Hilpoltstein
Vom Versuch, die Töne runder zu machen

Orgel der Christuskirche wird gereinigt und restauriert - Mitte März soll sie wieder erklingen

25.02.2019 | Stand 23.09.2023, 6:04 Uhr
  −Foto: Bader

Hilpoltstein (HK) Die alte Steinmeyer-Orgel in der evangelischen Christuskirche in Hilpoltstein wird zurzeit gereinigt und in Stand gesetzt. Rund 400 Stunden brauchen die Mitarbeiter der Firma Friedrich aus Oberasbach, bis das Instrument nicht nur in altem Glanz erstrahlen, sondern wohltönend den Raum füllen kann.

Gleich am Anfang stand eine gründliche Reinigung der Pfeiffen an. "Jede einzelne wurde ausgebaut und in einem Wasserbad sorgfältig mit Seife und einem Flaschenputzer gesäubert", erklärt Dominik Friedrich, Chef des gleichnamigen Orgelbauunternehmens. Er steht mit seinem Mitarbeiter Wolfram Wittekind auf der Empore der evangelischen Kirche und baut hier Teil für Teil auseinander, um es entweder gleich vor Ort oder - wenn nötig - in der Werkstatt in Oberasbach aufzuarbeiten.

Pfeifen und komplette Register, Teile der Windlade und die Klaviatur sind ausgebaut und liegen auf dem beengten Platz feinsäuberlich nebeneinander. Jetzt kniet sich Dominik Friedrich gerade hinter die Klaviatur. Hier wurde jede einzelne Taste herausgenommen, die Kontakte der elektropneumatischen Steuerung gereinigt und die Tastenführungen mit Garnierstreifen aus Kaschmir neu ausgelegt. Die Anschläge wurden zudem mit frischem Filz unterlegt, so dass jetzt Taste für Taste neu eingestellt werden muss. "Ich muss darauf schauen, dass die Tasten vollkommen eben nebeneinanderliegen und der Tastenweg, bis der Ton erklingt, wirklich immer identisch ist", sagt Friedrich und dreht an den winzig kleinen Stellschrauben.

"Aufgefallen ist uns, dass das Netzteil der gesamten Orgel zu schwach ist", erzählt der Fachmann während der Arbeit. Hier habe es schon einige Male Probleme gegeben, so dass die Sicherung ausgelöst wurde und das Orgelspiel abrupt zu Ende war. "Die Orgel wurde 1958 und 1973 ausgebaut und erweitert", sagt er. "Hier hat man aber kein entsprechend besseres Netzteil eingebaut." Der Elektriker, der Steckdosen einbauen soll und das Netzteil liefern wollte, schaut zufällig in der Kirche vorbei. Er hat auf der Suche nach einem passenden Gerät auf Granit gebissen. "Es ist schwieriger als gedacht, ich habe bisher nichts Passendes", sagt er. Hier kann Friedrich helfen: "Wir müssten noch eines bei uns in der Werkstatt haben, das bringe ich mit."

Wolfram Wittekind kniet derweil unter den Orgelpfeifen, wo das alte Netzteil untergebracht ist und der Motor für die Luftzufuhr steht. Er hat gerade Teile der Windlade vor sich, bei der mit der Reinigung allein nichts zu erreichen war. Er deutet auf die weißen Ledereinfassungen, die sich beim Pumpen der Luft ständig bewegen. "Hier hat man mit dem damals neuartigen Material Viledon gearbeitet, das sich wie wachsbeschichtetes Papier anfühlt." Doch was als Verbesserung gedacht war, hat sich nicht bewährt. "Es ist in der Zwischenzeit an einigen Stellen porös und gerissen", sagt Wittekind. "Wir nehmen Leder, so wie es schon vor 150 Jahren verwendet wurde, das ist nach Ewigkeiten noch wie neu." Ein ähnliches Problem haben die Orgelbauer mit den Taschenventilen, die später die Pfeifen zum Tönen bringen sollten. Hier wurde zwar noch mit Leder gearbeitet, dafür hat man aber an den Dichtungen Schaumstoff verwendet. "Die sind inzwischen zu einem Großteil porös und bröseln weg", sagt Wittekind. "Das haben die damals extra verwendet, damit die Nachfolger etwas zu reparieren haben", schmunzelt er. Das Vergnügen will er anderen Orgelbauern nicht gönnen: "Jetzt machen wir die Dichtungen wieder aus mit Filz verklebtem Leder, wie es schon bei den ersten Orgeln üblich war", sagt er.

Überhaupt sieht er bei vielen Orgelbauern wieder die Rückkehr zu alter Tradition. "Viele sind vollkommen eisern und verwenden nur Material, das sich seit den Anfängen des Orgelbaus bewährt hat", sagt er. "Nur bei der Elektronik toben sie sich aus, da braucht man inzwischen sogar Displays."

Wenn die ganze Technik wieder in einwandfreiem Zustand ist, werden die Register Pfeife für Pfeife wieder eingesetzt und reihenweise abgehört. Dabei werden auffällige Töne nachintoniert und schließlich gestimmt. Das macht im Übrigen fast ein Viertel der gesamten Arbeitszeit aus: Rund 100 Stunden rechnet Dominik Friedrich dafür.

Bei der Hilpolsteiner Orgel bemerkt man laut Wittekind den Wandel von den tieferen Tönen in der Zeit der Romantik hin zu den brillanteren, dadurch aber oft auch sehr schrill hervortretenden Tönen, wie sie in den 60er- und 70-Jahren Mode waren. "Die Organistin hat uns gebeten, uns die Obertöne etwas genauer anzusehen", sagt er. "Wir versuchen, dass das Klangbild insgesamt wieder etwas tieftöniger wird und die hohen Töne wieder etwas runder herauskommen."

Ob ein Kirchenbesucher das merkt? "Wer nur selten da ist, wird es vielleicht nicht gleich merken", sagt Wittekind. "Aber wer regelmäßig zum Gottesdienst kommt, wird den leicht veränderten Klang mit Sicherheit sehr schnell feststellen." Spätestens Mitte März haben die Gläubigen dann die Möglichkeit, die frisch restaurierte Orgel in ihren ganzen Klangpracht zu erleben.

Kai Bader