Ingolstadt
Bausektor zeigt sich noch krisenfest

Stadt sieht keine Verzögerung bei ihren Projekten - Obermeister: Betriebe stellen sich Herausforderungen

27.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:39 Uhr
Kein Stillstand auf dem Bau: Am Kongresshotel neben dem Neuen Schloss wurde auch in dieser Woche wieder eifrig gearbeitet - wie auf praktisch allen größeren Baustellen im Stadtgebiet. −Foto: Hauser

Ingolstadt - Das Leben in der Stadt läuft in der Corona-Krise vielfach entschleunigt, mitunter wie gelähmt. Doch in der Arbeitswelt gibt es noch Branchen, die "business as usual" praktizieren - allen voran die Bauwirtschaft. Hier ist derzeit weder von gesundheitlichen noch von wirtschaftlichen Auswirkungen der Epidemie viel zu spüren.

 

Die regionale Bauinnung spricht von bereits recht hoher Sensibilisierung in den Betrieben, die zuständige Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt dankt den rund 1200 Baubeschäftigten in der Stadt für ihren Einsatz und mahnt zugleich zu großen Anstrengungen gegen die Infektionsgefahr. Und die Stadt Ingolstadt als einer der größten Auftraggeber zeigt sich bislang hochzufrieden mit dem Fortgang auf ihren Baustellen. "Es sieht momentan ganz gut aus", urteilt Baureferent Alexander Ring.

Auf den städtischen Großbaustellen geht es meistens um Millionenbeträge und Zeitpläne, auf die Politik und Bürger mit Akribie und manchmal auch Argwohn schauen. Wenn bei Kongresszentrum und Umbau der Rossmühlstraße, beim neuen Museum für Konkrete Kunst und Design (MKKD) oder bei den zahlreichen Um- und Neubauprojekten auf dem Schulsektor durch krankheitsbedingten Ausfall von Handwerkern oder Nachschub etwas ins Stocken gerät, kann es schnell ärgerlich werden. Alexander Ring und seine Leute fahren wie alle Verantwortlichen aus Wirtschaft, Verwaltung und Politik zwar auf Sicht, doch noch, so die Auskunft vom Freitag, ist ihre Strecke frei und der Kurs klar. Das muss allerdings nicht so bleiben.

Der Referent, Hochbauamtsleiter Wolfgang Pröbstle und Tiefbauchef Walter Hoferer sind ständig auf den städtischen Baustellen unterwegs, um mit den dortigen Verantwortlichen die aktuelle Situation und die Fortschritte in Augenschein zu nehmen. Erst am Freitagmorgen war eine Stippvisite beim künftigen MKKD angesagt gewesen. Mit rund zehn Leuten sei es dort planmäßig vorangegangen. Obwohl es zuletzt einige aus Polen erwartete Arbeiter nicht mehr rechtzeitig über die Grenze geschafft hätten, so Alexander Ring, sei derzeit kein Verzug absehbar. Auch auf dem Schul- und Kindergartensektor komme man mit allen Projekten (siehe Kasten) gut voran; speziell der Kindergartenneubau an der Waldeysenstraße sei weit vorangeschritten und geradezu vorbildlich im Zeitplan.

Alles wird nun davon abhängen, wie gut die Baufirmen ihre Leute, die oft genug gemeinsam anpacken müssen und erfahrungsgemäß auch bei den Pausen in ihren Bauwagen und Containern bislang eng zusammengehockt haben, vor Infektionen schützen können. Müssten erst mal ganze Kolonnen in Quarantäne, wären die Zeitpläne auf den entsprechenden Baustellen schnell überholt.

Hochbauchef Pröbstle hat den Eindruck, dass die Unternehmen selber längst penibel darauf achten, dass ihre Mitarbeiter trotz der nun mal ganz eigenen Anforderungen auf Baustellen keine unnötigen Risiken eingehen. Ein Gespräch mit einem Polier habe ihn gerade erst in dieser Auffassung bestärkt, und auch die von der Stadt bei den Großprojekten eingesetzten Sicherheitsbeauftragten seien da auf der Hut.

Was die städtischen Verantwortlichen ebenfalls im Visier haben müssen, sind die Lieferketten, von denen auch die Bauwirtschaft zumindest bei einzelnen Gewerken abhängig ist und die teils ihren Anfang im Ausland haben. Wolfgang Pröbstle betont, dass viele städtische Baustellen derzeit in der Rohbauphase sind, wo meistens ein größeres Unternehmen alle Leistungen erbringt. In späteren Phasen ändere sich das oft, es kämen auch kleinere Firmen ins Spiel, und so könne es über längere Distanz schon da und dort zu Engpässen kommen. Zum Beispiel ist man bei Dämmmaterialien oft auf italienische Zulieferer angewiesen. Pröbstle: "Es wird spannend, wie es in einigen Monaten weitergeht."

Nach dem Eindruck von Michael Binder, Obermeister der Bauinnung Ingolstadt-Pfaffenhofen, haben die Unternehmer seiner Branche die Zeichen der Zeit "im Großen und Ganzen verstanden". Nur ganz wenige Betriebe, sagt er, hätten vorsorglich zugesperrt; die große Masse nehme die Herausforderung an, so gut es eben geht. Wobei mitunter nur die Teams zur Vorsicht ermahnt und Fahrzeuge wegen der dann besseren Sicherheitsabstände nur noch mit zwei Mann besetzt werden könnten. Schutzmasken zu besorgen, sei bereits abenteuerlich, gelinge, wenn überhaupt, nur in kleinsten Mengen. Binder erwartet mit der Zeit ebenfalls Nachschubprobleme bei bestimmten Materialien, weiß auch von Fällen, wo Arbeiter aus Osteuropa nach Heimatbesuchen nicht wieder zurück nach Deutschland reisen konnten und deshalb für hiesige Betriebe ausfallen. Und dennoch läuft es auf den Baustellen meistens noch ganz ordentlich.

Die Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (BAU) hat an die Arbeitgeber des Baugewerbes appelliert, die "strikte Einhaltung der Hygieneregeln sicherzustellen". Große Frühstücksrunden im Baucontainer seien
aktuell ebenso tabu wie die Fahrt im voll besetzten Transporter zur Baustelle. Jede Baufirma müsse hier ihren eigenen Pandemie-Plan erstellen.

Michael Müller von der IG BAU Oberbayern in einer Pressemitteilung der Gewerkschaft: "Gesundheit steht an oberster Stelle. Der Mindestabstand von 1,5 Metern muss unbedingt eingehalten werden - besser ist eine ganze Zollstocklänge: also zwei Meter. Sollte das bei speziellen Arbeiten nicht gehen, muss der Chef spätestens dann auch Masken und Schutzhandschuhe bereitstellen. All das heißt, dass sich Gewohnheiten ändern müssen. Es darf nicht alles 08/15 weiterlaufen."

DK