Manching
Als die Amerikaner kamen, zogen SS-Leute ab

Heute vor 75 Jahren begrüßten die Manchinger, meist zaghaft, das anrückende III. Korps der US-Army

28.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:27 Uhr
B-24 Bomber legten kurz vor Kriegsende am 27. April 1945 den Fliegerhorst in Manching in Schutt und Asche. −Foto: Archiv Schmidtner

Manching - Wie ein Lauffeuer durch Manching ging am Sonntag, 29. April 1945, eine Nachricht: Die Amerikaner kommen.

Das III. Korps der US-Army rückte auf Manching vor.

Bereits am Freitag, 27. April 1945, setzten die 86. US-Infanterie-Division unterhalb Ingolstadt und die 45. US Infanterie-Division in Neuburg ohne nennenswerten Widerstand über die Donau und rückten nach Süden - also auch nach Manching - vor, um den Militärflugplatz zu besetzen. Am 27. April um 5 Uhr morgens war der Manchinger Fliegerhorst von einem englischen Bomberverband bombardiert und schwer beschädigt worden.

Als die US- Truppen in Sichtweite zu Manching vorgedrungen waren, rollten einige beherzte Bürger zum Zeichen einer kampflosen Übergabe von Kirchturm die weiße Fahne aus. Plötzlich stockte den Männern die auf dem Kirchturm waren, das Blut in den Adern, denn kaum hatten sie das weiße Tuch ausgerollt, zogen mehrere SS-Leute und Angehörige der deutschen Wehrmacht über die Paarbrücke Richtung Geisenfeld. Es waren laut den Aufzeichnungen versprengte Truppenteile der SS-Kampfgruppe "Dirnagel" und Teile der 352. Volksgrenadierdivision. Hätten die abrückenden deutschen Truppen gesehen, dass weiße Fahnen geschwenkt wurden - wer weiß, was mit den Manchingern passiert wäre. Bevor die deutschen Kampftruppen Manching verließen, brachten diese noch Sprengsätze an der Paarbrücke an, einige Bürger verwickelten die Soldaten in eine Diskussion, sie sollten doch die Sprengung der Brücke unterlassen, denn es habe doch eh keinen Sinn mehr. Unbeirrt spannten die SS-Leute die Zündschnüre bis zur Kirche. Ein einziger Bürger fasste allen Mut zusammen und durchtrennte heimlich einen wesentlichen Teil der Zündanlage. So wurde die Brücke nur auf der Rathausseite beschädigt.

Gegen 12. 30 Uhr war es dann so weit: Die ersten Panzer rollten langsam von Niederstimm kommend über die Ingolstädter Straße und von der alten Kriegsstraße (heute Nordumgehung) über die Niederfelder Straße in Manching ein. Den Panzern folgten schwer bewaffnete US- Infanteristen, die die Straßen sicherten. Vor dem Gasthaus Riesenwirt ging ein Panzer in Stellung und sicherte die Paarbrücke, während Jeeps, Lkw und schweres Kriegsgerät über die zum Teil beschädigte Brücke Richtung Fliegerhorst transportiert wurde. Der Flugplatz war den US-Truppen bestens bekannt durch Luftaufnahmen, die von englischen Spionageflugzeugen am 1. Oktober 1942 aus 9000 Meter gemacht hatten. Der damalige Pfarrer Otto Frey ging den Amerikanern in der Niederfelder Straße entgegen und bat diese, aus dem Vorwerk, das als Gefangenenlager diente, die Einsitzenden so schnell wie möglich zu befreien.

Anfangs war die Angst vor den Amerikanern bei der Manchinger Bevölkerung sehr groß. Viele Bauern versteckten Lebensmittel in der Scheune , um diese vor den Zugriff der Besatzungssoldaten zu sichern. Andere Bürger blieben tagelang in ihren Häusern, wieder andere mussten ihre Häuser verlassen, da sich US-Soldaten einquartierten. Den ersten Kontakt stellten dann die Kinder her, die von den Soldaten Schokolade, Bonbons und Kaugummi bekamen.

DK