten was für die DKMS tun, da haben wir uns bereit erklärt, mitzufahren."

Vier Einradfahrer, fünf Berge - so lautete schließlich die Mission von Gerti und Jürgen Franz sowie den Ideengebern Martin Hermann und dessen 15-jähriger Tochter Jule. Von Tal zu Tal folgten in Wohnmobil beziehungsweise Auto auch Mareike Hermann mit Familienhund Django sowie ein Filmstudent, der die Aktion mit seiner Kamera begleitete. Zur Vorbereitung hatte Martin Hermann sogar eine Skizze mit Informationen zu den angepeilten Gipfeln und Hütten sowie die geplante Dauer für die jeweiligen Wegstrecken gezeichnet. "Wir haben aber meistens länger gebraucht", gibt Jürgen Franz zu.

Denn es ist nicht so leicht, mit dem Einrad im Gebirge unterwegs zu sein. Dabei sind die beiden Lentinger, die Trainer der Einradgruppe beim TSV sind, in unwegsamem Gelände durchaus erfahren. Dafür gibt es sogar spezielle Einräder, die sogenannten Munis (Abkürzung für Mountain Unicycle) mit einem Bremsgriff unter dem Sattel. "Wir fahren mit dem Verein öfter in die Berge und nehmen auch an Downhillrennen teil, insofern sind wir Geländefahren gewöhnt", erzählt Jürgen Franz. So freut sich insbesondere seine Frau, die zu Hause jeden Tag zehn Kilometer mit dem Einrad zurücklegt, dass sie einen Großteil des E5 auf ihrem Gefährt verbringen konnte. "Manchmal war es schwer, aber es hat schon geklappt", sagt die 61-Jährige.

Freilich musste die Gruppe ihre Einräder vor allem bergauf häufig schieben oder sogar tragen, wenn steile Passagen anstanden und Geröllfelder den Weg querten. So startete die erste Etappe über die Kemptner Hütte auf 1844 Metern Höhe beispielsweise noch mit moderat ansteigenden Wegen. Später wurde das Gelände aber so richtig felsig, sodass bis zur Abfahrt nach Holzgau im Lechtal an Aufsitzen nicht mehr zu denken war. "Eigentlich sind wir nicht so die Berggänger, aber oben auf dem Gipfel werden große Probleme zu kleinen", philosophiert Jürgen Franz bei der Erinnerung an "tolle Landschaftsbilder", wie Gerti Franz ergänzt, und Erlebnisse wie tierische Begegnungen mit Murmeltieren oder Gämsen.

Unterwegs blieben die Gruppe und ihr Vorhaben natürlich nicht unentdeckt. Und das nicht nur aufgrund ihrer für die Alpen doch eher ungewöhnlichen Fortbewegungsmittel: Im Zuge ihres selbsterwählten Auftrags trugen die vier Einradfahrer - offiziell von der DKMS genehmigte - rote T-Shirts mit dem Schriftzug der gemeinnützigen Organisation auf der Brust und einem Einrad auf dem Rücken. "Wir wurden ständig angesprochen", erzählt Gerti Franz. "Und zwar durchwegs positiv", fügt ihr Mann hinzu.

Im Gespräch mit anderen Wanderern konnten die vier auf diese Weise viel Aufklärungsarbeit über die DKMS leisten und um Spenden für die Unterstützung der Einrichtung bitten. "Oben auf den Bergen haben wir Zettel mit Infos verteilt", berichtet Gerti Franz. Außerdem haben die Lentinger ihren Freundeskreis und ihren Verein über die Aktion ins Bild gesetzt. Eine finale Summe der Spendenaktion gibt es noch nicht, die Einradfahrer müssen die offizielle Auswertung der DKMS abwarten. Trotzdem ziehen die Lentinger bereits eine positive Bilanz: "Es war total spannend und eine schöne Erfahrung", sagt Gerti Franz, und ihr Mann freut sich, etwas zu "einer guten Sache" beigetragen zu haben. Eine Idee für das nächste Projekt gibt es auch schon: Im kommenden Jahr soll es einmal um den Bodensee gehen.

Wer die Aktion "Alpencross 2018" unterstützen möchte, kann eine beliebige Summe auf ein DKMS-Spendenkonto (IBAN: DE64641500200000 255556; Verwendungszweck: Alpencross) überweisen. Weitere Informationen zur DKMS und dazu, wie man sich als Stammzellenspender typisieren lassen kann, gibt es im Internet unter www.dkms.de.

 

Tanja Stephan