Ingolstadt
Vom Flüchtling zur Fachkraft

Neues Förderprogramm: Junge Männer mit Migrationshintergrund lassen sich zu Metallarbeitern und Lageristen ausbilden

05.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:39 Uhr
Ramazan Yanan (l.) hat seine Chance ergriffen: Er lässt sich beim bfz zusammen mit sieben anderen Männern zur Fachkraft für Metalltechnik qualifizieren. Weitere acht Teilnehmer befinden sich in der Qualifizierung zum Fachlageristen. −Foto: Foto: Brandl

Ingolstadt (DK) Ramazan Yanan feilt buchstäblich an seiner Zukunft.

Dafür braucht der 30-jährige Türke neben dem entsprechenden Werkzeug eine große Portion Ehrgeiz und die Chance zum beruflichen Weiterkommen. Die wird ihm derzeit im Rahmen der Arbeitgeberinitiative Teilqualifizierung plus geboten.

Ramazan ist einer von 16 Teilnehmern mit Flucht- und Migrationshintergrund, die sich seit Anfang Juni in den Räumen des Beruflichen Fortbildungszentrums der Bayerischen Wirtschaft (bfz) in Ingolstadt in einer geförderten Qualifizierungsmaßnahme für die Berufe Fachkraft für Metalltechnik und Fachlagerist befinden. "Ich habe in der Türkei als Schweißerhelfer gearbeitet, die Arbeit mit Metall macht mir Spaß", sagt er im Gespräch mit dem DK. Vor sechs Jahren sei er nach Deutschland gekommen und habe eine Arbeit als Schweißer aufnehmen wollen. "Das ging aber nicht", erzählt er. Statt dessen landet er in einem Döner-Grill als Aushilfe. Jetzt darf er seinen Wunschberuf erlernen und hat sogar schon ein Praktikum absolviert, wie er berichtet. "In der Türkei wäre das alles nicht möglich gewesen. " Dass die Region Leute wie ihn dringend benötigt, weil Fachkräfte fehlen, sei ihm dabei gar nicht recht bewusst, räumt er ein.

Einen Beitrag zur Behebung des Fachkräftemangels zu leisten, sei ein Aspekt der Maßnahme, hieß es jetzt bei der Vorstellung des Projekts, an dem das Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft (bbw) als Qualifizierungspartner, deren Tochter, der Personaldienstleister procedo als Arbeitgeber (die Teilnehmer erhalten während der gesamten Maßnahme feste Arbeitsverträge) sowie die Agentur für Arbeit und das Jobcenter Ingolstadt als Förderpartner mitwirken. "Ziel ist es darüber hinaus, Geringqualifizierte und Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt einzugliedern", erklärt Josef Weingärtner, Geschäftsführer von procedo. Entstanden sei das Projekt als Ergebnis aus Gesprächen, die Verbände aus Industrie und Handwerk nach Beginn der Flüchtlingswelle mit dem bbw geführt hätten. Das Modul umfasse im ersten Schritt die Feststellung der Grundkompetenzen wie Sprachkenntnisse, Lesen, Schreiben, Rechnen, um dann im zweiten Schritt, der Teilqualifizierung, Baustein für Baustein auf den Abschluss als Facharbeiter vorzubereiten. Die Dauer betrage zwischen fünf und sechs Monaten.

"Das Modell hat gut eingeschlagen", sagt bfz-Koordinatorin Magdalena Rudzinska-Lang. Bislang hätten bayernweit an 16 Standorten 274 Teilnehmer das Modul Grundkompetenzen durchlaufen. Davon seien 177 Teilnehmer in die Teilqualifizierung übergegangen. 50 Prozent davon seien anerkannte Flüchtlinge. Weibliche Teilnehmer gebe es derzeit in Ingolstadt nicht, obwohl das Angebot auch Berufssparten wie Einzelhandel und Büro vorsieht. Ein Grund hierfür liege im größeren Anteil männlicher Flüchtlinge, hieß es bei der Präsentation. Die aktuellen Teilnehmer stammen aus Herkunftsländern wie Eritrea, Syrien, Iran, Polen und Italien. Unter ihnen befindet sich auch der 27-jährige Jaber aus Somalia, der sich zur Fachkraft für Metalltechnik qualifizieren lässt. "Deutschland ist ein Land mit vielen Chancen", sagt er optimistisch, während er in der Übungswerkstatt an einem Metallteil feilt - und gleichzeitig an seiner Zukunft.

Michael Brandl