Nürnberg
Streit um Steintribüne entbrannt

Gruppe um den Schriftsteller Reinhard Knodt will Bürgerbegehren gegen Instandsetzung der Steintribüne

29.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:49 Uhr
Rund 85 Millionen Euro soll die Instandsetzung von Steintribüne und Zeppelinfeld kosten. Die sichere Begehbarkeit aller Bereiche soll das Ziel der Maßnahmen sein. Auch die Räume im Inneren der Tribüne wie der "Goldene Saal" sollen saniert werden. −Foto: Karmann/dpa

Nürnberg (HK) Um die millionenschwere Sanierung der Zeppelintribüne auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg schwelt ein Streit.

"Die Bevölkerung tippt sich angesichts der veranschlagten Summen einfach nur an die Stirn", sagt Reinhard Knodt und verweist auf die rund 85 Millionen Euro, die die Stadt für die bauliche Sicherung der Steintribüne gemeinsam mit Bund und Land ausgeben will.

Knodt will gemeinsam mit einer Gruppe von Aktivisten ein Bürgerbegehren starten, um die geplante Instandsetzung der maroden Steintribüne und des Zeppelinfeldes mit seinen Zuschauerrängen doch noch zu verhindern. Knodt gehe es in dem Konflikt nicht um Konfrontation nach dem Motto: Verfallen lassen oder teuer renovieren. Knodt und seine 150 Mitstreiter, die einen Offenen Brief an Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) kürzlich unterzeichnet haben, gehe es vielmehr um die Korrektur der städtischen Pläne und die Suche nach einer zukunftsweisenden Lösung.

Die Steintribüne wollen Knodt & Co. in ihrem Ist-Zustand erhalten. "Das ist billig und kostet nur die Füllmasse und die Einspritzarbeiten", sagt Reinhard Knodt. Anschließend könne die Tribüne stehenbleiben und langsam weiter zerfallen. "Das dauert zweihundert Jahre, das ist Mahnmal genug. " Den großen Rest des Geldes könnte die Stadt dem Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände im Kopfbau der Kongresshalle zur Verfügung stellen und in die Gärten rund um den Dutzendteich investieren, schlägt Knodt vor.

Überhaupt wünscht sich Knodt für die Zukunft der Steintribüne eine "gärtnerische Lösung". Auf diese Weise würden die Nürnberger ihre ehemalige, vor-nazionalsozialistische Gartenlandschaft zurückerhalten. Rund um den Dutzendteich hätte es vor der NS-Herrschaft eine beliebte Flaniermeile mit verschiedenen Restaurants gegeben. Das Strandcafé Wanner zeugt noch heute von dieser Tradition. Ein derartiges Naherholungsgebiet könnte laut Knodt rund um die marode Steintribüne wieder entstehen.

Außerdem, freut sich Knodt, könnten dann keine Autorennen auf dem historischen Gelände mehr stattfinden. Beim Norisring-Rennen rasen Tourenwagen einmal im Jahr an der Steintribüne vorbei. Diese Autorennen auf dem Zeppelinfeld seien "die übelste atmosphärische Entgleisung" gegenüber einem Mahnmal, die er sich vorstellen könne. "Schlimmer wäre höchstenfalls noch die Einrichtung einer Tankstelle auf einem Friedhof. "

Im Nürnberger Rathaus scheint man von den alternativen Ideen nicht viel wissen zu wollen. Sehr zum Verdruss der Aktivisten, die sich darüber ärgern, dass die Stadt den Deckel auf der Diskussion halten wolle. "Ich hatte bisher eigentlich immer die Hoffnung, dass die Pläne der Stadt nicht so festgenagelt sind. Dass die Idee selber wirken könnte und dass die Stadt im Rahmen der bisherigen Ideen umplanen würde. Dass man uns also anhört", sagt Knodt. Aber diesen Eindruck habe er mittlerweile leider nicht mehr. Stattdessen versuche die Stadt den Alternativvorschlag ins Lächerliche zu ziehen. "Herr Maly meint ja, heutige Diktatoren mit der Nürnberger Reichsparteitagspädagogik bekämpfen zu können", macht sich Knodt seinerseits über die Ambitionen der Rathausspitze mit dem nationalen Erbe lustig.

Nun will Knodt als Antwort ein Bürgerbegehren auf den Weg bringen, um die Interessen von Bevölkerung und Stadtregierung wieder in Einklang zu bringen. "Ich suche momentan Helfer für die Organisation des Bürgerbegehrens", gibt sich Knodt kämpferisch gegenüber den Plänen der Stadt, die monumentalen NS-Hinterlassenschaften im heutigen Ist-Zustand zu erhalten.

Laut Oberbürgermeister Maly geht es der Stadt nicht um eine Restaurierung, sondern um eine "langfristige Sicherung" des Status quo. Damit sich nachfolgende Generationen an den authentischen Originalschauplätzen mit der NS-Vergangenheit auseinandersetzen können. Das Gelände steht im Übrigen unter Denkmalschutz.

Nikolas Pelke