Wendelstein
Skurrile Weihnachtsbotschaft

Michael Altinger begeistert mit seiner heiligen Familie in der Jegelscheune

20.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:27 Uhr
Regent seiner Albträume ist der Nikolaus für Kabarettist Michael Altinger, der in der Jegelscheune das Publikum mit skurrilen Weihnachtsgeschichten unterhält. −Foto: Unterburger

Wendelstein (HK) Er ist ein Großer der bayerischen Kabarettszene. Die Fernsehzuschauer kennen ihn zusammen mit Christian Springer als Moderator der Sendung "Schlachthof". Nun hat Michael Altinger in der ausverkauften Wendelsteiner Jegelscheune mit seiner kabarettistischen Lesung, die er "Meine heilige Familie" nannte, begeistert. Altinger lieferte allerhand skurrile Weihnachtsbetrachtungen, bei denen er auch tiefe Einblicke in sein Familienleben gab - oder hat er das alles nur erfunden?

"Meine Weihnachtsgeschichte beginnt sehr schmalzig", fängt der 48-jährige Niederbayer an, "der Franke mag das Schmalz nicht so sehr, außer man kann es essen." In einem Rückblick auf seine Kindheit steht der Nikolaus, "der Regent meiner Albträume", im Zentrum. Wie ein Damokles-Schwert schwebt die ständige Drohung seiner Eltern über dem kleinen Michi: "Pass bloß auf, wenn das der Nikolaus hört, denn seine Englein schreiben alles auf!" Für den kleinen Michi ist der Nikolaus eine furchterregende Gestalt, vor der er einen Heidenrespekt hat. "Ich war überzeugt, der Nikolaus würde mit einer Kettensäge die ganze Wohnzimmereinrichtung zertrümmern", erinnert sich der Kabarettist unter dem Gelächter der Zuhörer. Das kindliche Missverständnis geht bis zum falsch verstandenen Text des Weihnachtsliedes "Alle Jahre wieder kommt der Nikolaus, kehrt mit seinen Sägen ein in jedes Haus."

"Das schreckliche Trauma zog sich hin bis zu meinem 17. Lebensjahr, als ich selber den Nikolaus im Sportverein machen musste", berichtet Altinger, "denn ich passte als einziger in das enge Nikolauskostüm." Was nun folgt, ist die aberwitzige Beschreibung seines Auftritts im Sportheim. "Ich wollte ein gütiger Nikolaus sein, wollte keine Witzfigur abgeben in Strunzen-öd", rechtfertigt er sich, "die Trainer hatten 84 Gedichte auf die Spieler vorbereitet, die sich oft nicht reimten." So steht er denn da, der Gedichte rezitierende Nikolaus beim Schnapperwirt neben der Schankanlage. "Niemand erkannte den Goethe in meiner Lyrik", beklagt sich Altinger, "den halben Faust hatte ich umgedichtet." Doch irgendwie hören ihm die jungen Fußballer nicht so recht zu, so dass die Trainer unter Androhung von Prügeln für Ruhe sorgen müssen.

Für Lachstürme sorgt Altingers Schilderung, als sein Bruder als Weihnachtsgeschenk eine Domino-Rallye bekommt, wie man sie von "Wetten dass?" kennt: Plastiksteinchen werden hintereinander aufgestellt und sobald man den ersten Stein umkippt, fallen sämtliche Steinchen ebenfalls um. "Der Sinn des Domino-Steinchen-Umschmeißens blieb mir bis heute verschlossen, alle waren begeistert, wenn die blöden Steinchen umfielen, nur ich nicht." Altinger spielt lieber Rock'n'Roll mit Klangstäben auf dem Holzxylophon.

Dann macht Altinger einen Sprung in die Gegenwart. "Der Nikolaus sollte für meine beiden Söhne nüchtern sein", sagt er, "er sollte aus der katholischen Landjugend sein." Altinger übergibt daher dem etwas schüchternen Nikolaus ein paar selbst geschriebene Gedichte, die der seinen Kindern vorlesen soll. Doch weil sich der Nikolaus so doof anstellt, liest sie schließlich Papa Altinger selbst vor.

Melancholisch wird es, als Altinger von seinem Weihnachts-Blues erzählte. "Ich sitze da und esse eine Banane und ein Mon Cherie", berichtet er. "Ich komme auf die Idee, den Keller aufzuräumen, doch dann packt mich die Lust auf eine Banane und ein Mon Cherie - Mon Cherie macht besoffen. In meinem Fall reichen 30 Stück." Stockbesoffen mit Verstopfung: Weihnachten kann kommen! "Ich gebe unseren Zimmerpflanzen den Namen meiner Frau und beginne sie wüst zu beschimpfen, dann stelle ich ein Foto auf Instagram." Doch da antwortet jemand: "Du verlogener fauler Sack, räum wenigstens den Keller auf!"

Dass in der Altinger-Familie jeder ein Instrument lernen musste, davor graut dem Michi noch heute. Doch er liebt seine Musikstunden und sein Instrument, die Querflöte, denn er darf unter acht Mädchen sitzen und fühlt sich sauwohl. Ärger bekommt er nur, weil er in der Blaskapelle mit seiner Querflöte Luftgitarre spielt. Seinem Instrument entlocke er bis heute bei der Bescherung nur einen Ton, gesteht Altinger, "doch meine Kinder stört das wenig, die haben einen Stopsel im Ohr".

Am 28. Dezember holt der Michi seine Laufschuhe, geht joggen und bereitet sich auf den New-York-Marathon vor. Doch das macht ihn so fertig, dass seine Frau gleich den Bestattungskatalog studiert. Sie reibt den Erschöpften mit Franzbranntwein ein. Er bleibt fest entschlossen: "In drei Tagen werde ich es fortsetzen, mein Training für Olympia, direkt nach meiner Auferstehung."

Köstlich die Schilderung, als er zwischen den Jahren das Bedürfnis hat, einen Herz-Schmerz-Film anzuschauen. Seine Frau liest lieber brutale Krimis als Ausgleich zum Weihnachtsfest. Als er nach dem Film ins Schlafzimmer geht, ist sie schon über ihrem Krimi eingeschlafen. Liebevoll streichelt er die Schlafende, schmückt sie mit Christbaumkugeln, baut zu ihren Füßen die Krippe auf und will sie auf Rosenblätter betten. Als sie aufwacht, schreit sie auf, beißt ihm in die Nase.

Die kabarettistische Lesung schließt mit der Schilderung, was an Silvester bei den Altingers passiert. Schon als Zwölfjähriger hat sich der Michi an "Dinner for one" sattgesehen. Er schaut sich lieber Sketche mit Harald und Eddie an und statt Bleigießen gibt es Wachsgießen, was ihm aber überhaupt nicht gefällt.

Ein Abend voller Situationskomik und Gags geht zu Ende. Michael Altinger versteht es, durch seine unnachahmliche Art die Zuhörer mitzunehmen in eine Welt voller Absonderlichkeiten und durchgeknallter Zeitgenossen. Über seine skurrilen Weihnachtsgeschichten lacht das Publikum Tränen.

Robert Unterburger