Triesdorf
Zuchterfolge und Leistungsexplosion

Rinderzüchter und Milcherzeuger tagten zum siebten Mal gemeinsam in Triesdorf - Strukturwandel bereitet Sorgen

08.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:35 Uhr
Für die Zucht eines positiven Vererbers überreichen RZV-Chef Lothar Ehehalt (links) und Geschäftsführer Werner Hauck (rechts) folgenden Landwirten aus den Landkreisen Roth und Weißenburg-Gunzenhausen ihre Urkunden: Erwin Katheder (Bubenheim), Thomas Müller (Pfofeld), Roland Herrler (Herrnsberg) und Markus Rottenberger (Pfofeld, von rechts). −Foto: Leykamm

Triesdorf (HK) Das Sprichwort des vermeintlich verflixten siebten Jahres hat sich für den Rinderzuchtverband Franken (RZV) und den Milcherzeugerring Mittelfranken (MER) nicht bestätigt. Beide sind zwar nicht "verheiratet", haben aber nun schon zum siebten Mal eine gemeinsame Jahresversammlung in der Alten Reithalle Triesdorf abgehalten. Eine Kombination, die sich bewährt hat. Das von beiden vertretene landwirtschaftliche Klientel aber stöhnt.

Warum das so ist, verdeutlichte in seiner Begrüßung der RZV-Vorsitzende Lothar Ehehalt. Erhöhte gesetzliche Auflagen und nicht zuletzt deswegen gesteigerte Produktionskosten seien es, die immer mehr kleine Agrarunternehmen ihre Stalltüren für immer schließen ließen. Die Tierhaltung wandere so zwangsläufig in größere Betriebe ab, was ja "eigentlich niemand will".

Positiv bewertete Ehehalt den Trend zu regionalen Produkten, für welche die Verbraucher auch zunehmend höhere Preise zu zahlen bereit seien. Was wiederum eine "höhere Wertschöpfung für die Erzeugerbetriebe" zur Folge habe. Der Verband selbst hatte 2018 gleich zwei Mal Grund zum Jubeln: Er durfte das 120-jährige Bestehen feiern und die erweiterte Vermarktungshalle in Ansbach einweihen. Sie ermöglicht unter anderem eine führerlose Tierschau.

Auch die Zahlen sprechen für sich. Vor allem jene des Jahresumsatzes von 22,4 Millionen Euro, weswegen man von einem "gut durchschnittlichen Jahr" sprechen könne, stellte Geschäftsführer Werner Hauck fest. Die langfristige Entwicklung beunruhige ihn allerdings. Die Milchviehhaltung gerade in Franken sei in den letzten fünf Jahren drastisch zurückgegangen. Das sei für beide Organisationen "äußerst bedenklich und wird sich hoffentlich in dieser Schärfe nicht weiter fortsetzen."

Die aktuelle Lage für den RZV sei hingegen nicht schlecht. 2018 hätten über 35200 Tiere vermarktet werden können. In vielen Bereichen seien Preissteigerungen zugunsten der Erzeuger erzielt worden. Leider habe das bei den Preisen für die Kälber nicht gegolten, deren Vermarktungsanteil bei satten 63 Prozent des Umsatzes liegt.

Als ein Problem habe sich der Einbruch im Exportgeschäft vor allem in Richtung Türkei dargestellt, deren Währung bekanntlich schwächelt. Eine Wertsteigerung erfahre der Standort durch den Verkauf von Jungkühen, von denen mittlerweile ein Drittel Abnehmer außerhalb des Zuchtgebiets finde. Der langjährige Abwärtstrend bei den Kalbinnen sei gestoppt worden.

Für die Milcherzeuger zeichnete der MER-Vorsitzende Dieter Fragner das Bild einer heterogenen Gemengelage. Vor einem Jahr noch habe der Milchmarkt mit dem Problem von Überschüssen zu kämpfen gehabt. Witterungsbedingt hätten sich die Lager aber nun stark geleert. Als Auswirkungen für den Markt rechnet der Vorsitzende aber bestenfalls mit kleinen Preisschwankungen im ersten Quartal.

