Ingolstadt (DK) Seit 33 Jahren ist Gerlinde Merkl nun schon Geschäftsfrau, und seitdem hat sie einiges erlebt, das sie nicht gerade glücklich macht.
"Als kleine Einzelhändlerin mit Modegeschäft gehe ich langsam kaputt", sagt die Betreiberin von Mode Jaqueline. Immer wieder höre man ja, der eine schließt nach 25 Jahren, der andere nach 30 Jahren seinen Laden. Das sei angesichts der Rahmenbedingungen für kleine Einzelhändler kein Wunder. Ein Thema, das sie seit einiger Zeit besonders beschäftigt, sind die Baustellen, im speziellen Fall die Bauarbeiten im Umfeld der Beckerstraße.
Dort entstanden ja zuletzt auf dem Gelände des früheren Krankenhauses etliche Eigentumswohnungen, gerade jetzt wird ein weiteres Gebäude gebaut. Das alles seien "grausame Arbeiten" gewesen, sagt Merkl. Jetzt waren die Stadtwerke im Einsatz, um eine Fernwärmeleitung zu verlegen. Dafür musste die Beckerstraße gesperrt und aufgerissen werden. Teilweise habe sie ihre Gesprächspartner am Telefon bei dem Lärm nicht verstehen können, sagt die Geschäftsfrau. Auf Kunden wirke die Situation auch abschreckend, und das zur Vorweihnachtszeit. Vom Holzmarkt her sei sie komplett abgeriegelt. "Es findet einen ja kaum noch einer. Ich fühle mich hier wirklich alleingelassen. " Die anderen Mieter im Haus, unter anderem ein Zahnarzt, hätten ob des Lärms auch schon resigniert.
Von den Stadtwerken habe sie ein Schreiben bekommen, in dem gestanden habe, dass die Bauarbeiten Ende November beendet sein sollen, deswegen verstehe sie nicht, wieso immer noch gearbeitet werde. Was sie ebensowenig verstehe: "Man sperrt so ab, dass die Autos trotzdem vorbeikommen - wenn sie über den Gehweg fahren. " Und das nutzten gerade am Wochenende, wenn dort nicht gearbeitet werde, viele Auswärtige, die zu Primark wollten, aus. Ein Auto habe sie sogar berührt, als sie vor ihrem Geschäft stand, sagt Merkl. Sie habe den Kontaktbeamten bei der Polizei informiert, der habe sich das angesehen, aber auch nicht viel ausrichten können. Sie sei ziemlich frustriert. Wie sie nun gehört habe, werde die Straße wieder geschlossen, müsse aber wieder aufgemacht werden, wenn die Leitung weiter Richtung Unterer Graben verlegt wird. Das sei laut Bauarbeitern eigentlich schon für jetzt geplant, aber aus Zeitgründen nicht möglich gewesen.
Tatsächlich müsse im kommenden Jahr wieder etwas in der Beckerstraße gemacht werden, sagt Stadtwerke-Sprecher Florian Schiegl. Da gehe es um die Wasserversorgung. "Da ist aber keine Vollsperrung mehr nötig. "
Bei der jetzigen Absperrung bestätigt der Sprecher das Problem. "Wir haben aber keine Handhabe", erklärt Schiegl. Die sogenannte verkehrsrechtliche Anordnung besage, dass Gehweg und Radweg nicht abgesperrt werden dürften - deswegen umfasse die Sperre nur die Straße. Und man habe auch bemerkt, dass die Sperren teilweise nach dem Wochenende zur Seite geschoben waren. Doch dagegen könne man nichts unternehmen.
Die Bauarbeiten lägen aber im Zeitplan, sagt Schiegl. Sechs Wochen habe man den Anliegern angekündigt, länger werde es auch nicht dauern. "Im Einwurfschreiben ist uns nur ein Tippfehler unterlaufen. " Obendrüber stand nämlich bis 21.11. statt 21.12..
Thorsten Stark
