Irsching
"Es sind alle gesund zurückgekommen"

Ein Gespräch mit zwei ehrenamtlichen Feuerwehrmännern, die direkt am Brandherd eingesetzt waren

03.09.2018 | Stand 02.12.2020, 15:45 Uhr
Unermüdlicher Einsatz: Rund 600 Einsatzkräfte waren in unterschiedlichen Funktionen mit den Folgen der Explosion auf dem Gelände der Raffinerie in Vohburg beschäftigt. Die Feuerwehrmänner Franz Kraus (unten links) und Stefan Brunnhuber wurden direkt am Brandherd eingesetzt. −Foto: THW Pfaffenhofen, Hauser, Lamprecht

Irsching (DK) Die Explosion und den Brand in der Vohburger Bayernoil-Raffinerie am Samstagmorgen wird in der Region wohl keiner so schnell vergessen.

Ganz besonders die nicht, die als Rettungskräfte direkt vor Ort im Einsatz waren. Dazu zählen auch die Aktiven der Freiwilligen Feuerwehr Irsching, die mit als erste an der Einsatzstelle waren und wenig später als nahezu einzige freiwillige Wehr in unmittelbarer Nähe des Brandherds eingesetzt wurden. Wir haben mit Kommandant Franz Kraus und Maschinist Stefan Brunnhuber gesprochen und gefragt, wie sie die Katastrophe erlebt haben, wie der Einsatz aus ihrer Sicht verlaufen ist und wie es ihnen jetzt, zwei Tage später, geht.

Herr Kraus, Herr Brunnhuber, Sie wohnen beide in Irsching und damit quasi direkt im Schatten der Raffinerie-Türme. Wie haben Sie die Explosion am Samstagmorgen erlebt?

Franz Kraus: Wir haben natürlich den Schlag gehört - und als ich dann aus dem Fenster geschaut habe, war gleich klar: Die Raffinerie brennt. Dann bin ich sofort los. Anziehen und raus auf die Straße.
Stefan Brunnhuber: Bei mir war es genauso, ich hab den Franz dann direkt mit zur Feuerwache genommen. Wir waren schon unterwegs, als die Sirene losgegangen ist. In der Wache haben wir dann erst mal den Funk abgehört und mit den Kameraden überlegt, was wir machen sollen.
Kraus: Richtig. Auf der Faxalarmierung hieß es ja noch, dass das Gaskraftwerk von Uniper brennt. Aber das konnte ja nicht sein.

Sie sind dann innerhalb kürzester Zeit mit 30 Mann ausgerückt?

Kraus: Richtig. Wir haben uns erst mal zusammen mit Kameraden anderer Wehren an der Verkehrsabsicherung beteiligt und sind dann, als entsprechende Anweisungen kamen, zum Stiftl rausgefahren.

Was hat sich dort abgespielt?

Kraus: Am Anfang war da natürlich erst mal noch viel Planlosigkeit. Das ist aber verständlich - man muss sich einen Überblick verschaffen, um nicht kopflos zu handeln. Erstaunlich schnell haben sich aber klare Strukturen gebildet und es hat genaue Anweisungen gegeben.

Wie sahen die für Sie aus?

Kraus: Wir sind mit einem Fahrzeug und sechs Mann um 6.30 Uhr in die Raffinerie gefahren und waren da direkt am Brandherd eingesetzt. Übrigens neben Manching als einzige freiwillige Wehr direkt auf dem Gelände.

Was haben Sie dort genau gemacht?

Brunnhuber: Wir haben Wasserwerfer in vielleicht 15 Metern Entfernung zum Brandherd eingerichtet, Schlauchleitungen aufgebaut und die Wasserwerfer dann auch bespeist.

Sie sagen das mit großer Ruhe. Wie war es denn in der konkreten Situation?

Brunnhuber: Ich muss sagen, es ist alles sehr ruhig und diszipliniert gelaufen. Ansprechpartner waren da. Die Werksfeuerwehr hat hervorragende Vorarbeit geleistet, und sogar die Versorgung mit Riegeln und Getränken hat unglaublich gut funktioniert, obwohl die Kantine zerstört war.
Kraus: Ich muss auch sagen, dass die Situation vor Ort, als der Brand gegen 10.30 Uhr eingedämmt war, für uns weniger bedrohlich gewirkt hat, als man das vielleicht von außen vermuten mag. Die Leute von der Werksfeuerwehr haben dann relativ klar gesagt, da kann nicht mehr viel passieren. Das war für uns natürlich auch beruhigend.


Bei Übungen heißt es immer: Freiwillige Wehren werden in solchen Fällen nicht auf dem Betriebsgelände eingesetzt. Was war jetzt im Ernstfall anders?

Kraus: Ich weiß es nicht. Es stimmt schon, uns hat man immer gesagt, wir würden Pumpstationen betreuen oder den Verkehr regeln. Jetzt ist es anders gekommen. Wir waren mit sechs Leuten ganz vorne dabei. Aber es sind alle gesund zurückgekommen, und das ist das einzige, was zählt.
Wie lange waren Sie und Ihre Kameraden denn im Einsatz?
Brunnhuber: Bis zum späten Nachmittag. Wir waren dann ja auch noch als Fahrdienst für die Werksfeuerwehrler, deren Fahrzeuge im Einsatz zerstört worden waren, im Einsatz und haben Leitungen für das THW gelegt. Als wir dann zu Hause waren, haben wir noch Schläuche aus Vohburg geholt, um unser Fahrzeug zu bestücken und wieder einsatzfähig zu machen, und dann sind wir noch in Irsching und Knodorf herumgefahren und haben bei verschiedenen Haushalten unsere Hilfe oder die Unterstützung des THW angeboten.

Ein nervenaufreibender Tag. Wie verarbeitet man so etwas?

Kraus: Es ist so, dass wir nach einem Einsatz immer einen Bogen ausfüllen, auf dem man auch angeben kann, dass es ein belastender Einsatz war. Wenn jemand dann mit dem Erlebten nicht fertig wird, bekommt er selbstverständlich professionelle Hilfe. Und ansonsten kann man natürlich auch untereinander darüber sprechen. Es ist ja niemand allein im Einsatz.

Das Gespräch führte

Susanne Lamprecht.
DANK AN DIE HELFERAus dem Pfaffenhofener Landratsamt gab es zwei Tage nach der Explosion in Vohburg großes Lob für die Helfer: In einer Pressemitteilung dankte ihnen gestern der stellvertretende Landrat Anton Westner "für ihre vorbildliche Hilfe und Unterstützung". Der Dank umfasste alle Feuerwehren, Technisches Hilfswerk, Polizei, Rotes Kreuz, Malteser-Hilfsdienst, die Bundeswehr, die Mitarbeiter der Einsatzleitung im Landratsamt und vor Ort, die Kreisbrandinspektion, alle beteiligten Bürgermeister - allen voran Vohburgs Martin Schmid - die Bayernoil-Mitarbeiter sowie alle anderen Helfer. "Die Kräfte waren sehr schnell vor Ort und haben durch ihr umsichtiges und professionelles Handeln noch Schlimmeres verhindern können", lobt Westner. Sie hätten "vorbildlichen Gemeinschaftssinn und Hilfsbereitschaft" gezeigt. Auch den Bürgern dankte Westner für ihren besonnenen und umsichtigen Einsatz.

DK