Ingolstadt
Die Großen öffnen jetzt auch - oder nicht

Weiter Durcheinander im Einzelhandel: Media-Markt darf Kunden reinlassen, Westpark und Möbelhof nicht

28.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:48 Uhr
Die einen dürfen aufsperren, andere nicht: Tobias Huber, Chef des Media-Markts (oben), darf die verkleinerte Filiale am heutigen Mittwoch öffnen. Der Möbelhof in Zuchering-Weiherfeld (unten) bleibt dagegen zu - bis auf die Gartenmöbel-Ausstellung. −Foto: Hammer

Ingolstadt - Tobias Huber, Geschäftsführer des Media-Markts Ingolstadt, ist überglücklich: Am heutigen Mittwoch darf seine Filiale an der Eriagstraße wieder eröffnen - leicht abgespeckt.

 

In dem Laden, laut Huber gerade umgebaut zum "modernsten Media-Markt weltweit", herrscht emsiges Treiben. Mitarbeiter transportieren ganze Ladungen von Elektroartikeln auf Paletten aus dem Lager herbei, andere bauen mit schwarzer Folie beklebte Stellwände auf. Auf diese Weise wird die Fläche auf unter 800 Quadratmeter verkleinert - etwa ein Viertel der Gesamtfläche.

Das ist die aktuelle Lage: Als Reaktion auf einen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der die 800-Quadratmeter-Regelung für Geschäfte als verfassungswidrig eingestuft hatte, wird nun die Öffnung aller großen Geschäfte erlaubt. Bedingung: Sie müssen ihre Verkaufsfläche auf 800 Quadratmeter begrenzen. Darüberhinaus gelten eine Reihe von Sicherheitsvorkehrungen.

Im Media-Markt ist für alles gesorgt: Absperrungen, Hinweisschilder für die Abstandsregeln, Spuckschutz, Desinfektionsmittel, abgezählte Körbchen für die Einlasskontrollen, damit sich nicht mehr als 40 Menschen in dem Markt aufhalten - inklusive Mitarbeiter. Für größere Geräte wie Fernseher oder Waschmaschinen, die viel Platz brauchen, gibt es eine Art "Fernberatung". Geschäftsführer Huber wirkt gelöst: "Bei mir herrscht gerade doppelte Freude: Endlich dürfen wir in unserem neuen Laden Kunden begrüßen. " Die Öffnungszeiten von 10 bis 18 Uhr gelten für Media-Markt und auch für Saturn am Westpark.

Auch Modehaus-Besitzer Franz Mayr wirkt aufgeregter als sonst: "Diese Corona-Krise ist eine Herausforderung", sagt er. "Das Hin und Her ist ja kein Zustand - jetzt endlich entwickelt sich etwas positiv. " Mayr sperrt sein Geschäft am Schlifflmarkt ebenfalls am heutigen Mittwoch um 10 Uhr auf. "Wir haben vorher zwei Stunden Zeit, alles vorzubereiten. "

Die 800-Quadratmeter-Grenze bedeutet für sein Haus: Im Erdgeschoss steht die ganze Fläche zur Verfügung, Mayr will den ersten Stock zur Hälfte öffnen, der zweite bleibt abgesperrt. Er sei schon sehr gespannt, was sich dann tut: "Wir erwarten keinen großen Run", meint er. "Aber ein wenig Umsatz werden wir schon holen können. "

 

Wenn Martin Stephan, Geschäftsführer des Familienunternehmens Möbelhof, die Zahl 800 hört, dann bricht ein Redeschwall aus ihm hervor, dann entlädt sich die ganze aufgestaute Frust der vergangenen Tage. Auch die weiteren Lockerungen für große Geschäfte helfen ihm nicht weiter im Möbelhof Ingolstadt mit seinen rund 40000 Quadratmetern Ausstellungsfläche: "Allein die Spindel, unser Treppenhaus, hat mehr als 800 Quadratmeter. Soll ich die Kunden in die Küchenabteilung beamen? Das ist eine Ungerechtigkeit ohnegleichen. "

Die Entscheidungen, die in Berlin oder München getroffen werden, kann der Unternehmer nicht mehr nachvollziehen. "Ich sehe dahinter keine Strategie, sondern pure Willkür. Wenn ich die Sicherheitsauflagen und Hygienevorschriften einhalten kann - warum darf ich dann nicht öffnen so wie Baumärkte, Buchläden, Fahrradgeschäfte oder Autohäuser? " Allmählich blicke doch kaum noch ein Kunde durch, was nun geöffnet ist und was nicht, kritisiert Stephan: "Das führt zu einem gefühlten Chaos und zu Unwägbarkeiten. Ich denke, in einem freien Land sollte man Mündigkeit leben. "

Für Stephan ist der springende Punkt nicht die Fläche, sondern die Frequenz: "Selbst wenn alle Kunden, die an einem Samstag zu uns kommen, auf einen Schlag im Haus wären, kämen wir bei unserer Ausstellungsfläche auf 100 Quadratmeter pro Kunde - nicht auf die vorgeschriebenen 20 Quadratmeter. Wenn wir nicht öffnen dürfen, so ist das ein Versagen der Legislative. " Die Branche will sich das nicht länger gefallen lassen: Stephan, Vize-Aufsichtsratsvorsitzender des Europa-Möbel-Verbunds, kündigt an, man werde am Mittwoch eine Normenkontrollklage beim Verwaltungsgericht München einreichen.

Im Möbelhof Ingolstadt gibt es unterdessen nur eine Lösung: "Wir können am morgigen Donnerstag nur die Gartenmöbel-Ausstellung öffnen - das restliche Haus bleibt geschlossen", so Stephan. Bitter: Im Baumarkt nebenan mit teils identischem Sortiment boomt das Geschäft.

Auch Frank Hausschmid, Manager des Westparks, wartet wie seine Kollegen von Ingolstadt Village weiter auf Entscheidungen der Staatsregierung für Einkaufszentren. "Es herrscht ein absolutes Chaos. Die Leute rufen bei uns an und fragen, ob geöffnet ist. Das ist unzumutbar für Kunden und Mitarbeiter. " Es gebe ein interessantes Urteil zum Donau-Einkaufszentrum in Regensburg: "Wir prüfen gerade, ob das für uns anwendbar ist. " Im Westpark stünden alle schon in den Startlöchern: "Noch haben wir keine Freigabe", erklärt Frank Hausschmid, "aber wir interpretieren die Aussagen des Ministerpräsidenten so, dass auch wir bald öffnen können. "

DK

 

Suzanne Schattenhofer