Pförring
"Für Pförring ist das eine stolze Zahl"

Bürgermeister Bernhard Sammiller über seine Erwartungen zur 700-Jahr-Feier

14.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:14 Uhr
Seit 22 Jahren leitet Bernhard Sammiller die Geschicke der Marktgemeinde Pförring. Dass dort nun die 700-Jahr-Feier ansteht, ist für den engagierten Rathauschef ein großes Ereignis. −Foto: Foto: Stephan

Pförring (DK) Am 11. Januar 1318 verlieh König Ludwig der Bayer Pförring das Marktrecht.

Diesen laut Bürgermeister Bernhard Sammiller "emanzipatorischen Akt hin zu einer selbstbestimmten Bürgergemeinde" feiert Pförring nach rund anderthalb Jahren Vorbereitung nun von Freitag bis Sonntag, 22. bis 24. Juni, mit einem großen Festwochenende. Im Vorfeld hat der Rathauschef mit unserer Zeitung darüber gesprochen, was Pförring einzigartig macht - und welche Erwartungen er mit der Feier verbindet.

Herr Sammiller, wenn Sie eine Zeitreise unternehmen könnten: Würden Sie ins Jahr 1318 reisen, um sehen zu können, wie die Pförringer damals gelebt haben?

Bernhard Sammiller: Das wäre sicherlich ganz spannend. Ich denke, dass das auch sehr bewegte Zeiten waren. Ich bin überzeugt, dass auch damals ganz strebsame und arbeitsame Menschen hier wirkten. Die ihre Heimat und ihre Zukunft gestalten wollten, die ihr Leben in dieser Landschaft, in der wir leben dürfen, genossen haben, die gelitten haben. Es wäre außerdem spannend, was die politische Situation angeht. Denn der Bürgermeister hatte damals auch einen Sitz im Landtag. Es würde mich interessieren, welche Aufgaben und Pflichten, welche Stellung ein Bürgermeister in der damaligen Marktgemeinde Pförring hatte.

Sie feiern heuer das 700-jährige Marktrecht. Was bedeutet das für die Gemeinde Pförring?

Sammiller: Für den Markt Pförring bedeutet das eine stolze Zahl. 700 Jahre sind wir ein eigenständiger Ort, haben wir unsere Bürgerfreiheiten, uns weiterentwickelt. Das Fest trägt dazu bei, dass die Menschen sich wieder bewusst machen, welche Historie mit dem Ort verbunden ist. Dass man sich wieder mit der Geschichte auseinandersetzt, vielleicht auch über die 700 Jahre hinaus. Im Zuge des Fests wird die Römerzeit dargestellt, aber auch viele andere Epochen. Es ist nie schlecht, wenn man sich mit seinen Wurzeln beschäftigt. Das passiert momentan intensiv, das empfinde ich als wahnsinnig positiv. Auch das Engagement, das jetzt von der Bevölkerung ausgeht, um dieses Fest zu gestalten. Von den Kindergartenkindern bis hin zu den Senioren machen alle mit, das ist eine tolle Geschichte.

In einer Ankündigung sprechen Sie die kulturellen Wurzeln an. Welche Rolle spielen diese?

Sammiller: Wir haben heute zum Beispiel noch viele Wörter in unserem Sprachgebrauch, die aus der Römerzeit kommen. "Semmel" ist nichts anderes als ein überliefertes Wort aus der Römerzeit. Die Römer haben außerdem den Wein zu uns gebracht. Es gibt heute noch die Flurbezeichnung "Weinberg". Da ist also Wein angebaut worden. Kulturelle Einflüsse kommen auch aus der Völkerwanderungszeit. Das versucht man mit dem Fund der Anna (bei Grabungen entdeckte Gebeine einer Frau in einem Kammergrab von etwa 450 nach Christus, Anm. d. Red. ) herauszuarbeiten. Welche Symbole bringt die Frau mit, wo kommt sie her, was sind ihre Wurzeln, was hat sich mit der Völkerwanderung verändert? Man geht davon aus, dass dieses Grab eines der ältesten, wenn nicht das älteste bayerische christliche Grab ist. Wir haben also auch eine wahnsinnig lange abendländische, christliche Kultur hier. Es gibt so viele kulturelle Einflüsse, was Leben, was Glauben, was Gestaltung und Bildung angeht, alles hat uns geprägt. Und das muss man sich mal in Erinnerung rufen.

Sie wünschen sich, dass am Festwochenende die Einzigartigkeit der Gemeinde gefeiert wird. Was macht Pförring einzigartig?

Sammiller: Einmal unser schöner, historischer Ortskern. Und die Menschen, die hier leben, die das Ganze mit viel Schweiß und viel Energie geschafft haben, machen Pförring einzigartig. Dieser Zusammenhalt, damit wir das Fest gemeinsam feiern können, ist einzigartig. Und natürlich unsere Landschaft. Unsere Böden sind sehr hochwertig, was den Ertrag in der Landwirtschaft anbelangt. Wir leben aber auch im Donautal, das von der Natur her unglaublich reichhaltig ist. Ich denke, wir sind in einer tollen Landschaft eingebettet.

