Nürnberg
Neuer Ärger um das Konzerthaus

Krach im Nürnberg Stadrat: Grüne lehnen den Standort plötzlich ab - Aufregung bei der SPD

26.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:17 Uhr
Da für den Konzerthallen-Standort am Parkplatz der Meistersingerhalle ein Altbestand von 84 Bäumen abgeholzt werden müsste, votieren die Grünen nun dagegen. "Hochgradig unglaubwürdig" ist das für SPD-Mann Gerald Blaschke. −Foto: Pelke

Nürnberg - Klassikfreunde leben derzeit wirklich in schwierigen Zeiten. Seit Monaten schweigen die Orchester. Zu allem Überfluss erleben die fränkischen Opernfreunde jetzt auch noch den nächsten Streit um das geplante Konzerthaus, das eigentlich für über 50 Millionen Euro bis zum Jahr 2024 direkt neben der alten Meistersingerhalle in Nürnberg entstehen soll.

Genau diesen Standort auf dem "Kleinen Parkplatz" vor der nach der berühmten Wagner-Oper benannten Nachkriegshalle an der Münchner Straße lehnen die Grünen nun strikt ab. Ausgerechnet bei der ersten Sitzung des neuen Stadtrats hat die Öko-Partei gegen den geplanten Standort votiert. Der grüne Fraktionschef, Achim Mletzko, hat das Nein seiner Partei verteidigt. Die Grünen würden ein neues Konzerthaus befürworten. Nur eben mittlerweile den Standort ablehnen, weil an der Stelle zu viele Bäume der Säge zum Opfer fallen würden.

Das bringt besonders SPD-Stadtratsmitglied Gerald Blaschke auf die Palme. "Wer jetzt gegen den gewählten Standort ist, ist gegen das Konzerthaus an sich", ärgert sich Blaschke, der die SPD als Sprachrohr in der Konzerthaus-Kommission vertritt. Eine "einzige Enttäuschung" findet Blaschke das Abstimmungsverhalten der Grünen, die kürzlich aus seiner Sicht völlig "überraschend" gegen die Änderung des Flächennutzungsplans an der Meistersingerhalle gestimmt hätten.

Bei der Wahl für den jetzt in Verruf geratenen Standort hätte Britta Walthelm, die frischgebackene, grüne Umweltreferentin den Standort "sogar begrüßt", weil dort weniger Bäume als zum Beispiel auf dem Großen Parkplatz auf der anderen Seite der Meistersingerhalle gefällt werden müssten, betonte Blaschke und erklärte beinahe fassungslos über das grüne Abstimmungsverhalten, dass man bereits den Bau einer Orgel für das neue Konzerthaus in Auftrag gegeben hätte.

Am Montag hat sich Walthelm am Rande ihres ersten öffentlichen Termins zum Konzerthaus-Streit explizit nicht näher äußern wollen. Walthelm sieht sich als Teil der Stadtregierung. Selbst wenn ihre Partei im Rat wie beim Konzerthaus-Streit als Opposition plötzlich auf die Barrikaden geht.

Ganz so überraschend ist die grüne Konzerthaus-Kehrtwende freilich nicht erfolgt. Schließlich haben die Grünen zuvor bereits mit Pauken und Trompeten die Verhandlungen zu einer "Kenia-Koalition" platzen lassen. Und die Schuld an den gescheiterten Gesprächen der "Weiter-so-SPD" in die Schuhe geschoben. Außerdem ist die Kritik an dem Standort nicht ganz neu. Der Bund Naturschutz (BN) hat bereits vor der Kommunalwahl die geplante Abholzung von 84 Bäumen moniert. Der alte Baumbestand sei unverzichtbarer Lebensraum für Vögel, Fledermäuse und andere Kleintiere, bemängelte der BN schon seinerzeit.

Bei der ersten Sitzung des Stadtrates haben sich die Grünen an diese Kritik nun wohl allzu gerne erinnert und die Änderung des Flächennutzungsplans rundheraus abgelehnt. Besonders zum Ärger der SPD. "Es war immer klar, dass dort Bäume fallen müssen, wenn man ein Konzerthaus baut", echauffierte sich Gerald Blaschke nach dem überraschenden Abstimmungsverhalten der Grünen. Jetzt, nach einem Architektenwettbewerb, langen Planungen und intensiven Diskussionen auf einmal den Standort abzulehnen, sei "hochgradig unglaubwürdig", schäumte der rote Klassikfreund und verwies beinahe wütend darauf, dass alle anderen Standorte im Stadtgebiet seit 2014 geprüft und als "schlechter geeignet" verworfen worden wären.

Derweil scheint sich die CSU demonstrativ in Gelassenheit üben zu wollen. Die Entscheidung über den Bau und den Standort eines neuen Konzerthauses für Nürnberg habe der Rat der Stadt bereits vor langer Zeit "einvernehmlich" getroffen, erklärte die neue Kultur-Bürgermeisterin Julia Lehner (CSU) auf Anfrage und lässt damit durchblicken, dass die CSU offensichtlich auch gewillt sei, notfalls gegen die Stimmen der grünen Opposition das neue Konzerthaus an dem geplanten Standort durchzusetzen.

Für Lehner gibt es jedenfalls "keinen Grund", den gewählten Standort nach dem grünen Nein "jetzt in Frage" zu stellen. Damit lässt Lehner allerdings offen, ob die Konzerthaus-Pläne zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht doch kritisch unter die Lupe genommen werden müssten. Beispielsweise wenn der Stadt durch die Corona-Krise drohen würde, das nötige Kleingeld für das Prestigeprojekt im Rahmen der Bewerbung zur Europäischen Kulturhauptstadt 2025 auszugehen.

HK