Allersberg
"Lügen" oder "Rufmord"

07.05.2020 | Stand 23.09.2023, 11:56 Uhr
Vom Marktrat schon 2018 beschlossen wurde die Ausweisung der Industriegebiete West I und II bei Altenfelden. Viel Streit um diese Flächen gibt es im Vorfeld des Bürgerentscheids am 17. Mai und ganz aktuell in einem Flyer der CSU. −Foto: Archiv

Gut eine Woche vor der Auszählung des Allersberger Bürgerentscheids am Sonntag, 17. Mai, sorgt ein weiteres Flugblatt für Wirbel in der Marktgemeinde: Der CSU-Ortsverband bezichtigt Bürgermeister Daniel Horndasch (Freie Wähler) darin, die Bevölkerung seit mehr als eineinhalb Jahren zu belügen, was die geplanten Gewerbeansiedlungen bei Altenfelden betrifft. Dem Flyer zufolge sei die Entscheidung längst für den Gewerbeflächenentwickler P3 Logistic Parks und auch schon für Amazon gefallen. Der CSU-Ortsvorsitzende Thomas Schönfeld bezieht sich auf einen "ernsthaften Interessenten", der im Rathaus abserviert worden sei. Bürgermeister Horndasch weist die Vorwürfe in aller Deutlichkeit zurück und erklärt erneut, dass es noch keinerlei Vorverträge für die Gebiete West I und II gebe. Außerdem liege die Entscheidungsgewalt - trotz aller üblichen Vorgespräche und Vorplanungen - beim Gemeinderat. Das neu gewählte Gremium trifft sich am kommenden Montag mit neuen Mehrheitsverhältnissen zur konstituierenden Sitzung. Die Atmosphäre ist jetzt schon vergiftet.

 

Diese Geschichte, von der Thomas Schönfeld in dem frisch verteilten CSU-Flyer erzählt, scheint voller Sprengkraft zu stecken. Denn nichts weniger als die Glaubwürdigkeit von Bürgermeister Daniel Horndasch wird darin in Zweifel gezogen.

Es geht konkret um "Lügen", "ungeheuerliche Vorgänge" und die "Verschleierung von bestehenden Vereinbarungen", wie Schönfeld schreibt. Bürgermeister Horndasch antwortete darauf am Donnerstag per Presseerklärung. Darin verurteilte er den CSU-Flyer als "Methode des Rufmords" und bezeichnete die Vorwürfe als "haltlos und in sich widersprüchlich".

Ausgelöst wurde der neue Ärger um die künftige Gewerbeentwicklung Allersbergs von einem Gespräch zwischen Schönfeld und dem Geschäftsführer eines Transportunternehmens, das sich offenbar aus dem Rennen um die zweifellos begehrten Gewerbeflächen bei Altenfelden gedrängt sieht. Seitdem steht für Schönfeld fest: "Die Entscheidung ist bereits für P3 Logistic Parks gefallen. Die gesamte Bevölkerung - inklusive der beiden Bürgerinitiativen - wurde seit 2018 belogen und unter Vorspiegelung falscher Tatsachen gegeneinander ausgespielt."

Der Bürgermeister stellt zu den Vorwürfen fest: "Eine Entscheidung für irgendeinen Käufer/Investor kann und wird ausschließlich dadurch fallen, dass der Gemeinderat und der Verwaltungsrat des Kommunalunternehmen s (KU) Allersberg notariellen Verträgen über den Verkauf beziehungsweise die Entwicklung von Flächen in West I oder in West II zustimmen oder solche beschließen. Das ist bis heute - wie allen Parteien und Gemeinderäten bekannt - nicht der Fall."

Bestätigt hat Horndasch in seiner Erklärung hingegen, dass es das von Schönfeld aufgegriffene Treffen am 12. September 2018 im Rathaus gegeben hat. Vertreten gewesen seien dabei das KU Allersberg, der Markt Allersberg, die Firma Altmann und die P3 Logistic Parks. Der Sinn des Gesprächs sei laut Horndasch gewesen, mit beiden Interessenten an einem Tisch auszuloten, "ob die Ansiedlungswünsche beider befriedigt werden könnten".

