Abenberg
Tiefsinn mit Witz, Biss und Ironie

Ungebrochene Spielfreude auf Burg Abenberg - Haindling verzaubert Fans auch im 37. Jahr

09.07.2019 | Stand 02.12.2020, 13:33 Uhr
Viel Analoges vor digitaler LED-Wand: Hans-Jürgen Buchner und Haindling glänzen wieder einmal auf Burg Abenberg. −Foto: Hertlein

Abenberg (HK) Haindling ist 37 Jahre alt, unverwüstlich, noch immer ein Magnet und ein Garant für gepflegte Unterhaltung, Hans-Jürgen Buchner und seine Kumpane sind nach all den Jahren noch immer etwas Besonderes, etwas Außergewöhnliches. Das ist am Sonntag beim Gastspiel auf der Burg Abenberg nicht anders. Bayrisch mit Augenzwinkern, mit Tiefsinn mit Witz, mit Biss und Ironie. Gleichzeitig das globale Weltmusik-Geschehen im Sinn.

Ein kurzweiliges Vergnügen samt Buchners Mitmach-Therapie-Einheiten für die treue Anhängerschaft. Wie eh und je gibt es Gymnastik für Hirn und Knochen und dazu ein wirkliches nettes Tour-Motto: "Seid's freindlich!" Zum vierten Mal beehren Buchners Haindling am Sonntag die Burg Abenberg, gar nicht so oft in fast vier Jahrzehnten - aber immer wieder schön, anspruchsvoll, zeitlos.

Für weibliche Geburtstagskinder setzt sich Buchner eigens nochmals ans Klavier spielt ein Ständchen, schüttelt Hände, lehrt die Besucher im Spielen einer vietnamesischen Maultrommel, bearbeitet mit Multi-Instrumentalist Michael Braun Klanghölzer. Buchner präsentiert am Sonntag auch musikalische Ausschnitte aus Josef Vilsmaiers 2017 erschienem Werk "Bayern - Sagenhaft". Die Filmmusik stammt selbstredend von Haindling.

Dazwischen bietet man Fingeryoga für die Fans an. Schnippen im Takt, schunkeln im Walzertakt - und dazu den Querschnitt von Haindlings Schaffenskraft. Da ist in mehr als drei Jahrzehntens einiges zusammen gekommen "I hob rote Haar", "Karussell", "Paula", "Spinn I", "Du Depp du" - die Mitmusiker verulken sich gegenseitig bei "Hutzlmandl" und "Wie sich Fische küssen". Da scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Im gleichen Atemzug auch Buchners Frontalangriff auf Telefon, auf die Smartphone-Gesellschaft. Auf der Bühne selbst ist das Moderne präsent. Ein Radio-Sender und Sponsor macht Tour-Reklame auf einer großen LED-Wand.

Vor der Wand sind wahre Berge von - analogen - Instrumenten aufgetürmt, das Auge verliert da leicht den Überblick, die sechs Musiker behalten ihn. Von Tuba bis Alphorn, Trompeten, Akkordeon, Saxophon bis hin zu exotisch afrikanischen Trommeln fehlt es an nichts. Buchner und seine Mitstreiter Michael Braun, Peter Enderlein, Reinhold Hoffmann, Michael Ruff und Wolfgang Gleixner sind allesamt 27 oder gar 37 Jahre dabei. Das prägt, das schweißt zusammen, da steckt Harmonie drin, Unaufgeregtheit und eben Spielfreude mit Gütesiegel. Und natürlich auch niederbayrischer Charme.

Der englisch-fränkische Musiker Kevin Coyne hat Haindling Anfang der 80er-Jahre den esten Plattenvertrag verschafft. Holländer und Universal-Genie Herman van Veen ist Haindling-Anhänger und covert schon mal das eine oder andere Stück in holländischen Gewand. "Brust raus" fordert Buchner in seinem Schlachtruf: "Bayern, das san mir, das bayrische Bier, das Reinheitsgebot ist unser flüssige Brot." Schnell schaltet der Ober-Haindling um und ergänzt: "Franken, das san mir." Zumindest auf der Burg. Eine amüsanter Abend zwischen Traditionellem und Globalem - der Spagat gelingt locker, verziert mit Haindlings Aufforderung und ernstem Anliegen: "Leit, hoit's z'sam." Bereits 1993 kommt Buchner erstmals zu dieser Erkenntnis. Auch nach 26 Jahren hat diese absolute Gültigkeit. Und überhaupt: "Seid's freindlich!." Auch dagegen ist nichts einzuwenden.