Kurzfristige Sorgen werden der Tragweite des Bürgerentscheids nicht gerecht

24.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:29 Uhr

Zum Bericht "Bürgerentscheid unter verschärften Realitäten", HK vom 17. April 2020: Es kommt am 17. Mai zum Bürgerentscheid im Markt Allersberg.

Wie der Titel des Artikels treffend formuliert: unter verschärften Realitäten. Diese haben wir zweifelsohne. Die Corona-Krise wird neben anderen Bereichen auch wirtschaftlich eine Kraftanstrengung, die uns viele Jahre fordern und begleiten wird.

Ist damit eine Entscheidung gegen die Initiative "Lebenswertes Allersberg" eine logische Schlussfolgerung? Nun, wenn wir die Situation aus dem Zeitfenster der letzten drei Monate bewerten, mag das sofort ins Auge springen. Allerdings sollten wir uns vergewissern, dass diese Entscheidung nicht nur uns, sondern auch unsere weiteren Generationen betrifft und damit einen wesentlich größeren Zeitrahmen aufspannt. Übrigens ebenso wie die Tatsache, dass sich der Markt Allersberg in finanziell schwieriger Lage befindet - nur mit dem Unterschied, dass wir hier einen deutlichen Sprung in die Vergangenheit machen müssen. Würden wir unter Betrachtung dieser großen Zeitspannen genauso entscheiden?

Der Bürgermeister sieht laut dem Artikel in der Krise auch eine Chance. Dem stimme ich voll und ganz zu. Wir müssen alle Potenziale nutzen, um in Krisenzeiten gute Ideen zu finden, mit denen wir unsere Probleme lösen können. Kritisch sehe ich die Anmerkung über die bestehend geringen Einnahmen aus Gewerbesteuern, die nicht so dramatisch wiegen würden, wenn es eh schlecht laufe. Wir müssen wirklich versuchen, unsere wirtschaftlichen Projekte an nachhaltigen Konzepten auszurichten, die langfristig tragen.

Das Freibad und das Gilardihaus können wir hier nur bedingt als Argumentation heranziehen, weil diese Aufwendungen laufende Kosten erzeugen und im jetzigen Moment nach Finanzierung rufen, wenn auch querfinanziert. Ich denke, dass wir mit dieser Logik dem genannten Zeitfenster und der Tragweite unseres Bürgerentscheids nicht gerecht werden. Wir sollten eher fragen, ob wir in 20 Jahren damit glücklich sind, uns sofort für die 33 Hektar entschieden zu haben - mit allen Konsequenzen, die wir nicht gänzlich abschätzen können. Dabei spielt der Strukturwandel in Sachen Wirtschaft, Klima, Soziales und vor allem Verkehrsaufkommen eine wichtige Rolle. Einen einmaligen unwiderruflichen Verkauf aller diskutierten Grundstücken in den Dienst dieser Sache zu stellen, halte ich für sehr fraglich. Zudem kommen durch die Corona-Krise auf uns kurzfristige Kosten zu, bei denen Bauprojekte sowieso hinten anstehen werden.

Warum starten wir also nicht mit acht Hektar Gewerbegebiet und entwickeln dieses Projekt auf einer Zeitskala, die den Auswirkungen dieser Entscheidung auch gerecht werden. Dadurch gewinnen wir Handlungsspielraum und können für zukünftige Entwicklungen feinjustieren. Wenn wir aber allein dem Druck leerer Kassen folgen und Einnahmen aus Grundstücksverkäufen für Bauprojekte in der Größenordnung ein bis zehn Jahre verwenden, wird sich an der langfristigen finanziellen Situation nichts ändern. Außer, dass wir dann eben wieder verkaufen müssen, um weitere Kosten zu stemmen. Diese Kosten werden ganz sicher kommen.

Vielleicht können wir uns kurz das Szenario vorstellen, dass wir in 20 Jahren mit unseren Kindern oder Enkelkindern am Allersberger Bahnhof stehen und erklären, wie sich unsere Gemeinde und deren Umgebung in Anbetracht von Klima, Wirtschaft, Verkehr und Soziales entwickelt hat. Wir sollten uns gut überlegen, welche Gründe wir mit Bezug auf einen so langen Zeitrahmen anführen würden.

Michael Stubert

Altenfelden