Hilpoltstein
Der ÖPNV beißt sich am Autofahrer die Zähne aus

Laut VGN-Geschäftsführer Mäder ist der prozentuale Anteil der öffentlichen Verkehrsmittel am gesamten Aufkommen seit 30 Jahren nicht gestiegen

17.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:25 Uhr
Ein trügerisches Bild: Ein voller Pendlerparkplatz in Allersberg ist nicht ausschließlich ein Zeichen dafür, dass hier der öffentliche Nahverkehr gut angenommen wird. Sondern es kann auch der Beginn ein Problems sein. Denn wo es keinen freien Park&Ride-Parkplatz gibt, fährt der Pendler meistens lieber direkt mit dem Auto zur Arbeit. −Foto: Foto: Münch

Hilpoltstein/Roth (HK) Es ist kein erfreuliches Bild, das VGN-Geschäftsführer Andreas Mäder bei seinem Besuch im Verkehrs- und Umweltausschuss des Landkreises Roth gezeichnet hat.

Anstatt eines Umstiegs von mehr Menschen auf öffentliche Verkehrsmittel sieht der Verkehrsexperte eine rückläufige Entwicklung auf uns zukommen. Ebenso machte er wenig Hoffnung auf eine S-Bahn von Nürnberg bis Hilpoltstein.

Warum wenig Hoffnung? Mäder stützt sich da vor allem auf seine Erfahrungen mit ähnlich gelagerten Strecken. Wolle man da wirklich etwas Gutes, was dann auch genutzt werde, fragte Mäder. Von wem? Denn beispielsweise für die Menschen in Hilpoltstein brächte eine S-Bahn keinen Vorteil. Mit dem Auto sei man schnell am Regionalbahnhof und von da an seien es 14 Minuten nach Nürnberg. Deshalb geht Mäder generell davon aus, dass die Fahrgastzahlen wahrscheinlich nicht ausreichend wären. Zumal er die Kosten für eine Elektrifizierung und Ertüchtigung der Gredl-Strecke für immens hält. Gleiskörper und Oberleitung - da sei man im höheren zweistelligen Millionenbereich. "Tut man den Menschen mit der S-Bahn wirklich Gutes? "

Ähnliche Gedanken hatte auch Landrat Herbert Eckstein, der ebenfalls in den Fahrzeiten ein Problem der S-Bahn sieht. Von Hilpoltstein nach Roth 15 Minuten und von Roth nach Nürnberg 28 Minuten. Daneben gebe es den RE von Roth nach Nürnberg, der nur 19 Minuten brauche. Zudem sieht Eckstein aufgrund der Pendlerzahlen nach Nürnberg die beispielsweise bei Hilpoltstein unter 1000 lägen, das Fahrgastpotenzial ebenfalls als zu gering an. "Aber man kann grundsätzlich darüber reden", sagte er. Man könne auch gerne ein Gutachten in Auftrag geben, "wenn es der Wahrheitsfindung dient".

Es wäre mehr als notwendig, dass mehr Menschen auf Öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Das veranschaulichte Mäder anhand von Zahlen. 20 Prozent der Treibhausgase verursache der Verkehr - mit steigender Tendenz. 75 Prozent dieses Anteils entfielen auf die Straße und davon zwei Drittel auf den Pkw. "Wir kommen nicht darum herum, den Pkw-Verkehr zu verringern", sagte Mäder. Allerdings sieht es danach nicht aus, auch nicht in unserer Region. Da wächst die Bevölkerung, da steigt die Zahl der Haushalte und es nimmt der Verkehr stetig zu, nicht zuletzt weil die Wege zur Arbeitsstelle immer mehr länger und komplizierter werden - es bleibt oft nur das Auto. Zudem wird die Bevölkerung immer älter und die Menschen ab 65 gehören laut Mäder nicht zur ÖPNV-Klientel. "Nur vier Prozent fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln. " Unter dem Strich gehe man man beim VGN also nicht von einer Zunahme des ÖPNV aus, sondern eher von einem Rückgang, so Mäder. Trotzdem meldet der Verkehrsverbund Jahr für Jahr neue Rekordzahlen. Was aber kein Grund zum Schulterklopfen ist, denn der Zuwachs entspricht ausschließlich dem des Verkehrswachstums. Der Anteil des ÖPNV am Gesamtaufkommen ist laut Mäder seit 30 Jahren gleich. "Wir haben es nicht geschafft, eine Wende herbeizuführen. "

Natürlich hinterfragt das Unternehmen die Gründe für den fehlenden Umstieg. Die Ergebnisse der Umfragen sind allerdings deutlich und ernüchternd. Denn der häufigste Grund, warum jemand sein Auto stehen lässt ist mit weitem Abstand das Parkplatzproblem. Sprich, so lange die Chance besteht zu parken, wird auch gefahren. Dazu berichete der VGN-Chef aus eigenen Erfahrungen von drei Frauen aus Allersberg, die einen Job in Erlangen hatten. Zwei hatten einen Parkplatz auf dem Firmengelände, die dritte nicht. Man kann sich schnell ausrechnen, wer mit dem Pkw und wer mit Öffentlichen unterwegs war. Natürlich wurde auch nach den Gründen gefragt, warum man nicht mit dem ÖPNV unterwegs sei. Allen voran wurden schlechte Verbindungen, zu teuer und zu langsam genannt. Vor allem am Land nachvollziehbare Gründe. Es sei durchaus so, dass im ländlichen Raum das eigene Auto oft das günstigste Verkehrsmittel ist, so Mäder.

Trotzdem arbeitet der Verbund an vielen Projekten, die mehr Menschen zum Umstieg bewegen sollen. Sei es der S-Bahn-Anschluss von Allersberg, eine App, die im Fall von Staus auf die nächsten freien Parkplätze an Haltestellen hinweist oder eine Art regionales Versorgungszentrum an den Park-&Ride-Plätzen.

Rainer Messingschlager