Ingolstadt
60 Fans im 60-Film

Auf Anregung von Anhängern: Hubert Pöllmann zeigt sein Werk über die Münchner Löwen im Union-Kino

19.01.2020 | Stand 23.09.2023, 10:06 Uhr
"60 ist kein Verein, sondern ein Glaube": Regisseur Hubert Pöllmann (vorne mit Käppi) zeigt am Sonntagvormittag seinen Film "Ein Leben ohne 60 ist möglich, aber wozu?" im Union-Kino in Ingolstadt vor rund 60 Zuschauern. −Foto: Eberl

Ingolstadt - Einen derart großen Ansturm erlebt das Union-Kino an einem Sonntagvormittag vermutlich selten: Zufällig rund 60 Fans des TSV 1860 München haben sich Hubert Pöllmanns Film "Ein Leben ohne 60 ist möglich, aber wozu?" angesehen.

Zwei Frauen suchen den Eingang in den richtigen Kinosaal. Sie haben sich allerdings nicht Karten für den Löwen-Film, sondern für "Nur die Füße tun mir leid" über den Jakobsweg gekauft. "Das ist auch ein Leidensweg, aber auf dem Jakobsweg geht er irgendwann zu Ende, bei uns nicht", ruft da ein Mann. Die versammelte Mannschaft nimmt's mit Humor und lacht laut. Als echte Löwen-Anhänger müssen sie insbesondere seit dem Doppelabstieg bis in die Regionalliga schließlich wissen, was Leidensfähigkeit heißt.

Josef Michel ist extra aus München gekommen, um auf Einladung eines Freunds ins Ingolstädter Kino zu gehen. Warum? Ganz einfach: "Ich bin 1860-Fan, und zwar schon immer." Er kommentiert seine Erwartungen an den Film mit der Situation im Verein. "Von der Mannschaft her ist alles prima, aber von der Vereinsseite her gibt es Uneinigkeit an der Spitze, und das ist nicht gut." Allerdings gebe es Anzeichen, dass mit Gesprächen zwischen den Verantwortlichen und dem Investor Hasan Ismaik allmählich die richtige Richtung eingeschlagen werde. Unter diesen ist in den vergangenen Jahren ein heftiger Machtkampf zugange gewesen, was die Fans durchaus in zwei Lager spaltet, wie eine Anhängerin bedauert.

Die von Michel angesprochenen Differenzen werden auch im Film thematisiert: Die beiden Löwenfans Jogi und Hubsi (Letzterer ist gleichzeitig Regisseur des Films) sind nach dem Doppelabstieg des TSV 1860 München äußerst niedergeschlagen. Sie überlegen, was sie tun können, damit es "ihrem" Verein wieder besser geht. Bei ihren Bemühungen stoßen sie auf einiges, was ihrer Meinung nach zu dem Niedergang des Klubs geführt hat.

Dass sich mit Jogi und Hubsi zwei Fans um den Erfolg der Sechzger bemühen, ist bezeichnend für den Film: "Ich habe gelernt, dass es besser ist, wenn Fans sich untereinander organisieren", sagt Hubert Pöllmann, der sein Werk auf Anregung von Anhängern der Löwen nach Ingolstadt gebracht hat - wie es in so vielen anderen Städten bereits der Fall war. "Der Film ist seit November 2018 in den Kinos", berichtet Pöllmann stolz. Er könne sich dabei auf Mundpropaganda verlassen. "Der Film wird komplett von den Fanklubs getragen." Mit einem Teil des Erlöses werde das Nachwuchsleistungszentrum des Traditionsvereins unterstützt.

Die Resonanz auf den Film beschreibt Pöllmann als "überragend". Reaktionen habe er nicht nur von Fans, sondern auch vom Verein in Form eines Dankesbriefs erhalten - obwohl sein Werk laut dem Regisseur durchaus "distanziert kritisch" ist. Wichtig war dem gebürtigen Kelheimer bei der Produktion, dass die Zuschauer das Gefühl haben, mitgenommen zu werden. "Selbst als es um den Doppelabstieg geht, muss das Gefühl transportiert werden, dass es immer weiter geht." Wie Michel hat auch Pöllmann - seit 40 Jahren Löwen-Fan - den Eindruck, "jetzt ändert sich was, die Konfrontation löst sich auf".

Die im Union anwesenden Fans, von denen viele mit Löwen-Trikot oder -Schal angereist sind, bestätigen diese Beobachtung. Eine Frau ist der Meinung, bei den Löwen müsse das Gemeinschaftsgefühl wieder gestärkt werden, um zurück auf die Erfolgsspur zu kommen. Ihr Wunsch: die Rückkehr in die erste Bundesliga, auch wenn dies eine Utopie sei: "Das Grünwalder Stadion ist dafür viel zu klein."

Ein bisschen Zeit würde bis zu diesem hehren Ziel wohl sowieso noch vergehen: Die Löwen haben sich zuletzt mit einigen Siegen erst einmal auf den aktuell zehnten Platz in der dritten Liga hochgespielt. "Die Situation könnte schlechter sein", meint dazu Edi Hoffmann, der einst in München tätig war und seit 70 Jahren glühender Löwen-Fan ist. "Wir sind an einem Punkt, auf dem wir aufbauen können."

DK


 

Tanja Stephan