Hilpoltstein
Ein Ultramarathon für die "Opa-Eisenbahn"

Die Einbindung der Gredl-Bahn ins S-Bahn-Netz ist teuer und langwierig - aber auch vielversprechend, sagt die aktuelle Studie

07.08.2020 | Stand 23.09.2023, 13:24 Uhr
Das Kreuz mit den Kreuzen: Nicht weniger als 22 Bahnübergänge gibt es auf der 11 Kilometer langen Gredl-Strecke. Der Studie zufolge sollen fünf geschlossen werden, was schon den Protest des Bauernverbands ausgelöst hat. Hilpoltsteins Altbürgermeister und Ausschussmitglied Helmut Neuweg bezeichnet die Pläne zu den Bahnübergängen dagegen als "vertretbar" und eine "vernünftige Basis". −Foto: Münch

Hilpoltstein/Roth - Die "Opa-Eisenbahn" von heute soll fit für die Zukunft werden: Dass das S-Bahn-Netz des Verkehrsverbundes Großraum Nürnberg eines Tages bis nach Hilpoltstein führt, ist inzwischen sogar ein offizielles Fernziel des Landkreises Roth geworden.

 

Einen entsprechenden Antrag, damit die Gredl-Strecke über das S-Bahn-Ausbauprogramm des Bayerischen Verkehrsministeriums angepackt und aufgewertet wird, hat der Landkreis längst gestellt, wie Landrat Herbert Eckstein bei der Sitzung des Mobilitätsausschusses des Kreistags in der Hilpoltsteiner Stadthalle betonte.

Doch solche Veränderungen im Schienennetz geschehen nicht von jetzt auf gleich, sondern benötigen noch weitaus mehr Zeit und Vorarbeit als so manch langwieriges Straßenbauprojekt. Das ist auch am Donnerstag bei der Vorstellung der mit Spannung erwarteten Vorstudie für eine Weiterentwicklung der Gredl-Bahn-Strecke zwischen Hilpoltstein und Roth deutlich geworden. Der Rother Bürgermeister und Leichtathletik-Kreisvorsitzende Ralph Edelhäußer (CSU) zog deshalb ein sportlich angehauchtes Fazit zu der S-Bahn-Studie: "Das wird mehr als ein Marathon. Eher ein Ultramarathon. " Schließlich rechnen die Planer allein für den ersten von mehreren Schritten zur Aufwertung der Gredl-Strecke mit einem knappen Jahrzehnt, so dass sich der Hilpoltstein-Rother Arbeitskreis "S-Bahn 2030" wohl früher oder später einen neuen Namen suchen muss.

Ungeachtet der notwendigen Anstrengungen und des kaum absehbaren Zeitrahmens herrschte nach der Vorstellung der Vorstudie jedoch ein Hauch von Aufbruchstimmung. Nachdem man es vor einigen Jahren geschafft habe, die Zukunft der Gredl mit der Aufnahme ins Dieselnetz zu sichern, kommt nun "hoffentlich der nächste Schritt", sagte Landrat Herbert Eckstein. Bezirksrätin Cornelia Griesbeck (CSU) sprach sogar von einer "großen Zukunft für den Landkreis Roth", sollte diese Verbesserung für den Öffentlichen Nahverkehr gelingen.

Roths Bürgermeister Ralph Edelhäußer beließ es dagegen bei einem "vorsichtigen Optimismus", dass das Vorhaben gelingt - auch da er gleich noch Proteste gegen die Pläne aus seinem Stadtgebiet vorbrachte. Für den Hilpoltsteiner Bürgermeister Markus Mahl (SPD) gebe es hingegen keine größeren Bedenken, die das Vorhaben ausbremsen würden. Für ihn sei die Studie deshalb "genau zu dem Ergebnis gekommen, das ich mir erhofft habe".

