Desching
Bürgerinitiative gegen Holzheizkraftwerk gegründet

Gruppe sieht keinen Vorteil für Kösching

11.12.2020 | Stand 23.09.2023, 15:59 Uhr
"Protestrecycling": Die neu gegründete Bürgerinitiative - unter anderem mit Manfred Lindner (von links), Christoph Strobel und Markus Liepold - nutzen die Plakate der Wettstettener, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. Sie wollen das zwischen der Gunvor-Raffinerie (links) und der TAL (rechts daneben) geplante Holzheizkraftwerk verhindern. −Foto: Stephan

Desching - In Kösching hat sich eine Bürgerinitiative (BI) gegen das bei Desching geplante Holzheizkraftwerk gegründet. Ziel ist ein Bürgerentscheid zur Verhinderung des Projekts des Energieversorgers Prolignis.

Die ersten Banner mit der roten Aufschrift "Stoppt das Kraftwerk" hängen schon. Wem diese bekannt vorkommen, irrt nicht: Dieselben Plakate benutzten im Sommer die Wettstettener, um gegen den Bau der Anlage in ihrer Gemeinde vorzugehen. Prolignis verwarf wie berichtet den Plan, dort zu bauen, nachdem sich bereits zwei Standorte im Interpark als unrealisierbar herausgestellt hatten. Nun sind die Banner unter anderem an den Köschinger Ortseinfahrten zu sehen. "Protestrecycling" nennt Markus Liepold das.

Der Deschinger Landwirt hat mit Nachbarn und anderen Köschingern eine Bürgerinitiative gegründet, "weil die Leute überrumpelt worden sind", erläutert Christoph Strobel. Er meint die Marktratssitzung im Oktober, als die Aufstellung des Bebauungsplans für einen "Prolignispark" zwischen Gunvor und TAL auf der Tagesordnung stand, obwohl weder Gemeinderäte noch Bevölkerung zuvor groß informiert worden waren. Das Gremium entschied sich knapp für die Weiterverfolgung der Pläne. "Das ist durchgedrückt worden", ärgert sich Strobel.

Die enge Entscheidung für die Aufstellung eines Bebauungsplans ist für die Landwirte ein Zeichen für Unsicherheit im Gemeinderat bezüglich des geplanten Holzheizkraftwerks. Die BI halten sie für einen Weg, diesen zum Einlenken zu bewegen. "Wir sehen eine Verantwortung", sagt Strobel. "Wenn die Sache mal steht, ist sie nicht mehr rückgängig zu machen."

Rund 20 Köschinger unterstützen den Kern der Gruppe - darunter Grünen-Marktrat Manfred Lindner sowie der Deschinger Bauer und dritte Bürgermeister Georg Liebhard (CSU), den "das schnelle Durchwinken" stört -, die nun Unterschriften für das Bürgerbegehren "Stoppt das Kraftwerk" sammelt. Etwa 1000 Namen sind laut Lindner nötig, um den Bürgerentscheid anstreben zu können. "Wir hoffen aber auf die Vernunft des Gemeinderats, dass die Bürger in Corona-Zeiten nicht zum Entscheid laufen müssen."

Die Pandemie ist auch der Grund, warum die BI kreativ sein muss: Derzeit sind keine Infoversammlungen möglich. Geplant sind deshalb Plakate und Broschüren, die Homepage www.stopptdaskraftwerk.de ist seit diesem Samstag zu erreichen. Übrigens - für Kösching abgewandelt - ebenfalls von den Wettstettenern übernommen. In diesem Informationsmaterial hält die BI ihre Beweggründe fest.

Zum einen geht es nach wie vor um den erwarteten Schwerlastverkehr auf "schon überlasteten Straßen" (Liepold) sowie eine Verschlechterung der Luftqualität durch Emissionen. "Der Dreck zieht genau über Kösching drüber", meint Liepold. Auch glaubt die BI nicht, dass der Bedarf an Brennmaterial durch Holz aus der Region gedeckt werden kann. "Das wird aus einem riesigen Einzugsgebiet bis aus Deggendorf hergefahren", vermutet Liepold. Dazu komme die Verwertung von behandeltem Abfallholz - also "Müllverbrennung", ergänzt Strobel. "Sonst wäre das gar nicht rentabel."

Des Weiteren spricht die BI über eine "enorme Gefahr, die von dem Kraftwerk ausgeht durch die Nähe zur Raffinerie". Strobel erinnert an den Störfall 2006 in der damaligen Esso, als Tausende Liter eines Öl-Gasgemischs nach einer Explosion im Umfeld der Raffinerie niedergingen. Der Deschinger will sich nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn dort ein Kraftwerk mit Brennöfen gestanden wäre. "Das ist das Zündholz an der Zündschnur", sagt Liepold.

Letzten Endes sieht die BI keinerlei Vorteile, die das Werk für Kösching mit sich bringen könnte. "Da wird Wärme produziert, die wieder weggeht, und wir behalten nur den Dreck", betont Strobel im Hinblick auf Audi als künftigen Hauptabnehmer. Prolignis setzt zwar auf die Möglichkeit, über Abwärme öffentliche Einrichtungen in Kösching und Lenting versorgen zu können. Lindner hält den Bau einer entsprechenden Leitung aber für unfinanzierbar. "Wir glauben nicht, dass Kösching dadurch CO2-neutral wird", sagt Strobel.

Doch "das wäre wichtig für Kösching", findet Lindner, auch in Hinsicht auf nachfolgende Generationen. "Aber da wird nichts getan." Strobels Vorschlag: ein Energieverein, der explizit auf die Gemeinde abgestimmte Maßnahmen ergreift. Dann sei ein Biomassewerk - auf Kösching zugeschnitten - vorstellbar. "Es geht uns um die Dimension, wir sind nicht grundsätzlich dagegen."

DK

Tanja Stephan