Allersberg
Polizei sucht ICE-Trasse ab

Strecke für drei Stunden gesperrt

31.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:20 Uhr
Nach verdächtigen Gegenstände suchten rund 150 Polizisten. −Foto: Monika Meyer

Allersberg (HK) Mehr als 150 Polizistinnen und Polizisten haben gestern bei Allersberg die ICE-Trasse samt Böschung nach verdächtigen Gegenständen durchkämmt. Dafür wurde der Zugverkehr von 10.30 bis nach 13 Uhr eingestellt. Die groß angelegte Suche war die Reaktion auf einen Anschlag auf einen ICE am 7. Oktober.

Die groß angelegte Suche war die Reaktion auf einen Anschlag auf einen ICE am 7. Oktober. Unbekannte hatten ein Stahlseil über die Gleise gespannt und wollten den Zug womöglich entgleisen lassen. Die Passagiere in dem Schnellzug kamen bei der Kollision allerdings glimpflich davon. Nur der Triebwagen wurde leicht beschädigt.

Vergangene Woche hatte es bereits mehrere Suchaktionen an der Strecke gegeben. Dabei waren neben den Resten des Stahlseils auch ein Drohbrief in arabischer Sprache aufgetaucht, der in Stücke zerfetzt an der Strecke lag. Und der klang einschüchternd: Auch wenn darin keine konkreten Ziele genannt worden waren, sei es doch um Drohungen im Zusammenhang mit dem Bahnverkehr gegangen. „Wir nehmen das sehr ernst“, erklärte Ludwig Waldinger, Pressesprecher des Landeskriminalamtes. „Nun haben wir uns für eine letzte Absuche des kompletten Abschnitts entschieden. Wir wollen sicher sein, alles gefunden zu haben.“

Um die Behinderungen für Zugreisende möglichst gering zu halten, nahmen gestern 150 Beamte die ICE-Trasse rund um Allersberg gleichzeitig unter die Lupe. Schulter an Schulter durchkämmten sie auf dem rund fünf Kilometer langen Teilstück bis etwa Höhe Harrlach nicht nur die Trasse selbst, sondern auch die dazugehörige Böschung – auf der Suche nach allem, was mit dem Anschlag in Verbindung stehen könnte. Dafür teilten sich die Polizisten in Suchtrupps auf, die von Spezialisten der Spurensicherung begleitet wurden.

Zu den sichergestellten Funden wollte sich Waldinger nicht äußern. Man müsse sie nun kriminaltechnisch untersuchen, unter anderem auf DNA-Spuren und Fingerabdrücke. Gleichzeitig müsse man die Beweismittel einordnen und bewerten. Aktuell werde in alle Richtungen ermittelt. Die nächsten Schritte würden nun stark von den Funden abhängen, sagte Waldinger.

Am 7. Oktober hatte der Lokführer des ICE 821 bei der Durchfahrt in der Nähe von Allersberg einen Schlag gehört. Da aber technisch alles in Ordnung war, fuhr er weiter. Am Endbahnhof in München stellte er fest, dass die Frontscheibe beschädigt war. Die Bundespolizei wurde über den Vorfall erst am 24. Oktober informiert. „Auch das ist nun Gegenstand der Ermittlungen“, so Waldinger.

Theoretisch könnte es genauso gut ein Terroranschlag mit islamistischem Hintergrund wie die Einzeltat eines Verrückten sein. Aber unabhängig vom Motiv handele es sich um eine schwere Straftat, wenn ein Stahlseil über die Bahngleise gespannt werde. „Dieser Verbrechenstatbestand wird mit einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.“ Die Polizei weitet ihre Nachforschungen auch auf die Passagiere aus, die am 7. Oktober im ICE 821 von Dortmund nach München saßen. „Wir wollen mit jedem Zuggast sprechen“, sagte Waldinger.

Die Polizei ist auch auf der Suche nach Zeugen, die etwas Verdächtiges beobachtet haben. Hinweise nehmen das bayerische Landeskriminalamt unter (0800)3000060 oder jede andere Polizeidienststelle entgegen. „Wir erhoffen uns Hinweise, das wäre ganz wichtig für uns“, unterstreicht Waldinger. Auch wer schon Wochen vor dem 7. Oktober verdächtige Personen, Fahrzeuge oder Handlungen an der Trasse beobachtet hat, soll sich bei der Polizei melden. „Dabei könnte es sich um Vorbereitungen dieser Tag gehandelt haben“, erklärte Waldinger. Bisher hätten sich nur wenige Zeugen gemeldet. „Aber vielleicht ist ihnen gar nicht bewusst, dass es sich um nützliche Hinweise handeln könnte.“

Nach Informationen unserer Zeitung waren mehrere Tausend Bahnreisende von der Sperrung betroffen. Bis zu 20 ICE-Züge über Augsburg beziehungsweise wurden über Treuchtlingen und Ingolstadt umgeleitet, ebenso die Regionalzüge des München-Nürnberg-Express. Die Fahrzeiten verlängerten sich um jeweils bis zu einer Stunde. Für die Reisenden in Allersberg und Kinding wurde laut Bahn ein Schienenersatzverkehr eingerichtet.