Hilpoltstein
"So einer werde ich auch einmal?"

Hilpoltsteins Ruhestandspfarrer Franz Schmid entdeckte seine Berufung schon als kleines Kind - Vor 65 Jahren geweiht

26.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:34 Uhr
So manches Hobby wie das Bergwandern hat der Ruhestandspfarrer schon aufgeben müssen, das Sammeln von Briefmarken aber ist Franz Schmid geblieben. −Foto: Leykamm

Hilpoltstein - Der Mensch als ein ins Leben umgesetzter Gedanke des Schöpfers, völlig einzigartig und zur Erfüllung in ihm bestimmt: Diese Idee hat der katholische Ruhestandspfarrer Franz Schmid bis ins Mark verinnerlicht.

Sie fasziniert ihn bis heute - auch noch 65 Jahre nach seiner Priesterweihe. Ein beeindruckendes Jubiläum für den 91-Jährigen, der dem Tod schon oft ins Auge gesehen hat.

"Aber der liebe Gott hat da eben seine eigenen Pläne", sagt der Geistliche leicht verschmitzt und dabei doch mit tiefem Blick, der seinem Gegenüber gerne weit in die Seele leuchtet. Seit 22 Jahren wohnt er nur unweit entfernt vom "Hinterhof des Fürstenhofs", wo er einst das Licht der Welt erblickt hat. Schon bald darauf erklangen die sorgenvollen Worte am Kinderbettchen: "Den bringt sie nicht durch . . . ", so die Tante zur Mutter. Doch es kommt anders.

Seine Berufung entdeckt Schmid als Kindergartenbub. Damals fällt ihm ein "komischer Mann mit Strick um den Bauch" in Hilpoltsteins Straßen auf: ein Kapuzinermönch, der offen über den Glauben spricht und Bildchen verteilt. Den Ordensnamen kann der kleine Franz da noch gar nicht aussprechen - aber sein Berufswunsch steht seither fest: "So einer werde ich auch mal! " Der Vater willigt ein, nachdem er ihn eindringlich gefragt hat, ob der Filius nicht doch wie er Schreiner werden will.

Danach wird es ernst und Franz findet sich im bischöflichen Knabenseminar in Eichstätt wieder. Beinahe aber hätte das nicht geklappt. "Meine eigene Freiheit hat mich mehr interessiert als die Schule", was das Vorrücken gefährdet. Und dann wagt er sich als Nichtschwimmer auch noch in die Altmühl an einer Stelle mit gefährlicher Strömung. In letzter Sekunde kann er sich am Fuß eines Schulkameraden festklammern und wird vor Schlimmeren bewahrt. Nicht aber vor der Diphtherie, die er durchmachen muss.

Als Student radelt er 1944 seinem Einberufungsschreiben förmlich hinterher. Erst von Eichstätt nach Hilpoltstein - dann wieder zurück, da die Mutter den Brief in die Domstadt geschickt hat. Das Ende vom Lied: Er hat das Schreiben nie in den Händen gehalten und ist somit auch nicht eingerückt. Stattdessen ist es am 29. Juni 1955 so weit: Gemeinsam mit zwölf anderen Seelenhirten wird Schmid im Eichstätter Dom vom damaligen Bischof Joseph Schröffer als Weltpriester geweiht. Von ihnen "bin heute nur noch ich am Leben", sagt der Ruhestandspfarrer nachdenklich.

Sein Wirken beginnt in Schwabach als Aushilfspriester, darauf als Kooperator in Monheim und in Greding. 1966 wechselt er als Wallfahrtskooperator nach Wemding. Zwei Jahre später ist er als Kurat bei "Maria am Hauch" in Nürnberg zu finden. 1972 avanciert er zum ersten Pfarrer dieser neu errichteten Pfarrei. Mit einem "Kern gläubiger Christen" gelingt ihm eine große Aufbauarbeit: Sämtliche Gruppen und Kreise müssen erst ins Leben gerufen werden.

Doch auch in dieser Zeit greift der Tod nach ihm. Nur dank des medizinischen Fortschritts kommt er nach einer Pilzvergiftung wieder auf die Beine, wechselt 1983 in die Pfarrei Kastl, wo er heute noch in einer von ihm "reaktivierten alten Kapelle" regelmäßig Gottesdienste feiert. 1998 ernennt man ihn dort zum Ehrenpräses der Kolpingfamilie, bevor Schmid im gleichen Jahr nach Hilpoltstein zieht. Als Ruhestandspfarrer ist er seither im Gemeindeleben mit eingebunden. "Aber ich habe das Gefühl, dass man mich etwas schont", mutmaßt er. Vielleicht sitzt vielen Gläubigen ja auch noch der Schock in den Knochen. Darüber, dass er in seinen Ruhestandsjahren bei der Zwetschgenernte einmal in die Tiefe gestürzt und bewusstlos liegen geblieben ist. Eine Mitarbeiterin des Finanzamts ist es, die darauf den Notarzt ruft - und alles erneut gut ausgeht.

Nun aber "fühle ich mich auf meinem Lebensweg an der Zielgeraden", sagt Schmid. Vieles habe für ihn schon an Bedeutung verloren. Aber das eigene Leben sollte ohnehin immer mal wieder auf den Prüfstand. Die aktuelle Corona-Krise biete dazu etwa eine gute Gelegenheit. Zum Beispiel, um sich wieder mehr auf Gott zu besinnen, "die Mitte des Weltalls, der Geschichte - und des persönlichen Lebens. " Denn für Schmid ist sicher: Der Schöpfer "sitzt nicht im himmlischen Sessel", sondern will den Kontakt zu seinen Menschenkindern und sie aktiv begleiten.

Das ist auch ein Kerngedanke der sogenannten Schönstattbewegung, die nach seinen Aussagen das gesamte Leben des Jubilars geprägt hat. Daneben hat er aber auch immer Zeit gefunden, eigene Interessen zu pflegen. Wie beispielsweise das Bergwandern, das sich in seinem gesegneten Alter nicht mehr ausüben lässt. Dafür aber das Sammeln von Briefmarken, das Schmid ebenso mit Freude erfüllt. Andere zu erfreuen: Dieses Motto hat er sich Zeit seines Priesterlebens auf die Fahnen geschrieben. So eignet er sich als Präfekt eine große Zahl an Zaubertricks an, die bei verschiedenen Anlässen für Erstaunen sorgen.

Dass er seinen Lebensabend in der Burgstadt genießen kann, freut Schmid besonders. "Hilpoltstein ist für mich einfach die Heimat. " Die Bindungen aus der Zeit seiner Kindheit haben sich erhalten. Etliche Verwandte und Bekannte finden sich hier. Mit ihnen und allen Gläubigen hätte er heuer natürlich gerne das Osterfest feiern wollen, was Corona-bedingt nicht möglich war. Was aber nichts daran ändere, "dass Christus trotzdem auferstanden ist", sagt Schmid. Da scheint er wieder durch, der herzliche Glaubenseifer des Ruhestandspfarrers.

HK

Jürgen Leykamm