Langlau
Was das Seenland mit einer unterlassenen Bombardierung zu tun hat

Die Geschichte des Muna-Areals - Zum Ende des Zweiten Weltkriegs verhinderte ein ausbleibendes Altmühlhochwasser ein Inferno für Langlau

16.08.2020 | Stand 23.09.2023, 13:34 Uhr
Werner Falk

Langlau - Es hört sich reichlich kurios an, soll aber stimmen: Weil die Bomber der US-Army in den letzten Kriegstagen alte Karten hatten, in denen neben Langlau ein großer See eingezeichnet war, ist die Bombardierung des Munitionslagers (Muna) am Ende des Zweiten Weltkriegs unterblieben.

Was die Amis damals für einen See hielten, das war ein flächiges Altmühlhochwasser zwischen Ornbau und Treuchtlingen, das zum Zeitpunkt des Bombardements aber verschwunden war. So blieb der Ort Langlau glücklicherweise von einem Inferno verschont.

Hier bietet sich auch der weite Bogen zur Entstehung des Fränkischen Seenlands an, das ja unter anderem auch wegen des ständigen Altmühlhochwasser vor 50 Jahren im Landtag beschlossen worden war.

Nun, 75 Jahre später, wird der Ort Langlau in Verbindung gebracht mit einem gigantischen Freizeitpark, der an der Stelle entstehen soll, wo in der Nachkriegszeit die US-Army bis 1992 ein Corpsdepot unterhielt und die Bundeswehr bis 2007 ein Munitionsdepot hatte.

Gebaut worden ist die "Lufthauptmunitionsanstalt" von 1935 bis 1939 in einer Art von Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, mit der die Menschen in Lohn und Arbeit kamen. Die Bauern, die Flächen für das Projekt abgeben mussten, waren nicht alle begeistert, fügten sich aber, denn es ging ja um "die Sicherung des Friedens", wie ihnen eingeredet wurde. 20 Reichspfennig bekamen sie für den Quadratmeter Wiesen und Ackerland an Entschädigung, nur sechs Pfennig für den Wald.

Bis zu 2000 Männer und Frauen, darunter auch Kriegsgefangene und Deportierte, waren später auf dem 200 Hektar großen Gelände tätig, das militärisch geschützt und von der Öffentlichkeit abgeriegelt war. Produziert wurden nach den Vorgaben der Machthaber Geschosse aller Kaliber für bodengestützte Flugabwehrkanonen.

In den drei Jahren Bauzeit entstanden 60 Bunker mit dicken Betonmauern, Hallen und Straßen und außerhalb des abgesperrten Geländes auch noch Wohnhäuser für die Offiziere. Für die Langlauer war das Projekt ein gutes Geschäft, denn sie konnten ihre Zimmer an die Vorarbeiter vermieten - für 50 Reichspfennig pro Übernachtung mit Frühstück.

In neun Baracken aus Holz lebten Soldaten und Arbeiter, die alle zu Geheimnisträgern ernannt worden waren. Hinter doppeltem Stacheldraht und vier Wachtürmen gab es zudem einen Exerzierplatz, aber auch einen Sportplatz. Insgesamt lebten in den Baracken rund 1200 Arbeiter.

Kleinere Luftangriffe der Alliierten in den letzten Kriegstagen richteten nach Augenzeugenberichten keine nennenswerten Schäden an, auch Menschen wurden nicht verletzt. Nach dem offiziellen Kriegsende kümmerten sich die US-Besatzer (zunächst wenig um die Muna. Dagegen gab es Einheimische, die sich dort bedienten, die Not war schließlich riesig und das Angebot verlockend.

1947 kamen dann Kriegsgefangene ins Lager, auch Heimatvertriebene aus dem Osten, vornehmlich aus dem Egerland, zogen in den Baracken ein, wo es fortan auch das "Gasthaus zur neuen Heimat" gab.

Ab 1960 richteten die Amerikaner ein Treibstoffdepot für den Ernstfall ein, andere Teile übernahm die Bundeswehr. Zu dieser Zeit gab es in Langlau 34 Munitionslagerhäuser, die zwischen 34 und 180 Quadratmeter groß waren, hinzu kamen noch 20 Betriebsstoffhallen, in denen je 180000 Liter Treibstoff lagerten.

Wirtschaftlich sinnvoll genutzt waren Teile des Geländes ab 1953, als sich die Klavierfabrik Euterpe einrichtete, die in ihren besten Jahren an die 300 Mitarbeiter beschäftigte. Sie konnte dem internationalen Konkurrenzdruck aus Südostasien aber nicht standhalten und gelangte 1990 in die Hände von Bechstein, dem letzten namhaften deutschen Klavierhersteller. Dieser gab 1993 die Produktion in Langlau auf.

HK

Werner Falk