Hilpoltstein
Hilpoltsteiner ist Joe Bidens höchster Wahlkämpfer in Nordbayern

Wayne Lempke führt die neugegründete Sektion der "Democrats Abroad Germany" an

30.10.2020 | Stand 02.12.2020, 10:14 Uhr
Bleibt Donald Trump im Amt oder wird Joe Biden der neue US-Präsident: Dem Wahltag am kommenden Dienstag blickt auch der Hilpoltsteiner Wayne Lempke (kleines Foto unten) mit großer Spannung entgegen. −Foto: Chiu, dpa/Kutzner

Hilpoltstein - Donald Trump oder Joe Biden: Der Präsidentschaftswahl am Dienstag in den USA fiebert ein Hilpoltsteiner aus einem besonders guten Grund entgegen.

 

Wayne Lempke, der vielen als Chorleiter des Vokalensembles Hilpoltstein bekannt ist, gehört nämlich zum Wahlkampfteam der in Deutschland lebenden US-Demokraten, die sich "Democrats Abroad Germany" (DAG) nennen und die einen enormen Zustrom in diesem Jahr erlebten.

"Wir haben Jahrzehnte gebraucht, um auf 10000 zu kommen. Von Januar bis Juni aber sind pro Monat deutschlandweit 1000 hinzugekommen", schildert Wayne Lempke die Entwicklung seines Verbands in jüngster Vergangenheit. Der 51-Jährige, der im US-Bundesstaat Wisconsin geboren wurde, ist Chef der DAG-Sektion in Nord- und Mittelbayern. In ganz Deutschland zählt der Ableger der Demokratischen Partei, die Joe Biden ins Amt bringen will, gegenwärtig rund 16000 Mitglieder.

Die Hauptaufgabe der DAG-Sektion ist es wie bei allen weltweiten Ablegern der US-Demokraten, dafür zu sorgen, dass US-Bürger überhaupt an den Wahlen in ihrem Heimatland teilnehmen. Eine Mobilisierung, die vor dieser US-Präsidentschaftswahl aus Sicht der Demokraten besondere Bedeutung hat. "Noch mal vier Jahre Trump, dann sehe ich schwarz für die USA", sagt Lempke, der seit 30 Jahren in Deutschland lebt und die Demokratie in seinem Heimatland für gefährdet hält. "Dagegen müssen wir aufstehen und Nein sagen", beschreibt Lempke den Antrieb für seinen Einsatz.

Gut fünf Stunden pro Woche wendet er dafür im Schnitt auf. Mitglied bei den Demokraten ist er bereits seit 15 Jahren. In Deutschland scheint die Partei etwas weiter links angesiedelt zu sein als die US-Mutter. Bei den Vorwahlen zur diesjährigen Präsidentschaftswahl haben die US-Demokraten von Europa aus mehrheitlich auf Bernie Sanders gesetzt und nicht auf den späteren Sieger Joe Biden.

Das "Chapter North and Central Bavaria", wie die Gliederung offiziell heißt, ist eines von 14 Teilgebieten, in denen die "Democrats Abroad Germany" in Deutschland offiziell organisiert sind. Dabei ist Nordbayern das zweitjüngste. Bis Mitte des Jahres war der gesamte Freistaat eine DAG-Organisationseinheit. Der Vorsitzende saß in München. "So war es stets eine Herausforderung, Arbeit in Nordbayern auf die Beine zu stellen", sagt Lempke. Auch seiner Initiative war die Neueinteilung zu verdanken. "Man braucht schließlich Leute, die ernsthaft und nachhaltig arbeiten wollen", sagt er.

Bei der Sitzung eines Führungsteams von Demokraten aus Nürnberg und Regensburg ist er zum Vorsitzenden bestimmt worden. Seither läuft es besser in Franken und der Oberpfalz. Zunächst ist die Zahl der Mitglieder von 500 auf 700 gewachsen. Außerdem haben Lempke und seine Mitstreiter bei zahlreichen Infoständen in den Fußgängerzonen größerer Städte die US-Bürgerinnen und -Bürger motiviert, sich in Übersee registrieren zu lassen. Gut 50 hat man dabei erreicht. Noch einmal so viele waren es bei Einsätzen vor den Stützpunkten der US-Armee in Hohenfels und Vilseck. Besonders schwierig ist der Eintrag ins heimatliche Wählerverzeichnis für jene US-Pass-Besitzer, die noch nie oder nur ganz kurz in den USA gelebt haben. "Dann müssen wir etwa die Adresse der Großeltern herausfinden", beschreibt Lempke (kleines Foto) eine seiner Aufgaben.

