Roth
Die Bahn stößt in Roth sofort auf Widerstand

27.05.2021 | Stand 23.09.2023, 18:51 Uhr
"Nein zum ICE-Werk": Etwa 50 Bewohner des Rother Ortsteils Harrlach haben am Mittwoch vor und während der Stadtratssitzung in der Roth Kulturfabrik gegen das ICE-Instandhaltungswerk protestiert, das vor entlang der westlichen Seite der Bahnstrecke Nürnberg-München auf gut 35 Hektar entstehen könnte. −Foto: Schmitt

Nicht nur in den Nürnberger Stadtteilen Fischbach und Altenfurt wird gegen das geplante ICE-Instandhaltungswerk der Deutschen Bahn protestiert, sondern jetzt auch im Landkreis Roth: Die Bürger des Rother Ortsteils Harrlach wehren sich bereits lautstark gegen das 400-Millionen-Euro-Projekt, das am Mittwochabend erstmals im Rother Stadtrat öffentlich vorgestellt wurde.

 

Dabei ist noch völlig offen, wo genau das ICE-Werk entstehen soll, das 450 Arbeitsplätze schaffen und Ende 2028 seinen Betrieb aufnehmen soll. Nach einer Vorauswahl unter rund 70 Flächen werden nun neun Standorte im südlichen Mittelfranken genauer untersucht und bewertet. Eine davon liegt nördlich von Allersberg und betrifft auch das Stadtgebiet von Roth sowie das Gemeindegebiet von Pyrbaum.

Etwa 50 Bewohner des Rother Ortsteils Harrlach haben am Mittwoch vor und während der Stadtratssitzung in der Roth Kulturfabrik gegen das ICE-Instandhaltungswerk protestiert, das vor entlang der westlichen Seite der Bahnstrecke Nürnberg-München auf gut 35 Hektar entstehen könnte. Das Areal, das zu den neun Flächen der Vorauswahl bei der Deutschen Bahn gehört, beginnt unmittelbar nördlich der beiden neuen Allersberger Gewerbegebiete und erstreckt sich auf das Gemeindegebiet der Stadt Roth.

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Die Harrlacher haben ihre Ablehnung mit zahlreichen Transparenten und Plakaten sowie lauten Schlachtrufen zum Ausdruck gebracht. Sie sehen sich durch die nahegelegene Sandgrube, die Allersberger Gewerbegebiete und das aus ihrer Sicht nun auch noch drohende ICE-Werk als außergewöhnlich belastet an. Ob es tatsächlich in die Nähe Roths kommt, steht aber noch gar nicht fest. Alle neun, nach einem ersten Verfahren ausgewählten Standorte im Ballungsraum Nürnberg werden ab September in einem Raumordnungsverfahren auf ihre Verträglichkeit untersucht. Das Areal Roth-Allersberg-Pyrbaum ist einer davon.

Zwei Vertreter der Bahn haben die Überlegungen dazu im Stadtrat vorgestellt. Dabei sind auch die Fragen der Harrlacher Ortssprecherin Sonja Ehemann beantwortet worden. "Wir wollen umfassend informiert werden", hatten die etwa 140 Bewohner Harrlachs zuvor in einem offenen Brief gefordert. "Nach unserem jetzigen Kenntnisstand lehnen wir dieses Bauvorhaben ab", hieß es in dem Schreiben weiter. Die Ortssprecherin übergab den beiden Bahn-Mitarbeitern eine entsprechende Unterschriftenliste. Sie versprachen einen intensiven Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern bei Versammlungen und Workshops (siehe unten).

Sonja Ehemann wollte wissen, wie es mit dem Lärm aussieht, der von dem Werk kommt, woher das Wasser für die Anlage kommen soll, in der täglich bis zu 25 ICE-Züge gewartet und gereinigt werden sollen, kommen soll, ob sich mit dem Werk der Verkehr für Harrlach erhöhen wird und wie sich die Ansiedlung mit bestehenden Natur- und Wasserschutzgebieten verträgt.

Insbesondere der Angst vor zusätzlichem Durchgangsverkehr trat Projektleiter Carsten Burmeister entgegen. "Es wird keine neue Zufahrt durch den Ort geben, sondern wir schauen dafür nach Süden", sagt Burmeister. Soll heißen: Der Straßenverkehr zu einem ICE-Werk an diesem Standort würde über die Autobahnanschlussstelle Allersberg und vorbei am Regionalbahnhof und an den künftigen Gewerbegebieten West I und II bei Altenfelden geführt.

 

In Sachen Schutzstatus habe man das berücksichtigt, was das Bundesnaturschutzgesetz vorgebe, hieß es von Seiten der Bahn. In Sachen Lärmschutz werde man so sorgen, dass es hinterher "nicht schlimmer ist als zuvor". Eine Wertminderung der Harrlacher Grundstücke sei deshalb nicht zu erwarten. Bei Wasser und Strom werde man sich an die örtlichen Versorger anschließen.

Der Fraktionsvorsitzende der Rother SPD, Sven Ehrhardt, verwies in der Stadtratssitzung auf den bereits gefassten Beschluss aus dem Landkreis-Norden (siehe unten). "Wendelstein bewirbt sich ja quasi", stellte der SPD-Fraktionschef fest und wollte wissen, ob dieser Vorstoß einen Einfluss auf den weiteren Auswahlprozess der Deutschen Bahn habe. "Für uns verändert dieser Beschluss nichts", sagte Projektleiter Burmeister. "Alle neun Standorte sind gleichbedeutend." Entscheidend werde das bevorstehende Raumordnungsverfahren bei der Regierung von Mittelfranken sein. "Anhand von 33 Kriterien findet dort eine klassische Abwägung von Schutzgütern statt", betonte der Projektleiter.

In dem ICE-Werk will die Bahn 450 neue Arbeitsplätze schaffen, die sie vor allem mit Personal aus der Region besetzen will. Der Grund für den Bau des bundesweit zehnten ICE-Instandsetzungswerks ist die angestrebte Verdoppelung der Fahrgastzahlen im Fernverkehr. "Wer A zu mehr Verkehr auf der Schiene sagt, muss auch B zu diesem Werk sagen", kommentierte Bürgermeister Ralph Edelhäußer das Projekt. Dennoch müsse man die Ängste der Bürger ernst nehmen. "Wir werden die Planung deshalb kritisch, aber fair begleiten."

HK

 

 

Robert Schmitt