Die Kernbotschaft der Untersuchung lautet nämlich, dass eine Eingliederung der Gredl-Strecke ins S-Bahn-Netz des VGN der beste Weg wäre, um dem Schienenverkehr nicht nur in Hilpoltstein, sondern auch in Roth einen neuen Schub zu verleihen. Dass die Studie zu diesem Schluss kommen würde, habe er anfangs selbst kaum für möglich gehalten, gestand Planer Marc Perez, in dessen Augen die jetzige Gredl-Strecke die besagte "Opa-Eisenbahn" ist, die den Anforderungen eines modernen Bahnbetriebs nicht entspricht. Doch je länger er sich in das Thema der Gredl-Strecke einarbeitete, desto mehr sei er zu der Meinung gekommen: "Da ist was zu holen. " Auch wenn es ein langer Weg werde und auch noch viele Menschen von der Idee überzeugt werden müssen. "Aber hier lohnt es sich zu kämpfen", so Perez.

Klar ist aber auch, dass es ein kostspieliger Kampf werden wird, um die Gredl-Strecke in eine möglichst erfolgreiche Zukunft zu führen. Schon die ohnehin fällige Erneuerung der jeweils über 130 Jahre alten Eisenbahnüberführungen zwischen Hilpoltstein und Roth wird auf neun Millionen Euro geschätzt. Mit einem mindestens ebenso hohen Betrag wird dann für die notwendige Elektrifizierung der Studie gerechnet. Alles in allem sieht die Studie jetzt schon Kosten in Höhe von 33 Millionen Euro, bis die erste S-Bahn über Roth hinaus nach Hilpoltstein fahren kann. Für diesen Preis gäbe dann immerhin von früh bis spät einen 20-Minuten-Takt von Hilpoltstein in Richtung Nürnberg.

Aber nicht nur Hilpoltstein und Umgebung profitiert der Studie zufolge von einer Verlängerung der S-Bahn, sondern ausdrücklich auch die Kreisstadt selbst. Das größte Steigerungspotenzial überhaupt sieht die Untersuchung in der Rother Station Lohgarten. Diese würde mit einer verlängerten S-Bahn deutlich attraktiver als der Bahnhof der Kreisstadt werden, denn Fahrgäste aus Richtung Nürnberg und Schwabach hätten vom Lohgarten aus einen deutlich kürzeren Fußweg in die Rother Innenstadt. Noch gar nicht berücksichtigt in der aktuellen Studie ist, dass in direkter Nähe des Eckersmühlener Bahnhofs das große Baugebiet "An der Zwillach" entsteht, wo ein guter öffentlicher Nahverkehr wohl so einige Autofahrten einsparen könnte. Und auch die neue Offizierschule in der Otto-Lilienthal-Kaserne könnte über eine S-Bahn-Halt in Eckersmühlen gut erschlossen werden. Bislang werden die Soldaten stets mit Bussen an den Rother Bahnhof gebracht.

Doch daran wird sich so schnell nichts ändern. Allein auf sieben bis neun Jahre schätzen die Planer den Zeitraum, bis in einem ersten Schritt zur Optimierung der Gredl-Strecke die Bahnübergänge überarbeitet sind. Die Studie empfiehlt hier, drei Übergänge zu sanieren, zehn weitere mit einer technischen Sicherung auszustatten und fünf weitere Übergänge aufzulassen. Protest kommt hier schon vom Bayerischen Bauernverband. Gerade die Vollerwerbslandwirte im Rother Ortsteil Hofstetten fürchten weite Umwege, sobald manche Bahnübergänge wegfallen, wie Roths Bürgermeister Edelhäußer anhand eines Schreibens der Landwirte deutlich machte. Hilpoltsteins Altbürgermeister und Ausschussmitglied Helmut Neuweg bezeichnet die Pläne zu den Bahnübergängen dagegen als "vertretbar" und eine "vernünftige Basis".

Gerade beim Blick auf die Landwirte mahnte Landrat Herbert Eckstein jedoch: "All diese Diskussionen müssen hier geführt werden. " Deshalb sei es jetzt besonders die Aufgabe der Städte Hilpoltstein und Roth, Gespräche aufzunehmen und Einigungen mit den Betroffenen zu erzielen. Sobald aber auf kommunaler Ebene alle notwendigen Voraussetzungen für eine Verlängerung der S-Bahn-Strecke erfüllt sind, sei es das beste Signal für die übergeordneten Stellen, dass dem Landkreis Roth dieses große Verkehrsprojekt auch wirklich wichtig sei.

HK

 

Jochen Münch