Ingolstadt
Tanz auf dem Dach

Wegen Corona geschlossene Clubs könnten auf Parkhäusern, im Reduit Tilly und im Turm Triva Gäste bewirten

08.07.2020 | Stand 23.09.2023, 12:49 Uhr
Roof-top-Party auf dem obersten Deck des Parkhauses am Nordbahnhof. Auch im Juni 2017 wurde hier schon einmal stimmungsvoll gefeiert. Das Dach mit dem Panorama-Ausblick kommt jetzt als Ausweichstätte für Ingolstädter Clubs infrage. −Foto: Hauser (Archiv)

Ingolstadt - Auch daran erkennt man, dass das Kulturleben in Ingolstadt wieder spürbar an Vitalität gewinnt: Gabriel Engert verteilt an die Mitglieder und Gäste des Kulturausschusses Papiertüten voll mit Veranstaltungsbroschüren, aktuellen "Flugschriften" des Stadttheaters sowie einigen kleinformatigen Hinweisen auf künstlerische Angebote und Aktionen.

"Es ist beachtlich, was sich wieder in Sachen Kultur tut! ", sagt Bürgermeisterin Dorothea Deneke-Stoll (CSU) am Mittwoch im Kulturausschuss, nachdem der Kulturreferent alle mit dem Infopaket versorgt hat.

Dies hoffnungsfrohe Zeichen darf indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass immer noch viele Künstler, vor allem freischaffende, und Kulturveranstalter (mit den an ihnen hängenden Branchen wie Bühnentechnik oder Catering) wegen der Corona-bedingten Schließungen, Verschiebungen und Absagen Not leiden, große Not; oft auch psychisch. Und noch ein beliebter Bereich des gesellschaftlichen Lebens liegt weiter komplett darnieder: die Disco- und Clubszene. Die Läden müssen geschlossen bleiben - auch nach den am Dienstag bekannt gegebenen Lockerungen für Feiern und Veranstaltungen. In Ingolstadt betrifft das etwa das Amadeus, das Suxul, das Nest am Auwaldsee oder das Basement. Aber auch Kneipen wie der Englwirt oder das Pub Molly Malone's, die keine Speiselokale sind, dürfen nicht öffnen.

Doch für die genannten Läden gibt es jetzt eine gute Nachricht: Sie können sich ab sofort im Kulturreferat darum bewerben, noch im Juli bis Mitte September in vier außergewöhnlichen Locations, wie man in der Szene sagt, unter freiem Himmel Gäste zu bewirten (maximal 200), sie tanzen zu lassen und (natürlich alles streng nach dem Veranstaltungsrecht) nett zu feiern. Damit die Wirte endlich wieder Einnahmen erzielen und den Leuten Freude bereiten. Mögliche Orte sind die Dächer der Parkhäuser am Nordbahnhof und am Hauptbahnhof sowie die geräumigen Ovale im Reduit Tilly und im Turm Triva, beide im Klenzepark. Die Eigentümer - die städtische IFG für die Parkhäuser und das Bayerische Armeemuseum für die Festungen - haben den temporären Freiluftclubs grundsätzlich zugestimmt, sofern sich die von den Bewerbern nun einzureichenden Konzepte (mit Hygieneordnung) dort realisieren lassen. Die Sicherheitsauflagen werden gewissenhaft beachtet. Am Mittwoch stimmte der Kulturausschuss der Initiative der Partei Die Linke geschlossen und voller Lob zu. Jetzt muss es schnell gehen. Es ist schon Juli.

Linken-Stadtrat Christian Pauling hatte den Dringlichkeitsantrag zur "Open-Air-Kultur" als Beitrag zur Corona-Hilfe am 16. Juni gestellt. Seither haben das Kulturreferat und die Veranstaltungsgesellschaft der Stadt (im Kulturausschuss von ihrem Geschäftsführer Tobias Klein vertreten) mit Hochdruck gearbeitet, mögliche Veranstaltungsorte geprüft und weitere Weichen gestellt. Eine Vorlage der Verwaltung liegt auf dem Tisch. Allen ist klar: Die Clubbetreiber müssen die Frischluftpartys an möglichst vielen, hoffentlich sonnigen Wochenenden feiern können, denn sonst rechnet sich der Aufwand nicht.

Pauling dankt Engert und Klein ausführlich für deren Einsatz. Er berichtete von "großer Solidarität" unter den vier Clubbetreibern, mit denen er bisher in Kontakt ist und dem "Willen, gemeinsam Angebote zu organisieren und sich fair alle Kosten zu teilen". Der junge Stadtrat der Linken sieht schon eine Art "Club-Kommission" nach Berliner Vorbild entstehen: Seite an Seite durch die Krise.

Die Gastronomen haben jetzt eine Woche Zeit, ihre Konzepte im Kulturreferat einzureichen. Dann werde zügig entschieden, was wo möglich ist, so Engert. Klein weist darauf hin, dass sich dieses Angebot, draußen zu feiern, zunächst nur an Wirte richte, "die wirklich Bedarf haben", weil ihre Discos, Clubs oder Kneipen nach wie vor geschlossen bleiben müssen. Ein eingereichtes Konzept solle sich aber noch nicht konkret auf einen Ort beziehen, "sondern allgemein gehalten sein", sagt der Chef der Veranstaltungs GmbH. "Wir schauen dann, welcher Ort zu welchem Konzept passt. "

Alle vier Locations haben auch den Vorteil, dass die Wirte ihr gesamtes Equipment (Licht, Sound, Ausschank, WCs) nicht ständig ab- und wieder aufbauen müssen, weil es in den Parkhäusern und Festungen sicher deponiert werden kann. Sperrstunde wäre um 23 Uhr.

Laden zum Beispiel Amadeus und Suxul noch im Juli ins Reduit Tilly? Es ist dank des (heuer verschobenen) Taktraum-Festivals eine bewährte Feierkultstätte. Bittet das Basement zum Tanz auf ein Parkdeck? Wer macht noch mit bei den hygienisch korrekten Corona-Partys? Bewähre sich diese Art zu feiern, sagt Engert, "könnte das auch in Zukunft stattfinden".

Ein weiterer Bericht aus dem Kulturausschuss folgt.

DK

 

Christian Silvester