Ingolstadt
Kann das Coronavirus ein Karzinom auslösen?

Der Arzt Christoph Spaeth hat nach Covid-19 eine Veränderung in der Mundschleimhaut festgestellt - eine Krebsvorstufe

11.09.2020 | Stand 23.09.2023, 14:05 Uhr
Hatte sich im Notarztdienst mit dem Coronavirus infiziert: Der Arzt Christoph Spaeth. −Foto: Privat

Ingolstadt - Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Coronavirus und Krebs? Bei dem Ingolstädter Anästhesisten Christoph Spaeth wurden kurz nach seiner Covid-19-Erkrankung Veränderungen in der Mundschleimhaut festgestellt - eine Vorstufe für Krebs. Jetzt forscht die Uni Regensburg.

Mitte April hat sich der Grünen-Stadtrat und Anästhesist Christoph Spaeth (39) mit dem Coronavirus infiziert - aller Wahrscheinlichkeit nach beim Notarztdienst am Ostersonntag. Wie berichtet, war seine Erkrankung nicht einfach verlaufen, auch, wenn Spaeth nicht ins Krankenhaus musste. Der Ingolstädter ist sportlich, durchtrainiert, ohne Vorerkrankungen. Doch er hat mit Spätfolgen zu kämpfen, die bislang noch niemand mit einer Corona-Infektion in Verbindung gebracht hat. Seine Mundschleimhaut hat sich verändert. Eine Krebsvorstufe. Spaeth musste sich Mitte August in der Uniklinik Regensburg einer Operation unterziehen. Jetzt ist sein Fall Gegenstand einer Forschungsarbeit der Universität. Kann das neuartige Virus - ähnlich wie HPV-Viren - Krebs auslösen?

Noch ist Vieles über SARS- CoV-2 unklar. Wissenschaftler und Ärzte lernen täglich dazu. "Wir stehen noch am Anfang", sagt Spaeth, der als Mediziner auf die Erfahrungen am eigenen Leib gern verzichtet hätte. Gegen Ende seiner Covid-19-Erkrankung bekam er massive Rachenschmerzen. Eine Veränderung in der Mundschleimhaut. "Wir müssen ein Mundbodenkarzinom ausschließen", hatte sein Dermatologe gesagt. Einen bösartigen Tumor unter der Zunge hatte er nicht. Aber "eine Krebsvorstufe", wie er sagt. Anfang Juli bekam er die Diagnose. "Sie hat mich ziemlich aus der Bahn geworfen." Spaeth wandte sich an die Uniklinik Regensburg, wo die veränderte Mundschleimhaut weggelasert wurde.

"Ich weiß nicht, wo das herkommt", sagt der Ingolstädter. Eine weitere Virusinfektion schlossen die Ärzte aus. Auch andere Faktoren, die eine Veränderung in der Mundschleimhaut begünstigen könnte, trafen nicht zu. "Ich rauche nicht, ich trinke nicht", sagt Spaeth. Wegen des zeitlichen Zusammenhangs mit der Covid-Erkrankung liegt der Verdacht nahe, dass es sich um eine Spätfolge handelt. Das vermuten auch Forscher der Uni Regensburg, wenngleich es bislang keine Berichte dazu gibt.

Was der Arzt an sich selbst feststellte: Die psychische Belastung ist deutlich höher, als man sich das vorstellt. "Ich habe mir Hilfe geholt", gibt Spaeth unumwunden zu. "Jetzt geht es mir besser." Dabei war auch die physische Belastung der Corona-Infektion schon groß genug: Drei Monate lang hatte der eigentlich sportliche Mann nach seiner Covid-19-Erkrankung massive Belastungseinschränkungen. Etwa beim Treppensteigen. Das sei nun "Gott sei Dank wieder vorbei". Spätfolgen an der Lunge hat er nicht. Auch mit seinem Herzen sei alles in Ordnung.

Von der Bayerischen Teststrategie mit kostenlosen Coronatests für alle hält Spaeth nichts. Statt sinnlosem Testen sollte man gezielt Menschen testen, die aus Risikogebieten kommen, "und die, die risikobehaftet sind". Andere Urlauber müssten nach Rückkehr mindestens fünf Tage zu Hause bleiben, unterstützt er den Rat seines Ingolstädter Arzt- und Stadtratskollegen Anton Böhm. Ressourcen in der Medizin seien knapp. "Wir müssen sie sinnvoll nutzen."

Hat die Corona-Infektion sein Leben verändert? Er mache jetzt vieles bewusster. Seine berufliche Arbeitszeit wird Spaeth, der als Anästhesist an der Klinik Kösching arbeitet, ab Oktober einschränken. Denn da ist ja noch die Politik. Die Arbeit im Ingolstädter Stadtrat und in diversen Gremien - Spaeth gehört unter anderem dem Aufsichtsrat des Ingolstädter Klinikums an - sei "sehr spannend", nehme aber viel Zeit in Anspruch. Und seine Familie sei ja auch noch da.

DK

Ruth Stückle