Gewünschter Stillstand

Audi-Bahnhalt ist für Verkehr freigegeben - Am zweitgrößten Automobilwerk Europas halten bald Züge

02.12.2019 | Stand 23.09.2023, 9:44 Uhr
Mit dem Durchtrennen des Bandes war es geschafft: Der Bahnhalt "Ingolstadt Audi" ist für den Verkehr freigegeben. Die ersten regulären Züge halten dort am 15. Dezember. Mit der Schere zu Werke gingen (vorne von links) Hugo Gratza vom Bundesverkehrsministerium, Bahn-Vorstandsmitglied Ronald Pofalla, OB Christian Lösel, Staatskanzleichef Florian Herrmann, Audi-Produktionsvorstand Peter Kössler, Gesamtbetriebsratsvorsitzender Peter Mosch und der Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl. −Foto: Hammer

Ingolstadt - Wie konnte es auch anders sein an so einem Festtag: Der erste Zug, der gestern am neuen Ingolstädter Bahnhof einrollte, tat das pünktlich.

So soll es natürlich weitergehen, wenn ab dem 15. dieses Monats die Bahnen regulär bei "Ingolstadt Audi" anhalten und nicht nur Ehrengäste, sondern Audianer aus- und einsteigen. Für den Verkehr ist der dritte Bahnhalt im Stadtgebiet seit gestern offiziell freigegeben; auch wenn das nicht mit dem ganz großen Aufgebot ablaufen konnte, wie es angekündigt war. Statt des Ministerpräsidenten Markus Söder entstieg dem Sonderzug aus München dessen Staatskanzleichef und CSU-Parteikollege Florian Herrmann. Söder sagte eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn "aus dringendem Grund" ab. Das tat der guten Stimmung am Gleiskörper allerdings keinen Abbruch, da es auch ohne Landeschef genügend zu feiern und zu würdigen gab.


Nach etwas mehr als eineinhalb Jahren Bauzeit steht am zweitgrößten Automobilwerk Europas ein eigener Bahnhof - endlich. Das sagten sowohl Audi-Produktionsvorstand, Peter Kössler, als auch Gesamtbetriebsratschef Peter Mosch, der an diese alte Forderung der Arbeitnehmervertretung von vor drei Jahrzehnten erinnerte. Für Kössler war es ein persönliches Anliegen, das er in seiner Zeit als Werkleiter als "Initiator und Pusher" verfolgte, wie auch er erinnerte. "Manchmal wünscht sich sogar ein Audianer Stillstand", scherzte Kössler. Dass eben der Zug endlich hält. Der Regionalexpress um 12.56 Uhr donnerte noch mit einem Warnhupen (für die Herrschaften an der Bahnsteigkante) an allen feiernden Gästen vorbei. Ab 15. wird er halten. Rund 1500 Fahrgäste (mit 3000 Ein- und Aussteigevorgängen) täglich sind vorhergesagt. Söder-Ersatz Florian Herrmann glaubt an ganz andere Zahlen. "Die Vorhersagen werden überboten werden", ist er sich sicher. Wobei es sich bei der Mehrzahl um pendelnde Audianer handeln dürfte, die vom Bahnsteig aus einen direkten Zugang ins Werk haben.

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Wie berichtet, subventioniert der Autobauer der Belegschaft die Jobtickets mit 50 Prozent beziehungsweise bis zu 300 Euro. Der Bahnsteig an sich ist aber öffentlich und für jedermann nutzbar - etwa für die Landesgartenschau 2020 in etwa einem Kilometer Luftlinie. Der Schienenhalt wird zunächst im Stundentakt (je Richtung) von der Regionalbahn (Nürnberg-) Treuchtlingen-München bedient. Ab voraussichtlich Dezember 2024 nach einem Umbau am Gaimersheimer Bahnhof (siehe eigener Artikel im Kasten) kann und soll ein Halbstundentakt durch weitere Bahnanbieter möglich werden, was mehrere Redner forderten und betonten. "Die Bemühungen sind nicht zu Ende", versprach Minister Herrmann.

Gut 15 Millionen Euro flossen in den Audi-Bahnhof, übrigens der 1019. Schienenhalt im Freistatt ist. Die Verkehrsstation alleine belief sich auf 9,2 Millionen, die restliche Infrastruktur auf etwas mehr als 6 Millionen. "Ein wunderbares Beispiel dafür, wie Zusammenarbeit gelingt und genauso schnell wie gut zu einem Ergebnis führt", sagte Bahn-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla, der frühere Berliner Kanzleramtsminister. Gezahlt haben Deutsche Bahn, Freistaat, Stadt Ingolstadt und Audi zusammen. Diese offenbar einmalige Situation wollte Pofalla kurz "hier in Nordrhein-. . . " verorten, wie er ansetzte und dafür ein Raunen erntete. Geistesgegenwärtig schwenkte er um: "Ich gestehe Ihnen zu, der Freistaat ist die Nummer eins" Dafür gab es natürlich viel Applaus.


Sekt floss auch in rauen Mengen. Vor allem an der Außenwand des Sonderzugs der Ehrengäste, der noch eine andere Funktion erhielt: Er wird "Botschafter, für diese Region, diese Stadt, dieses Unternehmen", sagte Pofalla. Der "Ingolstadt Audi" genannte Express rollte nach der Taufe los. Er wird nicht der einzige Zug gewesen sein, der den Autobauer beehrte. 

Am Umbau des Bahnhofs Gaimersheim hängt viel

Das soll voraussichtlich erst im Dezember 2024 soweit sein, hieß es gestern einmal mehr zum aktuellen Stand. "Wir haben schon mehrere Termine genannt bekommen", sagte die Gaimersheimer Bürgermeisterin Andrea Mickel dem DK. Sie nehme jeden früheren Termin als 2024 sehr gerne. Eine finanzielle Beteiligung, wie im Falle des Audi-Bahnhofs von der Stadt Ingolstadt geleistet, sieht sie aber nicht als realisierbar "für eine kleine Gemeinde wie uns. Der Bahnhof ist Aufgabe der Bahn". Gaimerheim habe schon das Bahnhofsumfeld ertüchtigt und werde auch bei weiteren Bauprojekten wie Geh- und Radwegen am Bahnhof gefragt sein.

Dass zumindest die Bayerische Regiobahn (BRB), die ohnehin schon bis Eichstätt fährt und noch vorbeirollt, bei Audi hält, dafür setzt sich die Ingolstädter Stadtspitze mit dem Landtagsabgeordneten Alfred Grob ein, der einen entsprechen Antrag im Maximilianeum stellen soll/wird.

Ein ganz großes Anliegen Lösels (aber auch anderer Lokalpolitiker) ist noch die Ingolstädter Regionalbahn mit weiteren Halten. Das wohl schwer zu realisierende Projekt ist zumindest bei der Bahn und konkret bei Ronald Pofalla mal gelandet. Audis Rückendeckung ist auf jeden Fall vorhanden. Dafür sei er "Feuer und Flamme", sagte Produktionsvorstand Peter Kössler.

Christian Rehberger