Auch US-Bürger im Ausland an die Urnen zu bringen, scheint nicht ganz einfach zu sein. Während bei der Wahl 2018, den sogenannten "Midterms", 65 Prozent der Wahlberechtigten in den USA ihre Stimme abgegeben haben, waren es im Rest der Welt durchschnittlich nur fünf Prozent. Deutschland ragt hier aber heraus. Immerhin 13 Prozent der hiesigen US-Stimmberechtigten haben sich 2018 beteiligt. In Nordbayern leben gegenwärtig etwa 9000 US-Bürgerinnen und -Bürger, rund 120 davon sind es nach Angaben des Rother Landratsamtes in unserem Landkreis.

 

Die Mitgliedschaft in einer US-Partei ist nicht mit der in einer bundesdeutschen Partei vergleichbar. "Bei uns erklärt man einfach, dass man Demokrat ist, und gehört dazu", schildert Lempke die Voraussetzungen in seinem Geburtsland. Dennoch organisieren die DAG zwischen den US-Wahlen für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich auch Veranstaltungen, die der Parteiarbeit in Deutschland ähnlich sind.

Denn die DAG sehen es ebenso als ihre Aufgaben an, die Landsleute zusammenzuhalten und die Finanzen zu entwickeln. "Wir verkaufen Wahlkampfartikel und sammeln Spenden", erklärt Lempke. Allerdings darf man dabei ausschließlich mit US-Bürgern ins Geschäft kommen. Das Geld brauchen die DAG vor allem für eigene Wahlkampfaktivitäten. "Diesmal haben wir viele Anzeigen auf Facebook geschaltet", sagt Lempke.

Mit Blick auf den Wahlausgang ist man bei den DAG in Nordbayern noch skeptisch. Eigentlich sprechen die Umfragen eine deutliche Sprache. Überall liegt der Demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden klar in Führung. "Doch wie wir vor vier Jahren gesehen haben: Umfragen sind nur Umfragen, das Ergebnis kann ganz anders aussehen", warnt Wayne Lempke vor zu großer Zuversicht.

Hinzu kommt das US-Wahlsystem. Schließlich hatte Hillary Clinton 2016 etwa drei Millionen Stimmen mehr auf dem Konto als Donald Trump. Dennoch ist er aufgrund des Wahlmännersystems Präsident geworden. Wer also große Bundesstaaten mit vielen Wahlmännern gewinnt, kann auch ohne bundesweite Mehrheit Präsident werden.

In der Beurteilung der ersten Amtsperiode Trumps nehmen die Demokraten kein Blatt vor den Mund. "Er hat das Land noch mehr gespalten, das Ansehen der USA hat weltweit gelitten", findet Geoffrey Bonosevich, der Pressesprecher der DAG Nordbayern aus Regensburg. "Er hat eine ungerechte Politik der Umverteilung zugunsten der Reichen betrieben und viele Fehler gemacht. "

Wen Lempke und Bonosevich für die Wahl am kommenden Dienstag bevorzugen, ist ohnehin klar. Doch ihre Empfehlung macht den Mangel an der Spitze der USA aus ihrer Sicht noch deutlicher. Denn für die Wahl der demokratischen Kandidaten gibt es nach Meinung der DAG-Mitglieder gute Gründe, die sich vor allem aus der jeweiligen Persönlichkeit der beiden im Gegensatz zum Amtsinhaber speisen. "Joe Biden und Kamala Harris werden den höchsten Ämtern unseres Landes wieder Respekt, Würde und Integrität verleihen", ist man bei "Democrats Abroad Germany" in Nordbayern überzeugt.

HK