Nürnberg
Nürnberger entdecken "Straßaboh" neu

Bürgermeisterkandidaten von SPD und CSU fordern Ausbau des Netzes und Wiederbelebung alter Strecken

06.09.2019 | Stand 23.09.2023, 8:27 Uhr
Beliebt wie eh und jeist die Nürnberger Straßenbahn, die 1996 ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert hat. Jetzt wollen die OB-Kandidaten alte Strecken wiederbeleben und einige Linien großzügig verlängern. −Foto: Felix/dpa

Nürnberg (HK) Trambahn-Strecken sind in Nürnberg jahrelang stillgelegt worden.

Durch den Wahlkampf um die Nachfolge von Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) gerät die Straßenbahn nun wieder in den Mittelpunkt.

Die Nürnberger lieben ihre Straßenbahn. Wohl zu keinem anderen Verkehrsmittel haben die Menschen ein romantischeres Verhältnis. Sie verkehrt auf fünf Linien und einer Strecke von 38,6 Kilometern. Umso schmerzhafter dürften viele Nürnberger in den letzten Jahrzehnten den relativ steilen Abstieg ihrer "Straßaboh" durch den Bau der U-Bahn miterlebt haben. Vor dem Hintergrund der aktuellen Klimadebatte und wohl auch des aufziehenden Wahlkampfes haben die Kandidaten von CSU und SPD für die Nachfolge von Oberbürgermeister Maly eine Renaissance von stillgelegten Tram-Strecken ins Spiel gebracht.

Thorsten Brehm, der SPD-Spitzenkandidat für die Kommunalwahlen im nächsten Jahr, hat eine Wiederbelebung der arg gebeutelten Tram-Linie 7 vorgeschlagen. "Derzeit ist die 7er ja eher eine Stummellinie, die zwischen Hauptbahnhof und Tristanstraße verkehrt", ärgert sich Brehm. Die Linie 7 ist derzeit mit nur drei Kilometern und sechs Haltestellen tatsächlich die kürzeste Nürnberger Tram-Strecke. Brehm schlägt nun vor, diese "Stummellinie" wieder bis zum Berliner Platz beim Stadtpark zu verlängern. Die Strecke ist 1996 mit Eröffnung der U2 eingestellt worden. Die Gleise bis zum Berliner Platz blieben jedoch erhalten.

Darauf setzt Thorsten Brehm. Für die Verlängerung der Linie 7 brauche es "keine großen Investitionen" in die Infrastruktur. "Die Schienen sind ja schon verlegt. " Auf der Linie 7 seien mittlerweile so viele Fahrgäste unterwegs, dass die Strecke bis zum Berliner Platz verlängert werden sollte.

Marcus König, OB-Kandidat der CSU, bringt ebenfalls die gute, alte Straßenbahn für den Verkehr der Zukunft ins Spiel. Auch CSU-Kandidat König will stillgelegte Tram-Gleise reaktivieren. "Die Tram gehört zu Nürnberg wie ,Drei im Weggla'", sagt König. Von den Vorschlägen seines SPD-Konkurrenten hält König dagegen wenig. "Eine Tram-Verlängerung bis zum Berliner Platz macht keinen Sinn. Schließlich fährt auf der gleichen Strecke unter der Erde bereits die U-Bahn vom Rathenauplatz über den Stadtpark zum Flughafen", kritisiert König den Vorstoß. "Ich will eine klassische Uni-Straßenbahn-Linie. Dafür will ich die Tram-Gleise in der Pirckheimer Straße wiederbeleben", sagt König auf Anfrage. In einem großen Wurf will er die Universität in Erlangen mit der Ohm-Hochschule am Wöhrder See und dem neuen Uni-Campus an der Brunecker Straße per Straßenbahn verbinden. In seine Überlegungen bezieht König neben der stillgelegten Tram-Strecke in der Pirckheimer Straße zwischen Ebert- und Rathenauplatz auch die geplante Stadt-Umland-Bahn zwischen Herzogenaurach, Erlangen und Nürnberg mit ein. Zuletzt ist im Jahr 2016 die knapp drei Kilometer lange Staßenbahn-Neubaustrecke von Thon im Nürnberger Norden bis zum Wegfeld im Knoblauchsland eröffnet worden. Auf dieser Neubaustrecke soll auch einmal die geplante Stadt-Umland-Bahn verkehren.

Auch SPD-Kandidat Brehm will den neuen Uni-Campus in der Brunecker Straße per Straßenbahn an den Nahverkehr anbinden. Allerdings setzt Brehm auf eine Verlängerung der Tram-Linie 7 in südlicher Richtung bis zum geplanten Uni-Campus und weiter bis zur Messe. Auch CSU-Kandidat König befürwortet die Verlängerung der Linie 7 nach Süden. Er will die Tram sogar bis zum Süd-Klinikum verlängern.

"Vielleicht schaffen wir eines Tages auch einen Weiterbau bis zum Südklinikum", hofft SPD-Kandidat Brehm. "Ich bin aber insgesamt zuversichtlich, dass wir die Verlängerung realisiert bekommen. "

Abgesehen von der Frage der Finanzierung gibt es für alle aktuellen Tram-Ausbaupläne derzeit allerdings einen weiteren Pferdefuß. "Das Problem sind eher die fehlenden Straßenbahnzüge", erklärt Brehm auf Anfrage. Diesen Engpass wollen die städtischen Verkehrsbetriebe (VAG) bald beheben. Schon ab Herbst sollen zwölf neue Straßenbahnen bestellt werden. Die Auslieferung soll jedoch mindestens zwei Jahre in Anspruch nehmen und frühestens 2022 erfolgen können.

Insgesamt verspricht Brehm sich durch den Ausbau der Straßenbahnlinien einen ordentlichen Fahrgastzuwachs und einen Attraktivitätsgewinn für das ganze Netz. "Der ÖPNV-Ausbau bleibt im Rathaus einer der Investitionsschwerpunkte der nächsten Jahre. Dazu gehört neben einem Ausbau der Infrastruktur auch eine Tarifreform, die den Anreiz zum Umsteigen auf Busse und Bahnen noch erhöht", sagt der Oberbürgermeister-Kandidat der Sozialdemokraten
 

Nikolas Pelke