Bewährungsstrafe wegen sexuellen Missbrauchs

An 13-Jähriger gerieben: Amtsgericht verurteilt 25-jährigen Afghanen zu einem Jahr und zwei Monaten Haft

22.09.2020 | Stand 23.09.2023, 14:17 Uhr
Eine modellhafte Nachbildung der Justitia steht neben einem Holzhammer und einem Aktenstapel. −Foto: Volker Hartmann/dpa/Illustration

Ingolstadt - Wegen sexuellem Missbrauch einer 13-Jährigen wurde ein 25-jähriger Afghane am Dienstag vom Amtsgericht Ingolstadt zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt - ausgesetzt zur Bewährung.

Der Angeklagte war am 10. Juni diesen Jahres auf Höhe der Kreuzung Scheinerstraße/Eigenheimstraße plötzlich an das Mädchen herangetreten, hat sich nah an sie gedrückt und an ihrer Beckenseite gerieben, bis er zum Samenerguss kam. Zugute kam ihm, dass er den Vorfall vollumfänglich einräumte und über seinen Anwalt Jörg Gragert sein Bedauern ausdrückte. Dem Kind, das, wie der Vater angegeben habe, von dem Vorfall erheblich geschockt gewesen sein soll, blieb damit eine Aussage vor Gericht ersparte, betonte Richter Matthias Martin in der Urteilsbegründung. Eine solche wäre für das Mädchen eine weitere "erhebliche Belastung" gewesen. Das Geständnis wertete das Gericht als "gravierenden Punkt zugunsten des Angeklagten". Gegen ihn sprach, dass er bereits eine Vorstrafe wegen eines Sexualdelikts hat. Der Afghane war bereits einmal wegen sexueller Belästigung durch Grapschen zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Bei der öffentlichen Hauptverhandlung wirkte der 25-Jährige niedergeschlagen, dass ihm sein Verhalten leidtut, wirkte durchaus echt.

Ein Dolmetscher übersetzte die Worte des Richters sowie von Staatsanwältin Miriam Hüller und den Anwälten Dirk Asche und Jörg Gragert simultan. Die Staatsanwältin hatte eine Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monate gefordert, ausgesetzt auf eine Bewährungszeit von drei Jahren, Rechtsanwalt Dirk Asche plädierte auf eine Haftstrafe von unter einem Jahr. Dass sich sein Mandant an der 13-Jährigen gerieben habe, sei "äußerst ekelhaft für das Mädchen " und eine unfaire Situation, angesichts der Tatsache, dass das Mädchen bekleidet gewesen sei und der Vorfall nur wenige Sekunden gedauert habe, stellte er jedoch infrage, ob es sich um den Straftatbestandteil des sexuellen Missbrauchs handele oder die Tat auch als sexuelle Belästigung gewertet werden könne. Überdies betonte der Anwalt - wie zuvor auch Staatsanwältin Hüller - die bereits erfolgte Strafe durch die Untersuchungshaft. "Wer wegen eines Sexualdelikts in Haft ist, steht im Gefängnis auf der untersten Stufe." Anwalt Gragert schloss sich der Forderung seines Kollegen an. Wenn man von Missbrauch ausgehe, so Gragert, sei zu berücksichtigen, dass die Art und Weise des Missbrauchs "am untersten Rand der Vergleichsfälle ist".

Der in Kabul geborene Angeklagte kam 2015 nach Deutschland. Auch sein Bruder, seine Schwester, ein Onkel und eine Cousine leben hier. Die Mutter sei gestorben, der Vater im Iran, antwortete der 25-Jährige, dessen Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist, dem Richter. Er habe am Campus Ingolstadt eine Ausbildung absolviert, mache Sprachkurse und wolle demnächst ein Studium beginnen. Auch dieser "positive Lebensweg" hat letztlich für das relativ milde Urteil eine Rolle gespielt. In seinem letzten Wort sagte der 25-Jährige in gebrochenem Deutsch, er habe "einen Fehler gemacht". "Meine letzte Fehler in mein ganze Leben."

DK

 

Ruth Stückle