Hilpoltstein
Kampf mit der Mörtelwanne

Polizei kontrolliert Fahrzeuge und stoppt Lastwagen mit schlecht gesicherter Ladung

20.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:08 Uhr

Hilpoltstein (HK) Handynutzer aus dem Verkehr zu ziehen: Das war das Ziel der Hilpoltsteiner Polizei bei den Verkehrskontrollen am gestrigen Donnerstag. Solche Verstöße gab es nicht. Dafür Fahrer ohne Führerschein, ohne Gurt und Lastwagen mit miserabler Ladungssicherung.

Erstes Opfer des Tages ist ein weißer Pritschenwagen, den die Polizisten am Altstadtring nahe der evangelischen Kirche herauswinken. Aus gutem Grund: Nicht nur, dass der Fahrer nicht angeschnallt ist, die Ladungssicherung ist mehr als dürftig. Auf der Ladefläche steht mittig eine große Mörtelwanne, die mit einem einzelnen Spanngurt gesichert ist. Wäre die Wanne leer, käme der Fahrer vielleicht mit einer Verwarnung davon. Ist sie aber nicht: "300 Liter Mörtel", sagt der Fahrer des Bauunternehmers, als die Polizistin Laura Steinhäuser über die Bordwand schaut. "Das ist aber nicht ihr Ernst?", fragt Steinhäusers Kollege Stefan Vollath. "Wenn Sie bremsen rutscht das Ding auf der sandigen Ladefläche nach vorne und bricht durch die Bordwand bis zu den Sitzen durch", prognostiziert er. Noch schlimmer wäre es laut Vollath bei einem Auffahrunfall. "Dann kommt der erste Schlag beim Auffahren, der zweite, wenn die Wanne an die Bordwand knallt." Der Fahrer versteht die ganze Aufregung nicht. "Ich will doch nur schnell...". Doch da kennen die Polizisten kein Erbarmen. "Nur schnell", gilt bei ihnen nicht. "Jeder hat eine Ausrede", sagt Vollath. Der eine fährt nicht in den Graben, weil er zu schnell war, sondern weil das klingelnde Handy ihn erschreckt hat, der andere legt bei einer Geschwindigkeitsmessung ein waghalsiges Bremsmanöver hin, weil ihn der rote Blitz so aus der Fassung bringt. "Es gibt keiner mehr zu, dass er etwas falsch macht", sagt der Beamte.

So auch bei dem Lkw-Fahrer, der der festen Überzeugung ist, dass der Gurt reicht. Doch Steinhäuser macht kurzen Prozess: "Entweder die Wanne muss ganz an der Fahrerkabine anliegen, oder es muss beispielsweise eine Palette dazischen, damit die Wanne nicht rutschen kann." 60 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg wird den Fahrer das kosten. Ein Kollege des Lkw-Fahrers soll schließlich helfen, der per Telefon gerufen wird. Das müssen die Beamten machen, weil der Fahrer selbst kein Handy hat. Doch gerade nach Handynutzern hätte die Polizei gesucht. Grund ist der bayernweite Aktionstag gegen Ablenkung im Straßenverkehr. Hier werden die Beamten an diesem Tag aber keinen Erfolg haben.

Dagegen hören sie einen Funkspruch des stellvertretenden Polizeichefs Siegfried Frauenschläger, der in Höhe des Norma-Discounters am Straßenrand steht und mit scharfem Auge durch die Windschutzscheiben blickt. "Weißes Auto, Fahrer nicht angeschnallt", tönt es aus Vollaths Funkgerät. Der passt den Wagen ab, winkt ihn zur Seite. Der Fahrer versucht erst gar nicht, sich rauszureden. "Ich kann Ihnen eine Verwarnung in Höhe von 30 Euro anbieten", meint Vollath süffisant. Und der Fahrer zahlt. Würde er das nicht, wäre eine Anzeige die Folge.

Wieder tönt Frauenschlägers Stimme aus dem Funk: "Bus vor blauem Lkw ohne Gurt - vergiss es", sagt er noch, während Vollath schon auf dem Weg zur Straße ist. "Der biegt gerade ab."

In der Zwischenzeit ist von dem Bauunternehmen ein Helfer da. Er hat ausschließlich zwei weitere Spanngurte dabei und erntet nur ein Kopfschütteln von Laura Steinhäuser. "Es muss etwas zwischen Wanne und Bordwand, damit sie nicht rutscht", bekräftigt sie. Der Helfer fährt ein zweites Mal los. Der Lkw-Fahrer setzt sich mit säuerlicher Miene wieder hinters Steuer.

Zehn Minuten tut sich nichts, kein Funkspruch von Frauenschläger. "Sigi, bist du noch wach", fragt Vollath per Funk grinsend nach. "Ja, ja", mault der zurück. Ich kann doch nichts dafür, wenn keiner telefoniert."

Sekunden später kommt ein Funkspruch "Weißer Golf, Fahrer hat keinen Führerschein." Vollath ist verdutzt. "Wie keinen Führerschein?", fragt er, hastet mit der Kelle Richtung Straße und bleibt auf halbem Weg grinsend stehen. "Ein Fahrschulauto. Das war die Retourkutsche", sagt er schulterzuckend.

Bei der nächsten Kontrolle hat die Frau, die auf den ersten Augenblick nicht angeschnallt zu sein schien, wirklich weder Führerschein noch Fahrzeugschein. "Ich hab das Auto der Apotheke, ich fahr doch nur ein Arzneimittel aus." Vollath stutzt. Ja, und? fragt er. "Ich fahr' zurück, ich hol' den Schein ", bietet sie an. Der Beamte lässt sich darauf ein: "Einem Hilpoltsteiner traue ich normalerweise."

Jetzt kommt der Helfer des Bauunternehmens erneut zurück. Er hat dicke Bretter dabei, die er zwischen Bordwand und Mörtelwanne klemmen will. Das eine Brett bringen die beiden kaum dazwischen, das andere ist deutlich zu kurz. Steinhäuser zieht nur die Augenbrauen hoch. Sie legt fest, wie die Bretter verspannt werden müssen, lässt ihn dann endlich weiterfahren. Allerdings nicht, ohne beide erst noch einmal über richtige Ladungssicherung zu belehren.

"Der Mörtel ist fest, bis der ankommt", sagt Vollath. Steinhäuser zuckt nur mit den Schultern: "Aber vielleicht lernt er es."

Kai Bader