Vom Flaniergarten zum Bürgerpark

16.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:10 Uhr
Im Wandel der Zeit: Der Eichstätter Hofgarten in einem Stich aus dem Jahr 1766 von Johann Michael Franz (links) und in einem Luftbild von 2017 von Rudolf Hager. −Foto: Archiv

Ein Blick in die Geschichte und auf die Pflanzenwelt des Eichstätter Hofgartens: Über 180 Bäume und Sträucher gibt es dort - ein bemerkenswertes Arboretum auf knapp 22500 Quadratmetern mitten in der Stadt

Eichstätt - Der Hofgarten ist ein Idyll im Osten der Stadt - ein Ort der Ruhe und der Entspannung, eine Oase der Erholung mitten auf dem Campusgelände der Katholischen Universität in Eichstätt. Eingesäumt zwischen der ehemals fürstbischöflichen Sommerresidenz und den barocken Pavillons finden sich auf knapp 22500 Quadratmetern Fläche über 180 Bäume und Sträucher. Und was selbst viele Eichstätter nicht wissen: Der Hofgarten ist tatsächlich ein bemerkenswertes Arboretum mit rund 60 verschiedenen Gehölzarten - darunter so manch exotische Erscheinung und markante Baumpersönlichkeit.

Zunächst lohnt sich ein kurzer Blick in die lange Geschichte des Gartens, der zeigt, wie sich die Anlage in den vergangenen Jahrhunderten und Jahrzehnten immer wieder gewandelt hat. Bemerkenswert ist beim Blick in die Archive und in die Recherchen, die Johann Bauch in einer Broschüre des Naturpark Altmühltal zusammengefasst hat: Einen gorßteil seiner ursprünglichen barocken Pracht hat der Garten erst 1977 wieder zurückerhalten.

Fürstbischof Freiherr Franz Ludwig Schenk von Castell (1761 - 1736), der seinerzeit auch die Korruption im Fürstbistum eingedämmt und Visitationen in den Pfarreien geführt hatte und zudem gerne repräsentative Feste gegeben hat, ließ sich 1735 von seinem Graubündener Hofbaumeister Gabriel de Gabrieli (1671 - 1747) die Sommerresidenz errichten. Gabrieli schuf ebenfalls die drei Pavillons der Gartenanlage in barocker Pracht. Seinerzeit war der Garten exakt so breit wie die Sommerresidenz.

Das änderte sich mit Johann Anton III. Freiherr von Zehmen (1715 - 1790) der von 1781 bis 1790 als Fürstbischof im Hochstift Eichstätt regierte. Er erweiterte die Anlage nach Westen. Die Pflanzungen zeigten sich damalsstreng in Reih und Glied, sorgfältig gestutzt und mit niedrigen Hecken, die ornamental angelegt waren; ein typischer Barockgarten nachdem Geschmack der damaligen Zeit, in dem die Natur als formbares, lebendes Architekturelement genutzt wurde. Verschiedene zeitgenössischen Stichen dokumentieren das damalige Erscheinungsbild.

Eine weitere grundlegende Änderung folgte mit der Säkularisation. 1802: Sommerresidenz und Anlage verblieben zwar weiterhineinige Jahre im Besitz des letzten Eichstätter Fürstbischofs Joseph Graf von Stubenberg (1740 - 1824), der noch bis 1821 Bischof von Eichstätt war. Ab 1817 nahmen dann die Herzöge von Leuchtenberg mit dem ersten Fürsten von Eichstätt, Eugène-Rose de Beauharnais (1781 - 1824), Stiefsohn von des französischen Kaisers Napoleon I. und Schwiegersohn des Bayerischen Königs Maximilian I. Joseph, die Anlage in Besitz.

Die Leuchtenberger richteten in der ehemals fürstbischöflichen Residenz ihr Naturalienkabinett ein - Teile ihrer großen Sammlung an Tierpräparaten und Mineralien sind heute noch vorhanden und werden im Priesterseminar verwahrt. Aus dem bis dahin feudalen Flaniergarten für Fürstbischof, Klerus und Adel wurde ein "englischer Garten", ein Park für die Bürger der Stadt. Die ältesten Bäume, die heute noch im Hofgarten zu finden sind, gehen in diese Zeit zurück.

Die bis dato gepflegte französische Strenge wich englischer Natürlichkeit, die Gartengestaltung sollte Landschaft widerspiegeln und für alle Bürger zugänglich sein - ganz im Zeichen des Zeitalters der Aufklärung, die in Eichstätt mit Ludwig Graf Cobenzl (1744 - 1792) geprägt wurde, Cobenzl war Dompropst in Eichstätt und Mitglied des Illuminaten-Ordens. Die Gartenanlage reichte nun über die Gabrieli-Pavillons hinaus über die Altmühl hinüber bis zum Cobenzl-Schlössl und den Leuchtenbergischen Waldanlagen, von denen heute im "KultURwald" am Hang jenseits der Bundesstraße ebenfalls noch deutliche Spuren zu verfolgen sind.

Mit einem Barockgarten hatte die Anlag in diesen Tagen allerdings nur noch wenig gemein. Das änderte sich erst wieder im vorigen Jahrhundert, ab 1977: Als die ehemalige Sommerresidenz zum Verwaltungssitz der Katholischen Universität umgebaut wurde, fiel auch jene Mauer, die seit 1872 den damaligen Obstgarten von der Residenz getrennt hatte. Dieser Obstgarten wurde dann wieder dem Hofgarten eingegliedert, die barocke Anlage mit den niedrigen Ornament-Hecken wurde neu angelegt: "ein reizvoller Kontrast zum englischen Garten", wie Johann Bauch in der Veröffentlichung des Naturparks bemerkt.

Doch wie ist es nun zu jenem, stattlichen Arboretum gekommen, das Naturfreunde, Botaniker und auch Forscher der Universität auch heute noch begeistert und beschäftigt?

Es war Franz Xaver Mayr (1887 - 1974), Priester und Naturwissenschaftler, dem die Eichstätter auch die naturwissenschaftlichen Sammlungen des Priesterseminars und auch die Gründung des Jura-Museums zu verdanken haben. Er hatte 1923 den Lehrstuhl für Naturwissenschaften an der damaligen Philosophisch-theologischen Hochschule übernommen und gestaltete den Garten systematisch über die Jahrzehnte zu einem botanischen Garten mit einer bemerkenswerten Vielfalt an Bäumen und Sträuchern um.

Wertgeschätzt wurde seine Arbeit ab 1986 dann vom Forstamt, das die Idee des Arboretums neu belebte und anfing, die wichtigsten Bäume zu beschildern. 1997 und 2014 wurden diese Beschilderungen erneuert und erweitert, so dass heute die Besucher der Anlage nicht nur Erholung im Grünen finden, sondern auch ihre botanischen Kenntnisse vertiefen können. Nur eines ist mit der Gartenanlage, die heute im städtischen Besitz ist, nicht zu machen: finanzieller Gewinn. Da geht es dem aktuellen Stadtkämmerer nicht anders als seinen Vorgängern vergangener Jahrzehnte und Jahrhunderte, wie ein Bonmot zeigt, das sich im Archiv des Heimatforschers Rudolf Hager findet. Demnach hatten sich schon zu Fürstbischofs Zeiten die Ratgeber den Kopf zerbrochen, wie die Ausgaben gemindert und die Einnahmen vermehrt werden könnten, bis einer der Adeligen diese Überlegungen mit den Worten beendete: "Wenn ein Hofgarten etwas eintrüge, so hätte jeder Bauer auf dem Dorf einen davon."

EK