Ingolstadt
Aus der Werkstatt des BND

Präsident Bruno Kahl berichtet in Ingolstadt über Aufgaben seines Dienstes und die aktuelle Sicherheitslage

31.10.2019 | Stand 02.12.2020, 12:43 Uhr
"Die besten Dienste der Welt wollen mit uns zusammenarbeiten": BND-Präsident Bruno Kahl (rechts) im Dialog mit dem CSU-Bundestagsabgeordneten Reinhard Brandl. −Foto: Silvester, Kappeler/dpa

Ingolstadt (DK) Der Bundesnachrichtendienst (BND) ist zwar momentan "in der glücklichen Lage, dass wir keinen Skandal an der Backe haben", wie sein Chef gleich zu Beginn gestand.

Das schmälerte das Interesse des Ingolstädter Publikums am Besuch von Präsident Bruno Kahl jedoch in keiner Weise. Der oberste Auslandsaufklärer sprach am Mittwochabend vor mehr als hundert Zuhörern im Bayerischen Armeemuseum über die Aufgaben seiner Behörde mit ihren rund 6500 Mitarbeitern.

Die lockere Plauderrunde mit dem Bundestagsabgeordneten Reinhard Brandl (CSU) hätte manchmal fast vergessen lassen, dass es letztlich immer wieder um sehr ernste Themen der Sicherheit, um Krieg und Frieden, Terrorismus und dessen Abwehr ging. Ist doch das Bild des typischen Spions in der Öffentlichkeit eher von unzähligen Kinofilmen geprägt als vom realen Alltag im BND-Büro.

"Was macht der BND eigentlich so Geheimes? ", wollte Sicherheitspolitiker Brandl vom Gast wissen. Und vor allem: "Trägt der typische BND-Mitarbeiter Schlapphut? " Da konnte der Präsident gleich mal alte Klischees über die Dienstkleidung eines ordentlichen Spions ausräumen. "Weder Schlapphüte noch Trenchcoat" gehörten dazu. Die Mitarbeiter des Dienstes würden auch nicht alle Decknamen tragen.

Kahl versteht sich und seine Leute als "Sensor für Entscheidungen, die Schlussfolgerungen muss die Politik ziehen". Die Aufklärung sei Sache des BND. Die größte Sorge eines Präsidenten? "Dass er die richtigen Informationen hat und es noch gar nicht weiß. " So wie die amerikanischen Dienste vor dem 11. September 2001, denen alle relevanten Informationen des drohenden Anschlags zugänglich gewesen seien, die aber die falschen Schlüsse daraus gezogen hätten.

Brandls Stichwort vom derzeit wohl größten "Pulverfass" lenkte den Blick in die Region Nordsyrien. Dort, sagte der BND-Chef, kulminierten "mehrere gefährliche Entwicklungen", die "für uns überhaupt nicht steuerbar" seien. Für eine gewisse Zeit werde man wohl mit dem syrischen Gewaltherrscher Assad leben müssen, Russlands Präsident Putin sei "der entscheidende Spieler in diesem Spiel", und der Islamische Staat sei in Syrien und dem Irak weiter aktiv. "Das bedeutet, dass diese Länder instabil bleiben. " Von Libyen aus, erwiderte Kahl auf eine andere Frage Brandls, werde "das Schleuserwesen nicht verschwinden". Nicht nur für die Mitglieder des CSU-Arbeitskreises Außen- und Sicherheitspolitik, sondern auch für die regionalen Wirtschaftsakteure dürfte die Einschätzung des BND-Präsidenten zum China-Geschäft von Interesse sein. "Aus rein unternehmerischer Sicht", so Kahl, seien Investitionen im riesigen chinesischen Markt sicher sinnvoll, "da lässt sich bestimmt Geld verdienen". Nur habe die Erfahrung gezeigt, dass Joint Ventures häufig "zulasten des europäischen Teils" gingen. Daher der Rat: "Seht zu, dass ihr nicht abhängig werdet! "

Ganz ähnlich klang das, was der BND-Chef zur möglichen Beteiligung des chinesischen Konzerns Huawei am Aufbau der 5G-Infrastruktur sagte. "Die Kernstrukturen eines solchen Nervensystems sollten wir nicht in Hände geben, denen wir nicht vertrauen. "

Apropos Vertrauen. Ungeachtet aller Tweets des aktuellen US-Präsidenten existiere in der Zusammenarbeit der Nachrichtendienste beider Länder "kein America first". Auch gelte der Grundsatz unter den befreundeten Staaten: "No spy on friends. " Da mag Angela Merkel schon ganz andere Erfahrungen gesammelt haben, was der BND-Präsident selbstverständlich nicht erwähnte. Einen EU-Geheimdienst, so die Überzeugung des Redners, werde es auch in Zukunft nicht geben.

An gesundem Selbstbewusstsein jedenfalls scheint es den deutschen Auslandsgeheimdienstlern nicht zu mangeln. Bruno Kahl sprach von "einer Art Champions League" der Dienste. "Da würde ich uns schon dazuzählen. Die besten Dienste der Welt wollen mit uns zusammenarbeiten. "

So war denn auch abschließend Gastgeber Reinhard Brandl im Namen des Publikums dankbar für die sicherheitspolitische "Reise durch die Welt". Woraufhin Kahl lächelnd einwarf: "Über die Arktis haben wir noch gar nicht geredet. "