Roth
Schlusspunkt der Rother Brauereigeschichte

Holländischer Immobilienentwickler erwirbt Areal der ehemaligen Stadtbrauerei - Rund 50 Eigentumswohnungen geplant

01.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:34 Uhr

−Foto: Tschapka, Tobias, Roth

Roth (HK) Das brachliegende Gelände der Rother Stadtbrauerei ist nun dem Abriss geweiht. Ein holländischer Immobilienentwickler hat das 7500 Quadratmeter große Gelände gekauft und will rund 50 Eigentumswohnungen errichten. Es ist der Schlusspunkt für die lange Rother Brauereigeschichte.

Mehr als 80 Jahre lang ist auf dem Gelände am Büchenbacher Weg das Rother Bier gebraut worden. Von dieser langen Tradition wird in naher Zukunft nichts mehr zu sehen sein. Denn die 1924 gebraute Braustätte, die in den vergangenen Jahren zur Industriebrache verkommen ist, wird dem Erdboden gleichgemacht. Rund 50 Eigentumswohnungen sollen auf dem 7500 Quadratmeter großen Gelände entstehen. Das hat jetzt der holländische Immobilienentwickler BPD bekanntgegeben, der das Areal von der Eichstätter Hofmühl-Brauerei erworben hat.

„Mit diesem für die Rother Bevölkerung doch prägnanten Areal der ehemaligen Stadtbrauerei ergibt sich kurzfristig die Chance, eine innerstädtische Gewerbebrache sinnvoll umzugestalten“, wird der zurzeit im Urlaub weilende Bürgermeister Ralph Edelhäußer in der Pressemitteilung des Investors zitiert. Die Rede ist in Edelhäußers Kommentar zu dem Verkauf auch von einem „weiteren Mosaikstein unseres Masterplans“, der mit dem Grundstücksverkauf „einen deutlichen Fortschritt erfährt“.

„Ein weiterer Mosaikstein unseres Masterplans erfährt damit einen deutlichen Fortschritt.“

Bürgermeister Ralph Edelhäußer

 

 

Auch Stadtbaumeisterin Lydia Kartmann wird in der Pressemitteilung zitiert. Sie spricht von einem „weiteren, wichtigen Schritt der Innenstadtentwicklung“, der eine dringend notwendige Steigerung des Wohnraumangebotes in der Kreisstadt zur Folge haben werde.

Was ist der Pressemitteilung des holländischen Immobilienentwicklers nicht steht, ist die Tatsache, dass das große Gelände am Büchenbacher Weg eigentlich schon längst eine Rother „Attraktion“ sein sollte, wie der frühere Bürgermeister Richard Erdmann sagte. Die Ankündigungen waren jedenfalls vollmundig, als die Eichstätter Hofmühl-Brauerei im Jahr 2006 die Rother Stadtbrauerei übernahm. Rund drei Millionen Euro versprach Hofmühl-Chef Benno Emslander zu investieren. Überzeugt hatte den Rother Stadtrat, dass mit dem Kaufangebot eine Zusicherung verbunden war, die Brauerei umzugestalten – und so auch zu erhalten.

Fest stand beim Verkauf an Emslander nur, dass Roth sofort die Flaschenabfüllung verliert. Diese Arbeit übernahm direkt nach der Übernahme die Hofmühl-Brauerei in Eichstätt. Das Bier wurde zunächst weiter in Roth gebraut. Doch nur ein Jahr nach der Übernahme stellte Hofmühl den Brauereibetrieb an seinem neuen mittelfränkischen Standort ein. Und auch alle anderen Versprechen blieben leere Worte: So wollte der Investor in Roth „die Kunst des Brauens der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen“, wie es in einem Bericht unserer Zeitung anlässlich der Übernahme hieß. Außerdem waren eine Kellerbierschwemme mit rund 400 Plätzen und ein Museum geplant, die der Rother Stadtbrauerei „einen gewissen Erlebnischarakter verleihen“.

Was tatsächlich passierte, war der endgültige Niedergang der langen Rother Brauereigeschichte. Bis 2009 wurde das Gelände lediglich noch als Lager genutzt, seitdem war es dem Verfall preisgegeben.

