Ingolstadt
Nächtlicher Brückenschlag

Ausbau der Ostumgehung Etting geht voran

21.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:44 Uhr
Die acht Spannbetonelemente sind je 22 Meter lang und wiegen 70 Tonnen. −Foto: Cornelia Hammer

Ingolstadt (DK) Mit einem 500-Tonnen-Kran wurden in der Nacht auf Sonntag im Nordwesten des Audi-Werks die ersten Betonfertigteile für eine Brücke über die Bahnstrecke nach Treuchtlingen eingehoben. Die Arbeiten erfolgten nachts, weil dafür die Oberleitung der Gleise abgeschaltet werden musste.

Nein, man möchte dann doch nicht unbedingt darunter stehen, wenn so ein 22 Meter langes und  70 Tonnen schweres   Spannbetonelement nur an zwei dicken Stahlseilen am Haken des mächtigen Krans baumelt.  Acht Stück braucht es, bis der nächtliche Brückenschlag über die Bahngleise geschafft ist. Wenn alles zügig vorangeht, wollen die  15 Männer um Bauingenieur Stefan Gebendorfer noch in der Nacht auf Sonntag alle Teile auf die bereits vorgefertigten Widerlager setzen. „Die Nacht auf Montag ist dann Reserve“, sagt der 29-Jährige. Doch so wie es ausschaut, dürfte der Brückenschlag über die Bahngleise im Nordwesten des Audi-Geländes, vielleicht  100 Meter nördlich des künftigen Bahnhalts, noch in dieser Nacht gelingen.

 
Es ist 23 Uhr, als der eigentliche Einhub beginnt. Die gesamte Szenerie unmittelbar neben der Behelfsbrücke ist an den entscheidenden Stellen taghell erleuchtet. Mehrere Lkw haben die Betonfertigteile aus Passau nach Ingolstadt transportiert und stehen mit laufendem Motor parat. Sogar ein paar Zuschauer haben sich eingefunden, die das nächtliche Schauspiel bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt verfolgen. In der Dimension sieht man das wahrlich nicht alle Tage. „Ich warte jetzt nur noch auf das Go des Fahrleiters der Bahn“, sagt Gebendorfer, „dann kann es losgehen.“ Anspannung? Nervosität? „Das ist nichts Besonderes, wir haben das schon ein paar Mal gemacht. Außerdem ist der Polier ein sehr erfahrener Mann“, sagt Gebendorfer: „Entscheidend ist die Planung.“ So wurde im Vorfeld ein Traggerüst errichtet, wo die Betonteile draufgelegt werden. Anschließend werden Brückenteile verschweißt und verkeilt, damit sie richtig fest sitzen. 

Und dann geht auf einmal alles überraschend schnell. Der Fahrleiter hat die Oberleitung abgeschaltet, bis 5 Uhr verkehren   keine Züge mehr. Das ist das Zeitfenster für die Mannschaft. Das 70-Tonnen-Betonfertigteil schwebt nur an zwei Seilen über den von einem Generator betriebenen Lichtmasten und die Absturzsicherung, die später wieder entfernt wird. Die ganze Aktion geht nahezu lautlos vor sich. Jeder weiß, was zu tun ist, jeder Handgriff sitzt. Ein Mann kommuniziert per Funkgerät mit dem Baggerführer, einer hat das Führungsseil fest in der Hand und wandert mit dem Betonteil mit. „Das ist wichtig, damit sich das Element nicht in der Luft dreht“, erklärt einer der Fachleute. 

Sobald das Brückenelement über  dem Bahngleis schwebt, beginnt das Ablassen. Sogenannte Einweiser helfen dem Kranführer, die 22 Meter  langen Elemente  zu bugsieren – innerhalb der Toleranzgrenze von zwei Zentimetern! Ein-, zweimal muss das 70-Tonnen-Teil noch etwas angehoben und korrigiert werden, dann sitzt es perfekt auf den Widerlagern. Und der nächste Lkw steht schon innerhalb der Auslegerposition des Krans, das zweite Brückenteil wartet auf seinen Einhub. 

 Am Dienstag sollen in der Verlängerung, dann  über einem künftigen Weg zum  Audi-Bahnhalt, weitere acht Brückenteile auf die Widerlager gesetzt werden. Eine Bahnsperre ist nicht nötig, auch der Verkehr kann ungehindert fließen. Die neue Brücke liegt neben der  Behelfsbrücke und ist Teil des vierspurigen Ausbaus der Ostumgehung Etting. Bis alle Anschlüsse fertig sind und sie für Fahrzeuge zur Verfügung steht, wird es aber noch eine Zeit dauern. 
 

Bernhard Pehl