Nürnberg
Tierschützer versus Tiergarten

Unter dem Motto "Leert die Becken" demonstrieren Tierschützer gegen die Delfinhaltung in Nürnberg

13.05.2019 | Stand 23.09.2023, 6:58 Uhr
Knapp 50 Gegner der Delfinlagune sind am Samstag gekommen, um sich vor dem Eingang des Tiergartens mit Protestplakaten zu versammeln. −Foto: Pelke

Nürnberg (HK) Mitten im Lorenzer Reichswald am Rande der Stadt Nürnberg liegt einer der schönsten Landschaftszoos Europas. Dennoch kommt der Tiergarten Nürnberg seit Jahren nicht zur Ruhe. Immer wieder protestieren Tierschützer gegen die Delfinhaltung in Franken.

Die Nürnberger Delfinlagune ist den Aktivisten ein Dorn im Auge. Unter dem Motto "Empty the Tanks" (Leert die Becken) haben Delfin-Freunde am Samstag zum wiederholten Mal gegen das Nürnberger Delfinarium protestiert. Knapp 50 Delfinarium-Gegner haben sich vor dem Eingang des Tiergartens mit Protestplakaten versammelt.

Auch Manuaela Crausemann verteilt Broschüren über die "Wahrheit", die Besucher in Delfinarien niemals erfahren würden. "Ich bin extra aus Kaiserslautern nach Nürnberg gefahren, um gegen die Delfinhaltung zu protestieren", erklärt die überzeugte Tierschützerin und erzählt, dass sie in der letzten Nacht kaum ein Auge zugetan habe. Nicht vor Aufregung konnte die Tierschützerin nicht schlafen, sondern fränkische Nachtschwärmer hätten der Delfinfreundin den Schlaf geraubt. "Unser Hotel ist direkt in der Altstadt gewesen", berichtet Crausemann und erklärt, dass ihr für die Rettung der Delfine kein Weg zu weit, kein Aufwand zu groß sei. "Ich lehne Delfinarien einfach komplett ab."

Ein Dokumentarfilm habe der Tierfreundin vor sieben Jahren die Augen geöffnet. Nach Nürnberg sei sie gekommen, um anderen Besucher ebenfalls die Wahrheit über Delfinarien zu erklären, sagt sie. Schon zehn Delfinarien hätten in Deutschland ihre Pforten geschlossen. Übrig geblieben seien nur noch die Zoos in Duisburg und Nürnberg, sagt die Tierschützerin und verweist auf eine Broschüre einer gemeinnützigen Meeressäuger-Umweltschutz-Gesellschaft.

Darin wird die "mittelfristige Schließung aller Delfinarien" gefordert. Delfine seien "Kassenmagnete" für die "Delfinarien-Industrie", heißt es darin. Hinter dem Flyer steckt "Pro Wal". Explizit wird darin die Nürnberger Delfinlagune aufs Korn genommen. Die Becken für die Tümmler seien "viel zu klein" und "viel zu flach".

Hinter der Meeressäuger-Umweltschutz-Gesellschaft steckt Andreas Morlok aus Radolfzell am Bodensee. Morlok (Jahrgang 1966) ist Buchautor von Beruf, heißt es auf seiner Internetseite. Umwelt- und Artenschutz stünden "als Lebensaufgabe" bei Morlok im Mittelpunkt. Ausführlich wird der Leser darüber aufgeklärt, wie man mit steuerlich absetzbaren Spenden den Buchautor vom Bodensee unterstützen könne. Manuela Crausemann ist von den Thesen des Tierschützers überzeugt. Auch wenn dieser heute überhaupt nicht in Nürnberg anwesend ist.

Zur Protestaktion hat Jörn Kriebel aus Hessen eingeladen. Seine Initiative heißt "Save the Ocean". An die Demo angeschlossen hat sich auch David Pfender von der britischen Wal- und Delfinschutzorganisation "WDC". Pfender hat aufblasbare Delfine mit nach Nürnberg gebracht. Als Meeresbiologe ist Pfender der festen Überzeugung, dass Delfine nicht artgerecht in Gefangenschaft gehalten werden können.

Pfender fragt nicht nach der Motivation der beteiligen Organisationen, mit denen er gemeinsam gegen die Delfinhaltung auf die Straße gehe. Beim Kampf gegen die zwei letzten Delfinarien in Deutschland - neben Nürnberg gibt es wie bereits erwähnt noch in Duisburg eine Delfinhaltung - heiligt offensichtlich der Zweck der Mittel. Manchmal sei das eine Gratwanderung, gibt Pfender unumwunden zu. "Aber ich finde es toll, dass sich so viele Menschen für Delfine engagieren", sagt Pfender, der nach eigenen Angaben hauptberuflich bei der britischen Wal- und Delfinschutzorganisation in München angestellt ist. Die Tiergärten würden die Delfine nicht vor dem Aussterben bewahren, sagt Pfender. Die Zucht in den zoologischen Gärten finde nur zum Selbsterhalt der Delfinarien statt. "Es ist noch kein Delfin ausgewildert worden."

Derweil geht das Programm im Tiergarten auch an diesem Samstag ganz normal weiter. Unter dem Titel "Was Sie schon immer über Delfine wissen wollten" finden am Samstag zwischen 11 und 15.30 Uhr vier Delfin-Präsentationen in der Lagune für das Publikum statt. Mit dem Tiergarten kommen die Aktivisten an diesem Tag nicht direkt ins Gespräch. "Wir haben über 3000 Delfine gebastelt. Die wollten wir eigentlich dem Tiergarten-Direktor übergeben. Aber Dag Encke ist nicht gekommen", sagt David Pfender zum eher unspektakulären Ende der Protestaktion.
 

Nikolas Pelke