Den Schwarzen Peter für das unrühmliche Ende der Rother Brauerei will der damalige Rother Bürgermeister Richard Erdmann aber nicht der Hofmühl-Brauerei zuschieben. Dass von den Absichtserklärungen der Eichstätter nichts übrig blieb, habe vielmehr am schlechten Zustand der Rother Brauerei gelegen. Nach der Übernahme sei beim Kassensturz wohl schnell klar geworden, dass sich die Pläne nicht gerechnet hätten, erklärte Erdmann im Gespräch mit unserer Zeitung. Zumal der Ruf der Rother Brauerei zu diesem Zeitpunkt schon denkbar schlecht gewesen sei.

„Der Verkauf der Brauerei war ein schmerzhafter Weg, aber der richtige Weg.“

Altbürgermeister Richard Erdmann

 

Die entscheidenden Fehler sind laut Erdmann schon viel früher gemacht worden. „Jahrelange Misswirtschaft“ hätten die Stadtbrauerei einst marode gemacht. Erdmann erzählt von neuen Geräten und Maschinen, die plötzlich verschwunden waren, und von Zuschüssen der Stadt, die nicht in die Brauerei, sondern in den Umbau der benachbarten Brauereivilla flossen, in welcher der Geschäftsführer wohnte. Ein mittlerer sechsstelliger Betrag sei auf diese Weise zweckentfremdet worden. Und auch sonst habe jener Geschäftsführer gemeinsam mit dem damaligen Braumeister wohl wenig seriös gearbeitet.

Aufgeflogen sei dieses Duo im zweiten Jahr seiner Amtszeit, so Erdmann. Zuvor hatten die beiden Verantwortlichen für die Stadtbrauerei offenbar immer wieder Ausreden gefunden, die keine Überprüfung des Unternehmens möglich machten. Doch dann holte die Stadt einen Wirtschaftsprüfer, der die krummen Machenschaften ans Tageslicht brachte. Braumeister und Geschäftsführer wurden umgehend entlassen.

Der angerichtete Schaden war allerdings zu groß, als dass es für die Rother Stadtbrauerei noch eine Zukunft gegeben hätte. „Investitionen in Millionenhöhe“ hätte die Stadt laut Erdmann stemmen müssen, um die Brauerei wieder halbwegs auf Vordermann zu bringen. Der Brunnen, aus dem die Brauerei ihr Wasser holte, sei verseucht gewesen und die Bierleitungen voller Bakterien. Über kurz oder lang hätte das Gesundheitsamt wohl den Betrieb der Brauerei eingestellt, sagt Erdmann. „Die hygienischen Zustände waren ehrlich gesagt katastrophal.“ In dieser „wirtschaftlichen Zwangslage“ sei der Verkauf die beste Lösung gewesen. „Von der Tradition kann man leider nicht leben“, sagt Erdmann, der sich noch daran erinnert, dass eine der drei Gegenstimmen gegen den Verkauf der Brauerei vom heutigen Bürgermeister Ralph Edelhäußer kam.

Aus heutiger Sicht sei der Verkauf der Brauerei „ein schmerzhafter Weg, aber der richtige Weg gewesen“. Das damalige Angebot der Eichstätter Hofmühl-Brauerei bezeichnet Erdmann als „halbwegs akzeptabel“, so dass die Stadt Roth am Ende finanziell gesehen „mit zwei blauen Augen“ davongekommen sei. Und für die Stadt sei es jetzt auch gut, dass künftig keine Brauerei mehr mitten im Wohngebiet stehe, sondern weitere Wohnungen entstehen.

Schon seit 2013 versuchte eine Rother Immobilienfirma im Auftrag des Hofmühl-Chefs Benno Emslander, einen Investor für das Brauereigelände am Büchenbacher Weg zu finden. Nach dem Verkauf an die Nürnberger Niederlassung der BPD Immobilienentwicklung GmbH, die zur niederländischen Rabobank gehört, werden nun bald die Abrissbagger anrollen. „Wir freuen uns, auf dem Areal der früheren Stadtbrauerei in Roth voraussichtlich schon im Jahr 2018 attraktive Wohnungen in einer grünen Lage anbieten zu können“, sagt Projektentwickler Wolfgang Glaser vom Investor BPD.