Auch ihm bereitet die Entwicklung Sorgen. Im Einzugsgebiet des Rings hätten letztes Jahr 104 Betriebe die Milchviehhaltung aufgegeben, 1631 verbleiben. Ebenso gibt es weniger Kühe, die unter Milchleistungsprüfung (MLP) stehen. Hier sank die Zahl um 1159 auf 92743. Im Gegensatz dazu sei aber eine wahre "Leistungsexplosion" zu verzeichnen gewesen. Im Schnitt habe die Kuh 381 Kilogramm Milch mehr gegeben, der Durchschnittswert liege nun bei 8258 Kilogramm - gemeinsam mit Unter- sei Mittelfranken damit an der Spitze in Bayern.

Auch in den Landkreisen spiegelt sich der Trend wider. In Roth etwa sank die Kuhzahl um 118 auf 11382, die aber im Schnitt 394 Kilogramm mehr Milch lieferten und für einen Stalldurchschnitt von 8177 sorgten.

Lob gab es von Bundestagsmitglied Artur Auernhammer für das große Bestreben hierzulande, hornlose Rinder zu züchten. Seine Überzeugungsarbeit in Berlin gestalte sich schwierig, da sich "die politische Diskussion immer mehr an Emotionen statt an der Sache orientiert," monierte er.

Einen bedenklichen Wandel in der öffentlichen Diskussion attestierte der Bezirkspräsident des Bayerischen Bauernverbandes Günther Felßner. Während früher Landwirte in Dürrejahren mit Mitgefühl und Hilfsbereitschaft rechnen konnten, hagele es nun gleich Vorwürfe, man sei am Klimawandel ja selbst mit Schuld.

Zuchtleiter Albrecht Strotz schließlich blickte auf ein erfolgreiches Jahr zurück. 37 Fleckviehbullen und ein Gelbviehbulle seien an die Besamungsstationen in Bayern verkauft worden. Zudem hätten moderne Methoden wie die genomische Untersuchung Einzug in die Zucht gehalten. Für jene von positiven Vererbern (Besamungsbullen, die die Übertragung guter Eigenschaften anhand geprüfter Töchter bewiesen haben), ehrte Strotz folgende Züchter: Frank Arnold (Lohr), Matthias Berger (Adelsdorf), Ernst und Werner Birnbaum (Unterrottmanssdorf), Dieter Bürger (Wiebelsheim), Hans und Matthias Daubinger (Spielberg), Roland Herrler (Herrnsberg), Ernst und Bernd Katheder (Bubenheim), Michael Lang (Rudolzhofen), Gerhard Lindenmayer (Hilpertsweiler), Josef Maurer (Massendorf), Thomas Müller (Pfofeld), Friedrich und Markus Rottenberger (Pfofeld), Frank Schirmer (Dörflein), Robert Sperber (Viehhofen), Joachim Strotz (Hanbach), Markus Weber (Aisch).

Ehrungen für Erfolge bei der Tierschau anlässlich des 120-jährigen RZV-Verbandsbestehens gab es seitens des Freistaats für Christian Espert (Dottenheim, Medaille in Gold), Johannes Huber (Seitersdorf), Markus Schwemmer (Günthersbühl, beide Silber), Frank Arnold (Lohr) und Siegfried Gebhard (Walddachsbach, beide Bronze).

Im Namen des Bundesverbandes Rind und Schwein wurden ausgezeichnet: Dominik Busch (Hechlingen, Gold), Dieter Bürger (Wiebelsheim), Reiner Engerer (Zellrüglingen, beide Silber), Verena Hussmann (Feuchtwangen), Friedrich Minderlein (Ostheim, beide Bronze). Würdigungen für ihre Erfolge bei der Einweihungsfeier der Rezathalle erhielten Wolfgang Brunner (Tauberschallbach), Dominik Busch (Hechlingen), Christian Espert (Dottenheim), Stefan Föttinger (Wettelsheim) und Michael Lang (Rudolzhofen).

Jürgen Leykamm