Hilpoltstein
Unmut über Deutsche Bahn wächst

Landkreis sieht sich bei der Standortsuche für ICE-Werk übervorteilt und übergangen

07.12.2021 | Stand 23.09.2023, 22:11 Uhr
Mit viel Tamtam wurde vor gut einem Jahr im Nürnberger Verkehrsmuseum das Projekt ICE-Werk von Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer und ihrem damaligen Bundeskollegen Andreas Scheuer (beide CSU) hochgelobt. −Foto: Schamberger

Hilpoltstein - Wo kommt das neue ICE-Werk hin? Diese Frage ist nicht nur ungeklärt, sondern wirft auch viele weitere auf. Zum Beispiel, nach welchen Kriterien die Deutsche Bahn überhaupt eine Entscheidung fällt. Versprochen war eigentlich ein transparentes Verfahren. Da im September aus dem Nichts verkündet worden ist, dass von den ursprünglich 33 Standorten nur drei geeignet seien, wurden die Zweifel an dieser Transparenz aber immer größer.

Vor allem im Landkreis Roth wächst der Ärger. Ist der doch von allen drei übriggebliebenen Standorten - Harrlach, ehemaliges Munitionslager Feucht und südlich davon - betroffen. "Sich auf diese drei zu beschränken, das kann man nicht hinnehmen", sagte Landrat Herbert Eckstein (SPD) am Montag im Mobilitätsausschuss des Kreistags. Man wolle sich rechtlichen Beistand holen und das Raumordnungsverfahren begleiten. "Das ist deutlicher als jede Resolution." Diese solle es aber auch geben, forderte Udo Weingart (CSU). "Klar, die Bahn entscheidet, sie sollte aber auch wissen, dass der Kreistag diese Vorgehensweise missbilligt."

Noch einmal zur Erinnerung: Das ICE-Werk ist Teil des Programms "Starke Schiene", ein Mosaiksteinchen der Verkehrswende. Dazu soll die ICE-Flotte von aktuell rund 330 auf einmal 600 Züge ausgebaut werden, schon 2026 sollen es über 400 Züge sein. Rund 260 Millionen Reisende, doppelt so viele wie heute, sollen dann mit dem ICE durch Deutschland rauschen. "Um die 600 Züge instand zu halten, braucht es zehn neue Werke, um darin jeweils 25 Züge am Tag zu warten", sagte Bahn-Projektleiter Carsten Burmeister bei einer Infoveranstaltung im Juni. Dabei gehe es nicht um die Reparaturen kaputter Züge, sondern um den "Boxenstopp". Die Züge würden außen und innen gereinigt sowie entstört, Küche und Toiletten werden ver- und entsorgt, dazu kommen kleine Instandhaltungsarbeiten und die Radsatzprofilierung. Das ganze Werk hat einen Bedarf von rund 35 Hektar, eventuell auch weniger. Bei der Infoveranstaltung in Allersberg informierte Burmeister zur Ausdehnung: entweder 4,5 Kilometer Länge und 300 Meter Breite oder 3,2 Kilometer Länge und 450 Meter Breite.

Unstrittig für das Projekt ist, dass es im Umgriff des Nürnberger Hauptbahnhofs angesiedelt werden soll. Dabei kristallisierte sich zunächst eine Fläche zwischen Fischbach und Altenfurt als Favorit der Bahn heraus. Nach massiven Protesten in den beiden Nürnberger Ortsteilen und dem massiven Einschreiten des Nürnberger Oberbürgermeister Marcus König (CSU) samt Stadtrat wich die Bahn etwas zurück und präsentierte ein Verfahren mit 33 Standorten, von denen 9 in die engere Auswahl kamen. Fischbach/Altenfurt war noch dabei, fiel aber bei der Reduzierung auf drei Standorte heraus. Eine dubiose Rolle spielte Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der schon lange vor der Entscheidung bei einem Talk der "Nürnberger Nachrichten" im Juni erklärte, er sei sich "relativ sicher", dass das Werk nicht am Standort Fischbach/Altenfurt entstehen werde.

Im Moment scheint das Verfahren etwas ins Stocken geraten zu sein. Ursprünglich wollte die Bahn noch 2021 ins Raumordnungsverfahren gehen. "Bisher ist noch nichts bei der Regierung", sagte Eckstein. Wie die Bahn "genau tickt", wolle er bei einem Gespräch mit Bayerns Bahn-Chef Klaus-Dieter Josel erfahren. Dieses hätte jetzt stattfinden sollen, sei aber auf den 20. Januar verschoben worden. Sinn habe dieses Gespräch aber nur, wenn wir die Zusage haben, "dass die Raumordnungsunterlagen bis dahin nicht eingereicht werden". Was offensichtlich der Fall ist, denn in einer aktuellen Mitteilung der Bahn heißt es, dass man die Unterlagen Ende Januar einreichen wolle. "Dazu erfolgt nach Einreichung der Unterlagen und einer anschließenden Vollständigkeitsprüfung voraussichtlich im März 2022 die Offenlegung bei den Gemeinden im Internet."

Im Übrigen wartet man im immer noch darauf, dass die Bahn das Projekts im Kreistag vorstellt.

HK

Rainer Messingschlager