Musiktheater im Corona-Format

Das unterhaltsame Gastspiel "Opernbingo" am Stadttheater Ingolstadt

14.10.2020 | Stand 23.09.2023, 14:46 Uhr
Show mit Arien: Das Ensemble bei der Probe. −Foto: Witzgall

Ingolstadt - Wie präsentiert man Opern im Corona-Format?

Am besten überhaupt nicht als Oper, sondern vielmehr als Spielshow. Das dachte sich offenbar das Landestheater Salzburg und gastierte im Stadttheater Ingolstadt mit einem "Opernbingo".

Aber auch abgesehen von den nervigen Corona-Regeln: Das ungewöhnliche Format hat Vorteile. Es verbindet einzigartige Kunst mit Klamauk, große Emotionen mit Humor. Kurz gesagt: Eigentlich ist das merkwürdige Bingo ein Unding, denn es ist auf der Bühne nichts, was es scheint, kein Gefühl ist wirklich echt, wo Tragödien sich abspielen, wird gelacht, wo es um Liebe geht, wird betrogen. Nichts ist ernst gemeint, und deshalb ist alles ein großer Spaß.

Ganz ohne ein gewisses Maß an eher billigen Kalauern geht der opernartige Abend von George Humphreys (in der Inszenierung von Carl Philip von Maldeghem) natürlich nicht über die Bühne. Da kommt der Moderator Joe Gruber (Christoph Wieschke) so trottelig daher, dass er kaum weiß, in welcher Veranstaltung er eigentlich gelandet ist. Natürlich denkt er die ganze Zeit, er wäre nicht in Ingolstadt, sondern in Düsseldorf, die Namen der Sänger verwechselt er und bei den Sängerinnen taumelt er von einem Fettnäpfchen ist nächste. Und, wie sollte es anders sein, die Sänger sind komisch überspannte Primadonnen, kühne Heldentenöre und mannhafte Bässe wie sie im Bilderbuche stehen.

Neben den Arien gibt es ein wenig Handlung: Da tritt die resolute Mutter der jungen Sopranistin (Hazel McBain) auf (als Mann in Frauenkleidern George Humphreys), der Moderator gerät in eine Sinnkrise, und schließlich wollen alle Sänger früher abreisen, sodass der Inspizient (Ks. Franz Supper) übernehmen muss - und dabei einen strahlenden dramatischen Tenor präsentiert.

Lustig werden die Arien inszeniert. Da singen etwa Bariton Humphreys und Tenor Luke Sinclair das Liebesduett von Don Giovanni und Zerlina in Männerbesetzung unter Beachtung aller Distanzregeln mit langen Greifarmen hantierend.

Und natürlich: Man bekommt einige der berühmtesten Arien geboten, ziemlich zurückhaltend von Benjamin Zsodlos am Klavier begleitet. Und manchmal überkommen uns dann doch die Emotionen, bei einigen strahlenden Spitzentönen oder einem melancholischen Piano. Dann vergessen wir allen Klamauk und sind tief berührt. Denn nichts ist so ergreifend wie die Macht der Musik.

DK


ZUM STÜCK
Theater:
Gastspiel Landestheater Salzburg in Ingolstadt
Regie:
Carl Philip von Maldeghem
Musikalische Leitung:
Benjamin Zsoldos.

Jesko Schulze-Reimpell