Nürnberg
Sehr unterschiedliche Sicht der Dinge

Aufarbeitung der jüngsten "Critical Mass" erweist sich als extrem problematisch

07.08.2020 | Stand 02.12.2020, 10:48 Uhr
Critical Mass ist eine weltweite Veranstaltung, bei der sich Fahrradfahrer scheinbar zufällig treffen - in Nürnberg jeden letzten Freitag im Monat um 18 Uhr. −Foto: Scholz,dpa

Nürnberg - Weil die Fahrrad-Aktivisten von "Critical Mass" trotz eindringlicher Bitten nicht mit Polizei und Stadt zusammenarbeiten wollten, ist es in Nürnberg jüngst zu Konfrontationen zwischen Sicherheitskräften und Radfahrern gekommen.

Selbst von Bürgermeister Marcus König wurde die Polizei kritisiert. Zu Unrecht aus Sicht des Polizeipräsidiums Mittelfranken, das nun die Chronologie des Einsatzgeschehens konkretisiert.

Dabei wird erneut "an die Vernunft der Verantwortlichen im Sinne des fairen Miteinanders im Straßenverkehr" appelliert. Das Polizeipräsidium Mittelfranken legt größten Wert darauf zu betonen, dass es weiterhin primär auf den Dialog mit den friedlichen und rechtskonformen Teilnehmern von "Critical Mass" setzt und auch künftig für einen umfänglichen Schutz dieses mobilen Versammlungsgeschehens eintritt.

Die etwa 150 Teilnehmer der Critical-Mass-Bewegung seien am Freitag angesprochen und hinsichtlich der nicht angezeigten Versammlung belehrt worden. Mehrmalige Appelle, einen Ansprechpartner zu benennen und die Versammlung ordnungsgemäß anzuzeigen seien erfolglos verlaufen. Am Richard-Wagner-Platz hätten einige skandiert: "Ihr könnt uns gar nichts. Wir fahren trotzdem, wo und wie wir wollen. "

Für den Verlauf der Demo listet die Polizei eine Reihe von Verstößen auf: In der Allersberger Straße benutzte die Gruppe mit hoher Geschwindigkeit die gesamte Straßenbreite und durchgehend die Gehwege. Zudem kam es wiederholt zu Rotlichtverstößen und Vorfahrtsverletzungen. Der Einsatzleiter entschloss sich, die Gruppe anzuhalten.

Die Polizeifahrzeuge versuchten unter Verwendung von Blaulicht und Martinshorn die Fahrradgruppe zu überholen und anzuhalten. Hierbei hätten sie die Radfahrer mehrfach durch das Fahren in Schlangenlinien blockiert und fast bis zum Stillstand ausgebremst. Im Bereich des Jean-Paul-Platzes gelang es, die Gruppe kurzfristig anzuhalten. Hierbei kam es laut Polizei zu hitzigen und aggressiven Äußerungen und schließlich zur Weiterfahrt. Während der gesamten Fahrstrecke kam es immer wieder zu Unmutsäußerungen durch übrige Verkehrsteilnehmer, welche durch die Fahrradgruppe behindert wurden. Weitere fünf Anhalteversuche scheiterten.

Schließlich gelang es der Polizei dann doch noch, die auf circa 40 Teilnehmer reduzierte Gruppe anzuhalten. Elf der Angehaltenen hätten bei der Kontrolle geäußert, dass sie weiterfahren werden, heißt es in der Stellungsnahme. "Daraufhin entschied der Einsatzleiter, nach Androhung und Ankündigung der Maßnahme die Luft aus den Reifen abzulassen, um weitere gefährliche Verkehrssituationen zu verhindern. Diese situativ veranlassten Maßnahmen der Polizei richteten sich gegen das "gravierend rechtswidrige Verhalten einer Minderheit, nicht jedoch gegen die Veranstaltung an sich oder gar die langjährig in einvernehmlicher Kooperation durchgeführten Fahrraddemonstrationen". Das Einschreiten habe ausschließlich dazu gedient, einen anhaltend grob verkehrswidrigen und gefahrenträchtigen Zustand zu beseitigen sowie fortgesetzte bewusste Provokationen einer Gruppe von Radfahrern zu unterbinden.

Ganz anders hört es sich beim Nürnberger Stadtratsmitglied der Grünen, Mike Bock, an, der die Geschehnisse laut eigenen Angaben mit eigenen Augen verfolgt hat. Als er mit seinem Rad und den beiden Kindern im Fahrrad-Anhänger am Opernhaus angekommen sei, habe die Polizei den Treffpunkt der Rad-Demonstranten bereits abgeriegelt gehabt. Kurz nach 18 Uhr habe sich eine Gruppe von etwa 100 Radfahrern trotz verstärkter Polizeipräsenz per Drahtesel auf den Weg zum Hauptbahnhof gemacht. Bock versichert, dass er "alle Verkehrs- und auch Abstandsregeln eingehalten" habe. Sogar rote Ampeln seien nicht missachtet worden.

HK/npe