Nürnberg
Rettung fürs Nürnberger Volksbad

Jugendstilperle soll für rund 55 Millionen Euro saniert werden - 18 Millionen Euro Sonderzuschuss vom Freistaat

21.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:09 Uhr
Die große Schwimmhalle im Volksbad: Nürnbergs einst prächtigste Badeanstalt soll wiederbelebt werden. "Das ist keine Wahlkampfhilfe", sagt Nürnbergs SPD-Oberbürgermeister Ulrich Maly (rechts) über den 18-Millionen-Euro-Zuschuss, den Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verkündete. −Foto: Pelke

Nürnberg (HK) Nach jahrelangen Diskussionen soll das stillgelegte Jugendstilbad in Nürnberg für rund 55 Millionen Euro renoviert werden. Dank einer Sonderförderung des Freistaats in Höhe von 18 Millionen Euro kann sich die Stadt jetzt die Rettung des prächtigen Volksbades leisten.

Im Volksbad haben beide schon als Kinder geplanscht. Jetzt wollen Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) das 1994 stillgelegte Jugendstilbad gemeinsam retten. Am Donnerstag verkündeten sie gemeinsam die Sanierungspläne. Rund 55 Millionen Euro wird die Sanierung laut Maly nach einer vorsichtigen Schätzung kosten. Nur weil der Freistaat einen in dieser Dimension bislang einmaligen Zuschuss in Höhe von 18 Millionen Euro versprochen hat, kann sich die Stadt die Wiederbelebung der prächtigen Badeanstalt am Plärrer leisten.

Ein beheiztes Schwimmbad - davon träumten viele aufstrebende Industriestädte im späten 19. Jahrhundert. Ab 1894 wollten auch die Nürnberger unbedingt eine moderne Anstalt zur Hygieneverbesserung der Bevölkerung haben. Auf dem Gelände des alten Gaswerkes am Plärrer sollte die Badeanstalt entstehen. Bis zur Einweihung der Schwimmhallen inklusive Badewannen und Duschbäder plus römischem Spabereich mit Ruhemöglichkeit und Milchbar mussten sich die Nürnberger allerdings etwas gedulden. Immerhin kam zur Eröffnung im Jahr 1914 sogar Prinzregent Luitpold.

Die Nürnberger müssen sich in den drei Schwimmhallen - eine ist alleine den Frauen vorbehalten gewesen - wie im Bäder-Himmel gefühlt haben. Nach den Zerstörungen des Kriegs ging das Badevergnügen im Volksbad ab 1956 weiter. Lediglich die Schwitzbäder, die Kuppel im Brausebad und der alte Turm waren für immer verloren.

Die rot-grüne Mehrheit im Nürnberger Rathaus drehte dem Bad in den 1990er-Jahren das Wasser ab, weil angeblich die Badegäste ausgeblieben waren. Ein Förderverein wurde gegründet, der unter der Überschrift "Erhaltet das Volksbad" rund 15000 Unterschriften sammelte - vergeblich. Seit dem Tag der Schließung denken die meisten Nürnberger mit Wehmut an ihr Volksbad zurück.

Über den Schmerz konnten auch keine Techno- und Schaumpartys hinweghelfen, die nach der Schließung in den leeren Becken stattfanden. In den vergangenen Jahren haben viele Parteien im Rathaus immer wieder davon gesprochen, das Volksbad nicht abschreiben und endlich wachküssen zu wollen. Über einen Luxus-Badetempel wurde genauso nachgedacht wie über einen Umbau zum Kongresszentrum. Vor zwei Jahren folgte ein neuer Anlauf und eine große Machbarkeitsstudie zur Rettung wurde präsentiert. Allein das Geld in ausreichendem Maße scheint immer gefehlt zu haben. Durch die gemeinsame Kraftanstrengung von Land und Stadt ist dieser gordische Knoten nun offensichtlich durchschlagen.

Einen Zeitplan bis zur Wiedereröffnung gibt es allerdings noch nicht. Zunächst muss der Stadtrat abschließend entscheiden. Um ein Wahlgeschenk, betonte Maly, handele es sich bei dem Sonderzuschuss des Freistaates mitnichten. "Das ist keine Wahlkampfhilfe. Wir haben einfach zu wenig überdachte Wasserflächen für Schulschwimmstunden im Westen der Stadt." Man hätte sowieso über einen Neubau nachdenken müssen. Ein neues Schwimmbad auf der "grünen Wiese" wäre freilich billiger gewesen. "Deshalb hilft uns der Freistaat."

Ein solches Geschenk könne man nicht ausschlagen, freute sich Maly, der mit der Rettung des Volksbades ein leidvolles Dauerthema erfolgreich zu den Akten legen kann. Nach der Sanierung sollen dieselben Tarife wie in allen anderen Hallenbädern der Stadt gelten. "Das Volksbad wird ein ganz normales Hallenbad", sagte Maly bei der Pressekonferenz am Donnerstag, kündigte aber gleichzeitig an, dass in einer der drei prächtigen Schwimmhallen eine Saunalandschaft entstehen soll. "Ein traditionsreiches Hallenbad und Kulturgut kann jetzt revitalisiert werden", sagte Maly sichtlich erfreut und bedankte sich "sehr herzlich" bei Söder für die Sondermillionen.

Ministerpräsident Söder kündigte an, dass der Freistaat den Kommunen künftig beim Erhalt von Schwimmbädern generell finanziell mehr helfen wolle. Schwimmen sei schließlich wie Radfahren ein Teil der sportlichen Kultur, die jedes Kind erlernen sollte. Das Volksbad mit seiner einmaligen Jugendstilarchitektur sei laut Söder freilich mehr als ein Schwimmbad. Mit seinem Charme und seiner Pracht sei es ein wichtiger Identifikationsort für Nürnberg. Und über mangelnde Badegäste wird sich das neue Volksbad nach der Wiedereröffnung sicher nicht beklagen können.

Nikolas Pelke