Schwabach
Kein Pardon für den "Außenminister"

Amtsgericht verurteilt "Reichsbürger" zu acht Monaten Haft und zweieinhalb Jahre Führerscheinsperre

27.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:44 Uhr

Als "Außenminister" soll diese Fantasieurkunde den Reichsbürger ausweisen. - Foto: Wraneschitz

Schwabach (HK) Nur ein Mal merkt man Richterin Birgit Eckenberger an, wie es in ihr kocht: "Wenn Sie weiterhin die Justizbehörden der organisierten Kriminalität bezichtigen, werde ich Sie bis zum Urteil des Saales verweisen", droht sie dem Angeklagten. Doch am Ende verkündet sie ganz ruhig die Strafe: Acht Monate Haft ohne Bewährung und zweieinhalb Jahre Führerscheinsperre wegen wiederholten Fahrens ohne Führerschein.

Doch das scheint den Mann, der während der ganzen Verhandlung hinter seinem Tischchen steht, kaum zu berühren. Denn "ich unterwerfe mich nicht einer Schiedsgerichtsbarkeit", hatte er in einer Erklärung niedergeschrieben, die Richterin Eckenberger verliest. Auch, dass er wegen der "widerrechtlichen Entwendung meines Führerscheins gegen Herrn Herrmann Strafanzeige gestellt" hat - gegen Joachim Herrmann, den Bayerischen Innenminister also.

Der graue Lappen, der A. im März 2016 "entwendet" wurde, war offenbar ein von den "Behörden" eines "Bundesstaat Bayern Deutsches Reich" ausgestelltes Papier. Und A. ist für nicht weniger als dessen "Äußere Angelegenheiten" zuständig, er sieht sich also als Außenminister eines "Staates". Dessen "Zentrale Verwaltung" hatte im November 2016 ihren Sitz in Pyrbaum, A.s gemeldeter Postadresse. Doch wenn Johann A. dorthin Post bekommt, ignoriert er die: Er sei "der lebende Mann Johann aus der Familie der A."

Als er das im Prozess wiederholt, nicken viele der etwa 25 Besucher. Einigen ist deutlich anzusehen: Auch sie sehen die Bundesrepublik Deutschland nicht als souveränen Staat, erkennen dessen Behörden und Gerichte nicht an, sehen Deutschland "im Rechtsstand zwei Tage vor Ausbruch des 1. Weltkriegs 1914", sind also Teil der sogenannten Reichsbürgerbewegung. Viel davon steht auf "Weltnetzseiten" des "Bundesstaats" zu lesen. Johann A. dagegen erkennen die Zuhörer als ihren am 2. Februar 2016 für "äußere Angelegenheiten Bestallten des Bundesstaats Bayern" an.

Die Staatsanwaltschaft dagegen beharrt im Plädoyer darauf: "Diesen Bundesstaat Bayern gibt es nicht". Sie fordert deshalb neun Monate Haft für Johann A. für einen eigentlich profanen Verfehlungsgrund: Johann A. war am 25. März 2016 in Roth ohne gültigen Führerschein erwischt worden. Die Richterin bleibt knapp unter diesem Antrag.

Aber weil A. schon viele Male ohne Schein erwischt worden war, gibt es diesmal kein Pardon - und keine Bewährungsstrafe. Genau wegen desselben Delikts hatte ihn zuletzt 2015 das Amtsgericht Neumarkt verurteilt, damals mit Bewährungsmöglichkeit. Doch die wurde widerrufen, weil A. sich vor der zunächst für September 2016 angesetzten Verhandlung in Schwabach verdrückt hatte. Als man ihn dann fand, wurde er ins Nürnberger Gefängnis eingeliefert. Von dort wurde er nun zum neuerlichen Prozess nach Schwabach gebracht.

Johann A.s Vorstrafenregister weist übrigens bereits zwölf Einträge auf, die Richterin Eckenberger alle verliest. Neben Fahren ohne Fahrerlaubnis gibt es auch einige Urteile wegen schlichten Betrugs, die gegen A. verhängt wurden. Ob er "Außenminister der administrativen Regierung Bundesstaat Bayern" oder ein schlichter notorischer Straftäter ist, das wurde in diesem Prozess allerdings nicht geklärt.

Wegen der zahlreichen "Reichsbürger" im Publikum sind die Sicherheitskontrollen an diesem Tag besonders scharf und im Sitzungssaal gut zehn Polizisten und Justizbeamte anwesend. Sogar die Presse wird heftigst gefilzt, wenn auch je nach Medium unterschiedlich.