Was soll die Angst- und Panikmache?

24.02.2020 | Stand 02.12.2020, 11:53 Uhr

Zum Leserbrief "Wahltaktische Spielchen und verantwortungsloses Verhalten" (HK vom Donnerstag, 20. Februar 2020): Nachdem doch sehr viel sehr Polemisches und Einseitiges geschrieben wurde, will auch ich einige klärende Fakten zur Allersberger Situation beitragen: Kann eine Gemeinde bankrottgehen wie in Leserbriefen angedroht?

Keineswegs, eventuell kann der Schuldenstand deutlich erhöht werden, weiter nichts. Das hat erst mal auch keine direkten Auswirkungen auf die Bürger, sondern muss zu sparsamer Haushaltsführung zwingen, um langfristig eben Schulden abzubauen.

Und die Pflichtaufgaben muss und kann eine Gemeinde unabhängig von Industriegebietsverkäufen durchführen, denn dazu kommen jährlich nicht unbedeutende Steuereinnahmen, hauptsächlich aus der Einkommenssteuerbeteiligung (mehr als 5 Millionen Euro in 2019), aus Steuerzuwendungen des Landes und anderen regelmäßigen Einnahmen, denn die Gewerbesteuereinnahmen sind (siehe Firma Leitner) nicht immer konstant und bei weitem auch nicht so hoch (2,2 Millionen Euro in 2019).

Auch die Freibadsanierung ist bereits - unabhängig vom Bürgerbegehren - beschlossen worden, denn sonst würden 1,2 Millionen Euro an Zuschüssen verloren gehen. Was also soll die Angst- und Panikmache?

Muss man nun sofort alle möglichen Flächen verkaufen, um schnelles Geld zu machen, ohne dass dann über damit verbundene erhebliche neue Kosten geredet wird? So sind bereits 1,2 Millionen Euro für Wasserzu- und -ableitungen zum geplanten Mega-Industriegebiet in den Haushalt 2020 der Brunnbach-Gruppe gestellt worden. Das zahlen alle Wasserverbraucher, wir alle!

Weitere Kosten, über die bisher geschwiegen wurde, sind Straßenbaukosten und Kläranlagenkosten, die mindestens einen Teil der geplanten Einnahmen wieder auffressen, wenn nicht sogar alles.

Eine geplante Verlegung der jetzt noch durch West I führenden Gemeindestraße und Zufahrten zu den geplanten Industriegebieten kosten die Gemeinde mehrere Millionen. Darüber wird aber geschwiegen.

Und es ist inzwischen allgemein bekannt, dass beide Auffahrten zur Autobahn dem zukünftigen Verkehrszuwachs durch einen angesiedelten Logistiker bei weitem nicht gewachsen sind. Das heißt dann wiederum mindestens drei bis vier Jahre zusätzliche erhebliche Staus, bis der Ausbau beendet ist - und ob diese Staus dann zukünftig nicht mehr auftreten, kann keiner garantieren. Während eine Firma wie P3 auf 15 Hektar Fläche Industriegebiet gerade mal maximal 200000 Euro Gewerbesteuer bezahlen will, wenn überhaupt, wird mit den bisherigen 20 Hektar an Gewerbegebieten eine Einnahme von 2,2 Millionen Euro erzielt. Ein einfacher Vergleich laut Bürgermeister Horndasch: Die Firma Chefs Culinar hat ebenfalls Interesse an mindestens 10 Hektar bei veranschlagten Gewerbesteuereinnahmen von mehr als einer Million Euro pro Jahr. Warum dann also 15 Hektar an P3, einen Staatsbetrieb von Singapur, verschleudern, ohne dass künftig dauerhaft hohe Gewerbesteuereinnahmen zu erwarten sind, wenn es auch anders geht?

Mit mehreren kleineren bis mittleren Gewerbebetrieben (ohne große Industriebetriebe) lassen sich gute Gewerbesteuereinnahmen erzielen und zusätzlich hat man meist noch Ausbildungsbetriebe. Denn dass auch Amazon kaum Gewerbesteuern zahlt, ist ebenfalls allgemein bekannt. Zudem sind dort hauptsächlich Niedriglohnbeschäftigte angestellt. Da können unsere Bürger aus Allersberg und dem Umland dann für cirka 11,10 Euro pro Stunde arbeiten. Aber es kommt ja jetzt die Grundrente, dann tut's später nicht ganz so weh. Im Übrigen verpackt Amazon in den USA bereits ohne Personal computergesteuert vollautomatisch. Schöne Zukunftsaussichten.

Muss man jetzt wirklich für eine kurzfristige und nicht zwingend notwendige Haushaltssanierung ein langfristig entwickelbares Gebiet an P3 verramschen, um dann vielleicht in fünf bis zehn Jahren wieder mit ähnlichen Schulden dazustehen - oder macht es mehr Sinn, eine langsame, nachhaltige Entwicklung mit heimischem Gewerbe, also soliden Gewerbesteuerzahlern zu beginnen, auch wenn das langsamer und mühseliger ist?

Wir können unsere Heimat, unser wertvolles Land nur einmal verkaufen und das muss sehr wohl durchdacht und überlegt sein. Von der Problematik eines angrenzenden Wasserschutzgebietes, eines Vogelschutzgebiets und mindestens eines dann zerstörten Biotops ganz zu schweigen.

Nun hat sich der Marktgemeinderat bei der letzten Sitzung durch eine Satzungsänderung wieder die Kontrolle über das "schwarze Loch" KU (Aussage Roger Bitsch) zurückgeholt. Absolut korrekt, denn der Marktgemeinderat und nicht der Einmann-Vorstand des Kommunalen Unternehmens muss Entscheidungen treffen und ist dafür von uns allen gewählt.

Ekkehard Wagner Allersberg