Die Darstellung des bisherigen stellvertretenden Bürgermeisters Thomas Schönfeld klingt da ganz anders: Demnach habe die Firma Altmann, ein großes Transportunternehmen aus Wolnzach (Landkreis Pfaffenhofen), schon im September 2018 - und damit nur wenige Wochen nach dem Aufstellungsbeschluss im Marktrat - seine Ansiedlung bei Altenfelden perfekt machen wollen. Aber anstatt die Einigung wie erhofft schriftlich fixieren zu können, sei die Transportfirma urplötzlich aus dem Rennen gewesen, wie der Geschäftsführer des Unternehmens, Alexander Henne, auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt. Anstatt die angepeilte Fläche bei Altenfelden kaufen zu können, habe man völlig unerwartet nur noch ein viel kleineres Areal zur Pacht angeboten bekommen. Und die Verhandlungen für diesen Grund habe im Allersberger Rathaus laut Henne plötzlich auch nicht mehr Bürgermeister Daniel Horndasch, sondern eine Delegation von P3 Logistic Parks geführt - also diejenige Firma, die schon zahlreiche Standorte für den US-Konzern Amazon entwickelt und die für ein solches Vorhaben in Allersberg auch schon eine eigene Firma gegründet hat.

Das Wolnzacher Transportunternehmen sei im Allersberger Rathaus regelrecht vorgeführt worden, legt Karl Scheuerlein, Chef der Unternehmerfabrik des Landkreises Roth, nach. Er selbst sei es gewesen, der einst den Kontakt zur Firma Altmann Fahrzeugtransporte hergestellt hatte. "Eine richtig erfolgreiche Firma, die hohe Gewerbesteuern an ihren Standorten zahlt", sagt Scheuerlein. Der ursprüngliche Plan bei Altmann sei ein Gemeinschaftsprojekt mit der Rother Spedition Heinloth in der Kreisstadt gewesen. Als sich diese Idee jedoch zerschlagen hatte, brachte Scheuerlein den Interessenten aus Wolnzach, der weltweit Fahrzeugtransporte für Automobilhersteller erledigt, mit dem Allersberger Bürgermeister zusammen.

Was sich die Firma Altmann für einen neuen Standort nahe der Autobahn bei Altenfelden konkret vorgestell hat, wird aus dem E-Mail-Verkehr zwischen der Firma und dem Allersberger Bürgermeister deutlich, der unserer Zeitung vorliegt. So geht es um einen "Lkw-Abstellplatz für Autotransporter mit Werkstatt, Lkw-Waschhalle und Betriebstankstelle", wie es in der Betreffzeile heißt.

Nicht zu übersehen ist in den E-Mails zwischen Horndasch und der Firma Altmann aber auch folgende Passage: "Ich würde es begrüßen, wenn wir zu diesem Termin noch einen weiteren Interessenten (Projektentwickler) dazu nehmen könnten, mit dem wir seit einiger Zeit in Verbindung stehen. Diesem geht es ebenfalls um den Erwerb größerer Flächen und es würde Sinn machen, miteinander zu reden."

Zumindest teilweise entkräftet wird damit das, was der CSU-Ortsvorsitzende in seinem Flyer als "ungeheuerlich" bezeichnete. Schönfeld zufolge seien die Firmenvertreter von Altmann völlig verblüfft gewesen, "dass weitere Personen an dem Gespräch teilnehmen werden", wie es im Flyer heißt. Geschäftsführer Henne hatte es im Gespräch mit unserer Zeitung noch drastischer ausgedrückt: "Wir haben eine Delegation von P3 Logistic Parks vor die Nase gesetzt bekommen."

Bürgermeister Horndasch holt nun zum Gegenschlag aus: "Wir behalten uns rechtliche Schritte gegen den Verfasser im Sinne des Presserechts ausdrücklich vor und werden diese prüfen", heißt es in der Pressemitteilung. "Es scheint für den bisherigen 2. Bürgermeister offenkundig nicht akzeptabel zu sein, dass ein neuer Gemeinderat Beschlüsse oder Entscheidungen treffen könnte, die nicht den Wünschen von Herrn Schönfeld entsprechen."

Doch daran werde sich die Allersberger CSU um Thomas Schönfeld gewöhnen müssen. Wenn sich der Allersberger Marktgemeinderat am kommenden Montag zur konstituierenden Sitzung trifft, ist die CSU erstmals überhaupt nicht mehr die maßgebliche Kraft. Zusammen mit der Stimme von Bürgermeister Horndasch haben die Freien Wähler und das Allersberger Bürger-Forum - beide unterstützen die größtmögliche Gewerbeentwicklung bei Altenfelden - künftig die Mehrheit.

HK

 

Jochen Münch