Landkreis Roth
"Die schönsten Jahre meins Lebens"

Sebastian Reinwand beendet nach neun Jahren seine Profikarriere als Läufer - Nominiert für die Wahl zum Sportler des Jahres

03.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:32 Uhr
Der Höhepunkt seiner Karriere: Sebastian Reinwand startet bei der Leichtathletik-Eurpameisterschaft in Berlin im Nationaltrikot. −Foto: Wilhelmi

Kammerstein (HK) "Einmal im Nationaltrikot, das war mein Kindheitstraum." Sebastian Reinwand hat sich diesen Traum erfüllt. Für seine sportlichen Leistungen in seiner letzten Profisaison ist der Kammersteiner jetzt für die Wahl zum Sportler des Jahres im Landkreis Roth nominiert.

"Das war die Krönung", sagt Sebastian Reinwand über den Wettkampf, der seinen Kindheitstraum erfüllte. Bei der diesjährigen Leichtathletik-Europameisterschaft in Berlin gehörte er zur deutschen Marathon-Nationalmannschaft und erreichte mit einer Zeit von 2:19:38 Stunden den 34. Platz im 72 Mann starken Starterfeld. "Damit habe ich mehr erreicht, als ich mir vorgestellte hatte", sagt der 31-Jährige, der nach neun Jahren als Profi zu den Amateuren zurückkehrt und künftig den Leichtathletik-Nachwuchs im Landkreis fördern will.

Die ersten Schritte seiner Läufer-Karriere hat Sebastian Reinwand in der Büchenbacher Leichtathletikabteilung absolviert. Ein Schulwechsel von Schwabach ans Rother Gymnasium gab dann den endgültigen Startschuss für seine sportliche Karriere. 2003 wurde er bei der Rother Leichtathletik-Koryphäe Loni Schroll vorstellig. Er hat Reinwand gleich als großes Talent erkannt. "Loni hat mich mit Herzblut trainiert", erinnert sich Reinwand. "Über Jahre hinweg war er für mich eine Vaterfigur." Während Reinwand der Ehrgeiz gepackt hatte, setzte Schroll auf Engagement und Disziplin. "Er hat ausschließlich Jugendliche gefördert, die auch regelmäßig trainierten." Fünf bis sechs Mal pro Woche hat Reinwand fortan die Laufschuhe geschnürt, zweimal gemeinsam auf der Laufbahn. Das weitere Training wurde täglich abgesprochen.

Sebastian Reinwand ist ein echtes Kind des Landkreises Roth. Seine frühe Kindheit hat er in Rohr verbracht. Ab dem elften Lebensjahr stand sein Elternhaus in Kammerstein. Der Schulwechsel war zunächst aus der Not geboren. "Ich musste die siebte Klasse wiederholen." Letztlich aber ein Glücksfall. "Sonst wäre ich nie zu Loni gekommen", sagt Reinwand.

Schroll war überzeugt und begeistert zugleich von seinem hochbegabten Schützling. "Loni hat sogar eigene Familienfeiern geschwänzt, um mich zur bayerischen Meisterschaft zu begleiten", erzählt Reinwand. Der Rother Leichtathletik-Trainer legte also mit enormem Einsatz die Grundlagen der späteren Profi-Karriere seines Schützlings.

Mit dem Büchenbacher Team Memmert und als Mitglied des Laufteams ART Düsseldorf hat Seebastian Reinwand große Erfolge gefeiert. Heuer wurde er sogar deutscher Vizemeister im Marathon mit einer Zeit von 2:15 Stunden. Jeweils zwei Mal gewann er mit beiden Vereinen die deutsche Mannschaftsmeisterschaft im Marathonlauf.

Seinen ersten Meistertitel in der Einzelwertung feierte er schon als 19-Jähriger. 2006 wurde der Bayerischer Meister über 5000 Meter. Viele herausragende Zeiten folgten. "Mein Ziel war es fünf Kilometer unter 14 Minuten, zehn Kilometer unter 30 Minuten und den Marathon unter 2:20 Stunden zu laufen", zählt Reinwand auf. "Das alles habe ich geschafft."

Für absolute Weltklasseleistungen fehlten Sebastian Reinwald lediglich die biologischen Voraussetzungen. Sauerstoff-Verarbeitung im Körper, Menge und Verteilung der Muskulatur sowie das Körpergewicht. Alles individuelle Eigenschaften, die genetisch bestimmt und bei anderen etwas besser ausgeprägt sind. "In Bestform wiege ich 63 Kilo, andere aber nur 59. Das ist bei mir jedoch nicht möglich", sagt Reinwand, der aber alle anderen Faktoren für Höchstleistung erfüllt: Fleiß, Disziplin und ein strukturiertes Leben. Der Ausdauersport verzeiht keine Nachlässigkeit. Bis hin zur Ernährung. "Ich koche jeden Tag frisch." Trotzdem musste er trotz seiner professionellen Einstellung lernen: "Nicht jeder kann Weltmeister werden", sagt Reinwand. "Ich verdanke dem Laufsport aber die schönsten Jahre meins Lebens."

Ab 2009 hat Sebastian Reinwand begonnen, professionell an seiner Laufkarriere zu arbeiten. Damals hat er in Regensburg Betriebswirtschaft studiert und dort in einer Athleten-WG gewohnt. Seither wird sein Tages- und Wochenplan vom Sport bestimmt. Freizeit gibt es kaum. Selbst das Ausruhen ist sportlich geprägt. "Jeden Tag Mittagsschlaf zur Regeneration." Feiern am Wochenende war für ihn schon immer tabu. "Ich war nicht mal auf der Abitur-Abschlussfahrt dabei", sagt Reinwand. Das Studium hat er verspätet als Bachelor abgeschlossen. "Das war aber eigentlich nie mein Fokus", sagt er. Seine Ziele waren immer sportlicher Natur. Im Sport hat er auch sein privates Glück gefunden. Ehefrau Simone hat er beim Wettkampf kennengelernt. Das Paar wohnt in Reichelsdorf. Sohn Franz ist drei Jahre alt.

Künftig will Reinwand als Trainer arbeiten. Die Lizenz dafür kann er bereits im nächsten Jahr erwerben. "Sport ist eine Wissenschaft, über die ich schon viel gelernt habe", sagt der 31-Jährige. Vor allem die Läufertalente aus dem Landkreis Roth sollen von seiner Erfahrung profitieren. "Uns fehlt hier gerade der Spitzennachwuchs", stellt er fest. Wie Loni Schroll will sich Reinwand für die Suche nach Talenten und ihrer Entwicklung einsetzen. Damit er nicht der einzige Sportler aus dem Landkreis Roth bleibt, dessen Kindheitstraum in Erfüllung gegangen ist.
 

Robert Schmitt