Greding
Zum Abschied ein Einstand

Auftritt von Christian Heiß und Sohn Clemens in der Gredinger Martinsbasilika gefeiert - Wege trennen sich

17.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:49 Uhr
Christian Heiß ist in der Orgelreihe seiner Geburtsstadt ein gern gesehener Stammgast. Sein Sohn Clemens Heiß absolviert seine Premiere in der Basilika St. Martin. −Foto: Leykamm

Greding (HK) War das nun ein Einstand?

Ein Abschied? Eine Zäsur? Auf jeden Fall etwas Wunderbares! Das gemeinsame kleine Konzert von Christian Heiß und seinem Sohn Clemens in der Gredinger Basilika St. Martin regte vor vollem Gotteshaus zu großem Beifall und etlichem persönlichen Lob an. Nun aber trennen sich die Wege. Während der Filius vor großen Entscheidungen steht, macht sich der Ältere auf in die Oberpfalz: als Leiter der Regensburger Domspatzen.

Die "30 Minuten Orgelmusik" als Veranstaltungsreihe, unter deren Titel auch der jetzige Auftritt des Duos firmierte, wurde in den späten 1980er-Jahren selbst von einem Vater-Sohn-Gespann ins Leben gerufen: Otto Heiß hieß damals der Senior, Christian der Junior. Beide große Könner an der Orgel. Als Bürgermeister regte der Vater auch den Bau des 1991 eingeweihten Kircheninstruments in der Basilika an. Die Sandtner-Orgel wurde anlässlich der 900-Jahrfeier der Stadt Greding angeschafft, eingeweiht wurde sie vom Sohn des Bürgermeisters - von Christian Heiß.

Jetzt berührt just an diesem Instrument die nächste Generationenfolge die Herzen. Nicht nur, dass es Clemens Heiß gelingt, sein Trompetenspiel perfekt auf das Tasteninstrument und das Spiel seines Vaters abzustimmen. Beide verstehen es zudem, eine erhaben Gefühlsfülle mit ihrem gemeinsamen Musizieren aufscheinen zu lassen. Und das auf einem handwerklichen Niveau, das man sonst nur von Klassikkonzerten der oberen Kategorie kennt. Mal wirbelt Christian über die Tasten, mal besticht Clemens durch schnelle Tonfolgen - inklusive deren Echo -, denen er auch noch eigene Klangfarben zu verleihen weiß.

So entstehen herrliche Stimmungsbilder, die die Seelen erreichen. Ein Blick in die Gesichter der Besucher verrät da alles. Als Zugabe gibt es - und hier schließt sich der Kreis - ein "Nun danket alle Gott", das Lieblingslied von Otto Heiß. Feierlich an der Trompete gespielt. "Ich werde mir dazu noch etwas einfallen lassen", sagt der Domkapellmeister. Das ist charmant untertrieben: Im Improvisationsteil verdoppelt er das Tempo, moduliert und interpretiert. Und verdichtet das sakrale Pathos so sehr, dass es sich anhört, als würde sich hier der Triumph himmlischer Liebe akustisch seinen Weg bahnen. Der Organist führt das Werk an den Rand dessen eigener Epoche - und vielleicht auch etwas darüber hinaus. Clemens findet mit seinem Spiel nicht nur wieder zum Hauptthema zurück, sondern setzt am Ende auch eigene Akzente.

"Gratuliere! Das war hervorragend! " So die Reaktion so mancher Zuhörer. In Ingolstadt und Eichstätt war dieses Duo zuvor schon zu erleben gewesen. Dort ist die Familie auch zu Hause, was sich nun aber zumindest teilweise ändert. Denn Christian Heiß avanciert mit dem 1. September vom Eichstätter zum Regensburger Domkapellmeister sowie zum Leiter der legendären Domspatzen. Genau dort fing seine musikalische Karriere als junger Sänger auch an.

"Nur die ersten zehn Jahre meines Lebens habe ich beständig in Greding verbracht", sagt Heiß. Zum Ende seiner Zeit hier begann er bereits, Maiandachten an der Orgel zu spielen. Die Eltern wurden seitdem freilich regelmäßig besucht. Auch nach der Gründung seiner eigenen Familie in Eichstätt. Und diese Besuche soll es auch weiterhin geben. Er lebe ja nur "zum Teil in Regensburg", sagt Christian Heiß im Gespräch mit unserer Zeitung.

Den "30 Minuten Orgelmusik" in Greding will Christian Heiß ebenso treu bleiben - "wenn möglich", fügt er hinzu. Denn immerhin bekleidet er bald die renommierteste Stelle in der katholischen Kirchenmusik in Deutschland.

Zudem seien die Regensburger Domspatzen als Gruppe auch ein geistlicher Botschafter, der anderen den christlichen Glauben als Hilfe zum Leben vermitteln will. "Aber ich kann noch gut schlafen", sagt Christian Heiß, der sich der hohen Verantwortung sehr wohl bewusst ist. Den Balanceakt zwischen dem Vermitteln von Disziplin und menschlichem Umgang mit seinen Schützlingen, ist sein Ziel: "Ich will nicht nur Takt-, sondern auch Ideengeber sein. " Nur dann, wenn die Chemie innerhalb der Gruppe stimmt und ihre Mitglieder eigene Emotionen einfließen lassen, entfaltet sich das ganze Potenzial der dargebotenen Musik, zeigt sich Heiß überzeugt. Eine Philosophie, die Christian Heiß beim Konzert mit Sohn Clemens in der Gredinger Basilika eindrucksvoll umgesetzt hat.

Letzterer steht seinerseits am Scheideweg: Nach erworbenem Abitur heißt es nun, erst einmal zweigleisig zu fahren: Auf dem möglichen Weg zum Berufsmusiker will Clemens Heiß sich nach hochkarätigen Professoren in Berlin, Hamburg oder Wien umschauen. Allerdings wolle er auch den "Plan B" nicht aus den Augen verlieren, wie er sagt. Holztechnik zu studieren oder Pilot zu werden, kann sich der junge Spross der Heiß-Familie nämlich auch vorstellen.

Dennoch spielt die Musik eine wichtige Rolle in Clemens Heiß' Leben. Mit seinem Papa gemeinsam hat er schon als Kind musiziert. Schnell wurden die Stücke schwieriger - so schwer, "dass sogar mein Vater vorher üben musste". Mit Opa Otto musizierte der Enkel schon im Gredinger Altenheim. Dort soll bald eine neue Orgel eingerichtet werden, ein neuerlicher Auftritt drängt sich da förmlich auf. Vielleicht war ja auch das erstmalige Spiel in der Basilika nicht das letzte.

Jürgen Leykamm