Vohburg - Normalerweise steht Lisa Maria Hörl auf der Bühne.
Nicht nur am Landestheater Niedersachsen in Hildesheim, sondern auch auf Gastspielen in anderen Häusern. Denn die 26-jährige Vohburgerin ist bei der Musical-Company des Landestheaters fest angestellt. Aber was ist schon normal in dieser Zeit? "Vor gut zwei Wochen haben wir erfahren, dass es keine Proben und keine Auftritte mehr gibt", erzählt die Musical-Darstellerin. "Das Theater hat uns dann alle ermutigt, uns Gedanken zu machen, wie wir das Theater bei unserem Publikum präsent halten, wie wir es ihnen vielleicht nach Haus bringen können. " Nun liest Hörl dreimal pro Woche - zu sehen und zu hören auf der Facebookseite des Theaters und auf Youtube - Kindermärchen. "Warum sollen wir Kunst und Theater nicht zu den Kindern bringen? ", fragte sich Hörl, aber auch: "Was bringt es, wenn ich mich vor die Kamera setze und Lieder singe? Dann lese ich den Kindern doch lieber noch etwas vor. " Sie schlug ihre Idee der Presseabteilung der Theaters vor. Und die fand es gut. Manche Eltern werden es sicher auch gut finden - weil sie mitschauen oder weil sie die Zeit, in denen die Kinder gebannt vor dem Bildschirm sitzen, für sich nutzen können.
Drei "Vorstellungen" gab es schon. "Immer dienstags, donnerstags und samstags wird ein neues Märchen um 15 Uhr online gestellt. " Mit dabei hat Hörl stets ihren kuscheligen Bären, der auf der Kiste mit den vielen Märchen sitzt, und ihre Gitarre. "Ich musste meine Gitarrenkenntnisse erst einmal wieder hervorkramen", gibt Hörl zu.
15 bis 20 Minuten dauert ein Märchen - samt Liedern, die Hörl singt. "Brüderchen und Schwesterchen" war schon dran, auch die "Salzprinzessin". Wie lange dauert nun eine "Aufzeichnung"? Hörl lacht: "Es kommt darauf an, wie oft ich mich verlese. " Läuft alles glatt, ist das Video in einer Stunden im Kasten. "Manchmal gebe ich nach drei oder vier Stunden auf und mache am nächsten Tag weiter. " Hörl bietet "einfache und klassische Märchen" an, baut Volkslieder ein. Die Videos sind eher schlicht gehalten. "Zurück zu den Wurzeln", nennt es Hörl.
Die wichtigste Zielgruppe sind Kinder "zwischen vier und acht, neun Jahren", sagt Hörl. Sie will aber Ältere, die Märchen lieben, nicht ausklammern. Und schon gar nicht die Eltern. "Wenn ich früher am Sonntagmittag Kika anschauen durfte, war das ein Highlight für mich. Und ich glaube, meine Mutter, die mitschaute, fand es genauso gut. " Kinder hätten es zurzeit nicht leicht, sagt Hörl. Die Erwachsenen müssten den Kleinen immer wieder erklären, dass sie zurzeit eben nicht raus oder zu Freunden dürfen. "Also bringe ich die Kunst in Form von Märchenstunden zu den Kindern. "
Klickzahlen hat Hörl nicht im Auge. Für sie zählt Feedback viel mehr: "Die Schwester einer Freundin hat erzählt, das ihr Kind immer wie gebannt vor dem Bildschirm sitzt. " Auch sonst gab es bislang nur positive Kritik.
Hörl hat in Berlin studiert, ist dann zum Landestheater Niedersachsen gewechselt. "Ich habe mich hier gut eingelebt", sagt sie. "Das liegt auch viel am Ensemble, das sind alles tolle Leute. " Diese Spielzeit ist sie noch fest angestellt. "Dann geht es weiter. " Wohin? "Das steht noch nicht fest. Die momentane Zeit ist auch keine gute für Bewerbungen oder Vorsingen. " Hörl stellt fest: "Die Zukunftsplanung pausiert. "
Lisa Maria Hörl geht es nach eigenen Aussagen ganz gut, sie bleibt brav zu Hause: "Heim nach Vohburg zu fahren, ist auch nicht möglich. " Sie verbringe ihre Zeit alleine. "Ich kann nichts anderes machen, als das Beste. Wir sitzen alle im gleichen Boot und wir müssen nun abwarten. " Sie würde ihren Tagesablauf derzeit von "Nachtmensch" auf "normal" umstellen. Laufen die Vorstellungen, kommt Hörl nämlich immer wieder erst um 1.30 oder 2 Uhr nachts ins Bett, manchmal sogar noch später.
Die vierte Märchenstunde debütiert heute Nachmittag: Viele Kinder werden warten, wenn sie ab 15 Uhr das nächste Märchen mit Lisa Maria Hörl genießen können. "Ich hoffe, ein paar Familien und Kinder schauen meine Märchenstunden wieder an und haben Freude. "
DK
