Weinsfeld
Maibäume mit Büstenhaltern und wehrhafte Räder

Die Weinsfelder Dorflitanei von Gregor Struller erzählt von kleinen und großen Wirrungen im Alltag

17.02.2015 | Stand 02.12.2020, 21:38 Uhr

Sie verlassen West-Berlin und bleiben doch im Ort: Die Weinsfelder Narren - Foto: Tschapka

Weinsfeld (tis) Auf der Zielgeraden des Faschings schickten gestern die Weinfelder Narren ihren „Mauer“-Wagen durch die Straßen ihres Dorfes, der an die deutsche Wiedervereinigung vor 25 Jahren erinnern soll. Aber sie präsentierten sogar noch einen Zweiten: „Freiwilliger Sauschlachtverein Weinsfeld“ stand darauf geschrieben, und obenauf war die Figur eines Prachtexemplars von Sau zu sehen, welches in der Wanne sitzt und darauf zu warten scheint, was mir ihr geschieht.

Geschehen ist mir ihr jedoch schon etwas, denn jedes Jahr Mitte Januar betätigt sich die Weinsfeld Wehr eben als „Freiwilliger Sauschlachtverein“. Daran soll dieser Wagen erinnern, von dem herab Gregor Struller die diesjährige Dorflitanei verkündete.

So zum Beispiel vom Maibaum, der neben grünen Kränzen vor allem von Büstenhaltern im XXL-Format geziert wurde. Ein Problem nicht nur für die dadurch abgelenkten Autofahrer, sondern auch für einen Weinsfelder „Maibaummonteur“, der sich beim Versuch, einen losen Kranz zu befestigen, durch alle Büstenhalter bis ganz zur Spitze durchhangeln musste.

Dass so ein Baum bewacht werden muss ist klar. Damals übernahm das Steff, der nicht nur auf den Baum, sondern auch ins Glas schaut. Weil er nicht mehr laufen konnte, nahm er sein Rad. Doch der Drahtesel hat ihn nicht nur einmal, sondern sogar dreimal direkt nach dem Aufsteigen in die Hecke abserviert. Rettung nahte allein vom Haus gegenüber, wo sich die Beobachterin nach stillem Amüsement endlich entschloss, den angeschlagenen Krieger heimzufahren.

Doch auch die Fahrkünste anderer Dorfbewohner ließen zu wünschen übrig. So landete regelmäßig ein Auto in Reinholds Garten. Die Mühe, den Zaun jedes Mal zu reparieren, hat er bald aufgegeben und aus der Not eine Tugend gemacht. Er ließ sogar eine zweite Lücke im Zaun, damit Autofahrer, die sich im Vorgarten verirren, ohne langes Rangieren im kleinen Kreisverkehr wieder auf die Straße kommen.

Und schließlich war da noch ein engagierter Bauer, der allabendlich die Luke zum Hühnerstall schloss und natürlich genau überprüfte, dass auch ja keine auf der Wiese blieb. Nur einmal ist ihm auf dem Weg zum Dämmerschoppen das Versehen passiert, dass er den Stall schon dichtgemacht hatte, obwohl die Tiere noch im Garten waren. Als er endlich nach Hause kam und den Fauxpas bemerkte, wanderte er eben mit der Taschenlampe durch den Garten, um die Tiere zu suchen. Irgendjemand will ihn sogar beobachtet habe, wie er ein schon schlafendes Huhn liebevoll in den Stall trug.