Als Festredner konnten Sie den Historiker und Journalisten Gerald Huber gewinnen. Er spricht zum Thema "GemeinschaftsGeist - ein Lob der Heimat". Weiß er um den Gemeinschaftssinn in Pförring, den Sie so schätzen?

Sammiller: Die Idee kommt von Herrn Huber. Er hat das Thema festgelegt. Wir sind dankbar, dass er uns die Zeit schenkt, weil er sich intensiv damit auseinandersetzt. Er hat ja mal in Oberhartheim gewohnt, war Korrespondent in Ingolstadt, und da haben wir viele Dinge wie Vorträge mit ihm gemacht. Er ist auch ein großer Mundartkenner. Deshalb haben wir gesagt, wir machen mal eine Ausnahme und keinen wissenschaftlichen Vortrag oder den eines renommierten Politikers. Wir wollten jemanden, der sich mit diesem Thema auseinandersetzt.

Das Programm am Festwochenende ist sehr umfangreich. Wie laufen die Vorbereitungen?

Sammiller: Wir versuchen, alles so perfekt wie möglich zu machen. Die Vereine sind hochengagiert. Ein kleines Beispiel: Sie bauen das Schloss Wackerstein nach, das wird im Ungergarten aufgestellt. Sie bauen seit Wochen und Monaten daran. Ich finde das faszinierend. Die Muttis der Kindergärten haben historische Kleider für die Kinder genäht, die beim Festzug mitgehen. Es ist wunderschön, das zu sehen.

Gibt es noch eine Unbekannte?

Sammiller: Wir sind auf Gedeih und Verderb dem Wetter ausgeliefert. Wir können schlecht den ganzen Marktplatz überdachen. Ich bete darum, dass wir gutes Wetter geschenkt bekommen. Denn: Der Festzug zum Beispiel wird von unseren Bürgern gemacht. Wir hatten Angebote verschiedener Mittelaltergruppen, die ein Lager organisiert hätten, oder von Zeitgruppen, die meinetwegen den Einmarsch der Amerikaner dargestellt hätten. Wir haben aber bewusst keine fremden Institutionen eingeladen, sondern wir wollten alles von unseren Bürgern und mit unseren Bürgern feiern. Das war das Ziel. Wir hoffen, dass es ein Erlebnis für alle wird, auch für unsere Nachbargemeinden, und dass man sich noch lange an das Fest erinnert.

Auf welchen Programmpunkt freuen Sie sich am meisten?

Sammiller: Ich freue mich am meisten auf den Samstag und den Sonntag, weil die Pförringer Vereine den Erlebnistag Handwerk und Zünfte auf die Beine stellen und der Festzug alle Epochen durch darstellen wird. Ich denke, das ist ein großes Highlight.

Eine 700-Jahr-Feier ist ein Anlass, auch mal wieder in die Zukunft zu blicken. Was sind die nächsten Herausforderungen in Pförring?

Sammiller: Einmal, dass wir unseren Schulstandort halten können, das ist mir persönlich ganz wichtig. Und dass wir entsprechend unseren Baulandausweisungen die nötige Anzahl an Kindergarten- und Krippenplätzen zur Verfügung stellen können. Das andere ist die wirtschaftliche Entwicklung. Dass wir Gewerbegebiete ansiedeln oder zumindest unsere heimischen Betriebe halten können. Das Dritte ist, dass wir unseren Lebensraum erhalten können. Was in der Zukunft auch noch schön wäre: wenn man den einen oder anderen kulturellen Akzent setzen könnte. Das heißt für mich, Kunst- und Musikveranstaltungen zu organisieren, dass man unsere Märkte weiterentwickelt. Im Hinblick auf die Vorträge, die wir jetzt immer wieder veranstaltet haben, könnte man einen Heimat- oder Geschichtsverein gründen, wie es in anderen Orten der Fall ist. Das sind Dinge, an denen man arbeiten muss, dass es den Menschen gut geht.

Wenn wir schon bei den Menschen sind: Möchten Sie den Pförringern etwas mit auf den Weg geben?

Sammiller: Dass sie aus der reichhaltigen Geschichte der Gemeinde lernen. Dass sie mitnehmen, dass ein Markt Pförring stark ist, wenn man zusammenhält. Dass man so unwahrscheinlich viel bewegen kann. Etwas, das auch ich aus der Geschichte mitnehme: Wir haben jetzt das längste Stück Frieden in Pförring erleben dürfen. Wenn man zurück geht, dann ist Pförring immer wieder in irgendeiner Art belagert oder in kriegerische Dinge hineingezogen worden. Oft sind Truppen durchmarschiert, die Not und Elend über den Ort gebracht haben. Aber es hat sich gezeigt, dass die Menschen immer wieder aufgestanden sind und weitergemacht haben. Und wenn dieser Zusammenhalt durch das Fest bekräftigt wird, sodass die Menschen sagen: Gemeinsam können wir viel schaffen. Dann wäre das ein tolles Ergebnis der 700-Jahr-Feier.

Das Gespräch führte Tanja Stephan.