Herrnsberg
Von der Wiese ins Glas

Claudia Wittmann bietet Wissenswertes rund um Wildkräuter an

24.05.2018 | Stand 23.09.2023, 3:19 Uhr
Die Kräuter sammelt Claudia Wittmann in ihrem Garten und ihrem angrenzenden Wald. −Foto: Steimle

Herrnsberg (HK) Was in anderen Gärten mühsam ausgerissen wird, wächst bei Claudia Wittmann im Hochbeet: Löwenzahn und Brennnessel gesellen sich dort zu Salbei und Sauerampfer. Den begriff Unkraut dürfte die Herrnsbergerin ohnehin anders definieren, schließlich hat sie sich 2013 zur Kräuterpädagogin ausbilden lassen.

Taubnesseln, Giersch, Schafgarbe - wer mit Claudia Wittmann durch ihren Garten und ihren angrenzenden Wald geht, wirft nicht nur einen genaueren Blick rechts und links des Wanderwegs, sondern darf auch probieren. "Was bei den Teilnehmern der Kräuterwanderungen immer gut ankommt, ist die Knoblauchsrauke", sagt die 44-Jährige und zupft ein Blatt ab. Warum die Pflanze mit den rundlichen Blättern diesen Namen trägt, wird deutlich, als Claudia Wittmann ein Blatt sanft zwischen den Fingern zerreibt: Es riecht tatsächlich nach Knoblauch. "Verantwortlich für den Geruch sind die Senföle", erklärt die Expertin das milde Kreuzblütengewächs, das einen Vorteil gegenüber seinem bekannteren Namensverwandten hat: Nach dem Essen riecht der Atem nicht nach der weißen Knolle. "Viele kennen die Pflanze nicht und nehmen sie dann ganz gern her, weil der Geschmack einfach sehr angenehm ist", sagt Claudia Wittmann.

Nach den Wanderungen geht es darum meist in die Küche, wo die Pädagogin Kurse anbietet. "Das war die Ursprungsidee", sagt sie, dafür hat sie Gelder aus dem Förderprogramm Altmühl-Jura bekommen. Im September ist der Raum fertig geworden, zu der großen Arbeitsfläche haben sich ein kleiner Bioladen und mehrere Tische gesellt. "Die sind auch für Feiern gedacht oder für eintägige Seminare." Eine weitere Küche befindet sich im Untergeschoss, hier kocht Claudia Wittmann für ihren Catering-Service.

Das alles hört sich nach einem durchdachten Plan an, ist es aber nicht. Zwar fand sie Themen rund um die Natur schon immer spannend und musste auch bei ihren Eltern in der Landwirtschaft mithelfen, für Wildkräuter interessierte sich die gelernte Erzieherin, "als es meinem Mann eine Zeit lang nicht so gut ging und wir geschaut haben, wie wir uns ernähren können." Damals begann Claudia Wittmann, Kräuter für den Eigengebrauch zu sammeln.

2013 bekam sie den Betrieb von ihren Eltern überschrieben, die hier Ackerbau im Nebenerwarb betrieben hatten. "Mein Vater hat gesagt, dass ich den Hof auch verpachten könnte", aber dieser Gedanken gefiel ihr nicht. "Mein Anspruch war, wenn ich Land habe, dann will ich es auch bewirtschaften." Zunächst stellte sie die 9,5 Hektar auf Biolandwirtschaft um, entschied sich dann für eine Ausbildung zur Kräuterpädagogin und sammelt die Pflanzen auf ihren eigenen Flächen. "Mein Vater war skeptisch, ob und wie das alles funktionieren kann, aber jetzt arbeitet er total gern mit." Und nicht nur das, er steht ihr auch mit seiner Erfahrung zur Seite. Denn Claudia Wittmann hat heuer Gerste, Dinkel und Kleegras angebaut. "Außerdem gibt es eine Ecke für Kartoffeln, Karotten und Zwiebeln, die ich fürs Kochen brauche."

Während auf den Feldern das Unkraut durch Fruchtfolge und mechanische Verfahren im Zaum gehalten wird, sind die Wildkräuter sich selbst überlassen. "Was mir an ihnen gefällt ist, dass man das Gericht jedes Mal aufwerten kann. Sie besitzen mehr Inhaltsstoffe als die gezüchteten", das bedeutet auch, dass sie oft bitterer schmecken. Das sei auch bei anderen Gemüsesorten so gewesen, bis der Mensch durch Zucht ihren Geschmack veränderte. Oder eben erst später in Deutschland anbaute: "Der Spinat kam mit den Römern zu uns", vorher aßen die Menschen eben, was sie in ihrer Nähe fanden, also Brennnessel oder Giersch. Beides hielt sich auch noch lange danach als "Arme-Leute-Essen". Heute lasse sich beides gut kombinieren, erklärt Claudia Wittmann, als Knödelzutat vertragen sich Spinat und Giersch gut miteinander.

Ohnehin kocht die Kräuterexpertin in ihrem Catering-Service "für Erwachsene meist vegetarisch oder vegan", gerne gefüllte Paprika, Gemüseauflauf und Lasagne.

Auch für Kindergärten steht die 44-Jährige in der Küche, sie selbst hat früher in Kinding als Erzieherin gearbeitet. "Von damals ist übrig geblieben, dass ich mich am Ferienprogramm beteilige." Die Wanderungen seien mit Kindern "komplett anders", sagt sie. Besonders gut könnten sich die Kleinen die Unterschiede zum giftigen Doppelgänger merken, "da ist das Interesse bei Kindern ganz stark". Ein Beispiel ist der Bärlauch - er wird schnell mit dem Maiglöckchen verwechselt.

Aber egal, ob Kinder oder Erwachsene, alle freuen sich über das, was nach einer Wanderung auf dem Teller oder im Glas landet. Wie der Frühling schmeckt, lässt sich mit einem Smoothie erkunden. Eine Handvoll Vogelmiere und Taubnessel werden mit Birne und einem Schluck Haferdrink gemixt. Auch die Dekoration ist essbar - Gänseblümchen galten im Mittelalter als Heilmittel.
 

Tina Steimle