Ingolstadt
Bildschirmduell statt Kampf am Brett

Viertklässler der Grundschule an der Münchener Straße nehmen an einem Online-Schachturnier teil

19.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:26 Uhr
Online gegen Grundschüler aus ganz Deutschland: Jannick Kaiser (v.l.), Nicolai Landinger (hinten), Jakob Rüther, Raphael Mamikonian und Ender Kayaoglu spielten in den Schulschachmeisterschaften. −Foto: Eberl

Ingolstadt - Ein Schachbrett und drei breite schwarze Balken, die dem Spieler die eigene Zeit und die des Gegners anzeigen - das haben fünf Viertklässler der Grundschule an der Münchener Straße am Donnerstagnachmittag auf einem Bildschirm vor sich.

 

Sie nehmen an den Deutschen Schulschachmeisterschaften teil, die in diesem Jahr zum ersten Mal online stattfinden müssen - corona-bedingt.

Schach hat Tradition an der Grundschule an der Münchener Straße: Seit 2016 darf sie sich mit dem Titel "Deutsche Schachschule" schmücken. Sabine Würz leitet seit etwa zehn Jahren die Schach-AG der Grundschule. Sie zeigt ihre zittrigen Hände und sagt: "Ich glaube, ich bin aufgeregter als die Kinder. " Jakob Rüther, zehn Jahre alt, hat gerade eben eine Partie gewonnen, weil seinem Gegner die Zeit ausgegangen ist. 15 Minuten hat jeder Spieler, die Stoppuhr zählt runter. Wenn ein Zug gemacht ist, wird sie angehalten. "Die Kinder müssen mit voller Konzentration ins Spiel gehen und ruhig bleiben", sagt Würz.

Über das Programm Chess Base wird bundesweit gegen Zufallsgegner gespielt. Es ist der letzte Turniertag. Die nächste Runde startet in wenigen Minuten. Die Buben sind teils noch über Bücher gebeugt und lesen. Die Lektüre von Raphael Mamikonian ist der erste Harry-Potter-Band - wer ihn kennt, weiß, dass auch hier Schach am Ende des Buches wichtig für die Handlung wird.

Auf Raphaels Bildschirm bewegt sich nun etwas, ein Signal ertönt, und er ist am Zug. Schon nach wenigen Minuten nimmt er seinem Gegner einen Springer, opfert aber gleich darauf einen eigenen. Und dann fällt auch noch ein Läufer. Es sieht schlecht aus - aber nur für den Moment, denn das Spiel kann sich schnell drehen. Raphaels Gegner macht einen Fehler und verliert seine Dame. Freie Bahn für den zehnjährigen Ingolstädter - den Vorschlag eines Remis, unentschieden, lehnt er ab und setzt mit sieben Minuten verbleibender Zeit den Gegner matt.

Zwei Plätze weiter gewinnt auch Nicolai Landinger gegen einen Spieler, dem die Zeit ausgeht. Seinem Mitschüler Ender Kayaoglu gefällt das am besten am Schach: "Es ist immer spannend, wenn es knapp wird. " Nicolai sagt: "Mit gefällt, dass man viel nachdenken muss. "

Die fünf Grundschüler sind alle seit ein, zwei Jahren in der Schach-AG. Gelernt haben sie das Strategiespiel schon früh - meist vom Papa oder vom großen Bruder. Es sind aber nicht immer nur Buben, die an den Wettkämpfen teilnehmen. "Eines meiner erfolgreichsten Teams waren Mädchen", sagt Würz. In diesem Jahr sind es aber diese fünf, die zu den stärksten Spielern gehören. "Nicht jeder mag diese Turniere", sagt Würz. "Manche wollen nur zum Spaß spielen. " Raphael, Ender, Nicolai, Jannick und Jakob aber haben sichtlich Freude an der Wettkampfsituation.

Am Nachmittag müssen sie allerdings ein paar Niederlagen einstecken, und schon an ihrem ersten Spieltag am 11. Juni hatten die Viertklässler wertvolle Punkte verloren, weil die Technik versagt hat. Zwei Runden konnten die Schüler gar nicht spielen. Bei den Deutschen Schulschach-Online-Meisterschaften reicht es am Ende nicht für die vorderen Plätze. Gewonnen hat die Pestalozzischule aus Kaiserslautern.

Und das Fazit zum Online-Turnier? Trotz der technischen Aussetzer haben sie sich über die Teilnahme gefreut, sagt Sabine Würz. Und auch wenn die Viertklässler sich einig sind, dass der persönliche Wettkampf doch besser ist als online zu spielen, meint die Lehrerin: "Das Online-Turnier war in dieser Zeit die einzige Möglichkeit, dass sie überhaupt spielen konnten. "

DK

 

Laura Csapó