Vohburg
137 Jahre gebundene Geschichte

Das erste Vohburger Standesamtsbuch stammt von 1876 - Bald Schutz im neuen Tresor

03.08.2020 | Stand 23.09.2023, 13:18 Uhr
Standesamt-Leiter Max Kelbel (links) zeigt alte Standesamtbücher. Zurzeit lagern die alten Aufzeichnungen in einem feuerfesten Schrank (rechts oben). Die älteste Urkunde stammt vom 10. Januar 1876 (rechts unten). Die Sütterlin-Schrift kann heute kaum noch einer lesen. Kelbel kann es natürlich. −Foto: Konze

Vohburg - Es war nur eine eher kleine Notiz in der jüngsten Vohburger Stadtratssitzung, aber eine wichtige: Das Standesamt braucht (und bekommt) einen neuen Tresor.

Besser gesagt, einen feuerfesten Stahlschrank, der Flammen und Hitze mindestens eine Stunde trotzt. "Unser aktueller Tresor wurde beanstandet", sagt Max Kelbel, Leiter des Standesamts. "Er erfüllt die Norm nicht mehr. "

Also wird der 800-Kilo-Koloss demnächst ausgemustert. Und zwar, wenn das derzeitige Standesamt in den Rathaus-Neubau (ehemals Alte Post) zieht. Läuft alles nach Plan, könnte der Umzug laut Geschäftsleiter Andreas Amann im Oktober stattfinden.

Was ist denn nun so wertvoll, dass es gleich besonders gesichert werden muss? "Unsere Standesamtbücher", sagt Kelbel. Das bedeutet: Geburten-, Heirats- und Sterbebücher. Säuberlich gebunden und chronologisch sortiert. Alles Originale. "Seit 2009 gibt es ein elektronisches Register", erzählt der Vohburger Amstleiter. "Wir haben aber bis einschließlich 2013 die Unterlagern auch noch ausgedruckt gesammelt. " Kelbel findet es schade, dass es keine weiteren Bücher mehr gibt: "Die waren und sind echt gut. Jetzt lagert dieser Teil der Vohburger Geschichte nur noch in einer Datenbank. " Kelbel, seit 1987 Standesbeamter, fragt: "Was machen wir, wenn das Internet nicht geht? " Nachblättern funktioniert nicht mehr.

Somit lagern an der Donaustraße 137 Jahre Vohburger Geschichte, schwarz auf weiß (teils etwas vergilbt), anfangs in Sütterlin und mit Tinte handschriftlich zu Papier gebracht. Vor 1876 waren diese Aufzeichnungen nicht möglich: Bis dahin gab es laut Kelbel noch kein Standesamt in Vohburg. Deren Daten vor 1876 hat die Katholische Kirche aufgezeichnet, die Daten lagern heute im Bischöflichen Ordinariat. Nur im Vohburger Ortsteil Irsching wollte man schon vor 1876 die Daten parallel auch sammeln. Hier wurden die Informationen laut Kelbel abgeschrieben und aufgehoben.

Die Bücher sind aber nicht nur Staubfänger. Kelbel erzählt: "Es kommen immer wieder Vohburger, die Ahnenforschung betreiben. " Da gibt es viele Fragen zur Historie der eigenen Familie, Fragen, die nur noch die bis zu 144 Jahre alten Bücher beantworten können. "Zuletzt wollte jemand wissen, wieviele Geschwister einst da waren. Wir haben rausgefunden, dass es 15 gewesen waren. " Kelbel oder seine Kollegin Julia Schabenberger geben die wertvollen und geschichtsträchtigen Bücher aber nicht aus der Hand: "Da lassen wir keinen reinschauen. " Die nachträglich eingefügten handschriftlichen Notizen auf den Urkunden, von Kelbel als "Randbemerkungen" bezeichnet, geben so manches Geheimnis preis. Denn in den verschiedenen Büchern wurde zum Beispiel auch notiert, ob Kinder adoptiert wurden, ob es uneheliche Kinder gibt oder ob der Vater "nur" ein Stiefvater ist. "Da lässt sich die Geschichte eines Menschen gut nachvollziehen", sagt Kelbel. Und wenn jemand etwas zu seiner Familie sucht? "Dann schlagen wir im alphabetischen Geburtsregister nach. Das gibt es auch seit 1876." Dort findet man dann vielleicht einen Hinweis, in welchem Buch Näheres zu finden ist.

Standardschrift 1876 war Sütterlin. Schaut schön aus ("Wenn nicht geschmiert wurde", so Kelbel), aber lesen kann es heute kaum noch jemand. Aber Kelbel. "Das habe ich mir angeeignet. " Er gibt zu, dass er sich bei Unklarheiten leicht tut, weil die Urkunden alle dem gleichen Muster folgen. "Ich weiß ja, was drinstehen muss. Da kann ich schon mal einen Buchstaben, bei dem ich mir nicht sicher bin, mit einem aus einem Eintrag davor oder danach vergleichen. "

Sprung in die Neuzeit: Corona hat das Heiraten nicht einfacher gemacht, sagt Kelbel, der schon rund 800 Trauungen durchgeführt hat. "Die Außentrauungen auf dem Burgberg lassen uns mehr Spielraum. Da sind derzeit 30 bis 40 Sitzplätze möglich. " Doch danach, wenn die Hochzeitsgesellschaft weiterfeiert? Kelbel vermutet, dass es dann mit dem Mindestabstand nicht mehr so weit her ist, wenn viele Menschen zusammen feiern.

Trotz Corona und der eingeschränkten Möglichkeiten sind, so Kelbel, keine Einbrüche bei den Zahlen zu verzeichnen. 2018 waren es 67 Hochzeiten, 2019 60. Heuer - "Wir hinken ein kleines bisschen hinterher. " - sind es bislang 28. 17 Trauungen davon fanden auf dem Burgberg statt.

DK

Oliver Konze